MIT Technology Review 9/2020
S. 76
Fokus
Fälschung
Was ist was? Kaum zu unterscheiden. Links Original, rechts Fälschung. Fotos: Plagiarius

Da blüht uns was

Gefälschte Produkte, gefälschte Wissenschaft und Kunst, gefälschte Videos: Das Geschäft um den Betrug floriert. Wie können wir in Zukunft sicherstellen, was wahr ist?

Von Jennifer Lepies

Mit einer schwarzen Kladde aus einem Konsumladen in der DDR und den goldfarbenen Initialen „FH“ in Fraktur begann die wohl größte Fälschung in der jüngsten Mediengeschichte: Die Hitler-Tagebücher von Konrad Kujau – Fake News im Jahr 1983. Kujau brauchte nur diese Zutaten – und ein wenig Fantasie. Zahlreiche Menschen fielen auf den ­Betrug herein: Angefangen vom Verlagsvorstand bei Gruner + Jahr bis hin zu zahlreichen Historikern und Gutachtern. Aufklärung brachte schließlich eine chemische Papieranalyse.

Was ist Kopie und was Original? Das ist auch die Leitfrage für den Verein „Aktion Plagiarius“, der Plagiate öffentlichkeitswirksam anprangert. Vom Industriedesigner Rido Busse gegründet, vergibt der Verein bereits seit 1977 jedes Jahr den Schmähpreis „Plagiarius“ an besonders dreiste Kopien. In diesem Jahr ­belegte den ersten Platz ein Küchenschneidegerät namens „Nicer Dicer Quick“, das von der Firma Genius in Limburg stammt, aber von einer chinesischen Firma eins zu eins kopiert wurde: Verpackung, Firmen- und Produktname, Text und Abbildungen der englischsprachigen Bedienungsanleitung – alles stimmt mit dem Original überein. Im Gebrauch allerdings zeigt sich der Unterschied durch wackelige und stumpfe Schneidklingen – und das Firmenlogo fehlt.