MIT Technology Review 4/2024
S. 20
Titel
Erdbebenvorhersage
2011 gingen dem Tohoku-Oki-Erdbeben der Stärke 9 in Japan zwei langsame Beben voraus.
2011 gingen dem Tohoku-Oki-Erdbeben der Stärke 9 in Japan zwei langsame Beben voraus.
Foto: Navy Visual News Service (NVNS) / U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 1st Class Matthew M. Bradley

Bebt morgen die Erde?

Forscher setzen Künstliche Intelligenz und andere Techniken ein, um Erdbeben rechtzeitig vorherzusagen und Menschen in Sicherheit zu bringen.

Allie Hutchison (Übersetzung: Gregor Honsel)

Im September 2017, etwa zwei Minuten, bevor ein Erdbeben der Stärke 8,2 Mexiko City erschütterte, warnten heulende Sirenen die Bewohner. Solche Frühwarnsysteme gibt es inzwischen auch in den Vereinigten Staaten, Japan, der Türkei, Italien oder Rumänien. Schon drei bis fünf Sekunden nach dem Beginn eines Bebens nehmen Seismometer die Erschütterungen auf, und ausgeklügelte Algorithmen schätzen seine Stärke. Bei mittelstarken bis starken Beben verbreitet sich die Warnung per Sirene oder Telefon schneller als das Beben selbst, sodass eine Vorwarnzeit von Sekunden bis Minuten bleibt. Diese Zeit reicht meist, um wenigstens Strom- und Gasleitungen abzuschalten und sich in Sicherheit zu bringen. Wir müssen uns also nicht mehr völlig von Erdbeben überraschen lassen.

Doch diese Systeme haben ihre Grenzen. Sie geben Fehlalarme aus und übersehen reale Beben. Außerdem reagieren sie nur auf Erdbeben, die bereits begonnen haben. Längerfristige Prognosen wie beim Wetter sind unmöglich. Menschen in Risikogebieten leben deshalb dennoch in ständiger Ungewissheit.