Angesehen: Gnome 3.2

Seite 2: Feintuning, Fazit

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Durch eine ganze Reihe Detailverbesserungen wollen die Entwickler einige der Eigenschaften beseitigt haben, die zur Kritik an Gnome 3.0 beigetragen haben. An den Grundkonzepten der dritten Gnome-Generation wird dabei nicht gerüttelt; vielmehr sind es größtenteils Kleinigkeiten, die auf den ersten Blick unwichtig wirken mögen, im Alltag aber eine erhebliche Verbesserung bringen können.

Die Leiste am oberen Fensterrand etwa ist nicht mehr ganz so hoch, um weniger Bildschirmplatz auf Netbooks und anderen Geräten mit kleinen Bildschirmen zu verschwenden. Die Maus muss man nun nicht mehr exakt auf den Fensterrahmen positionieren, um die Fenstergröße anzupassen.

Die graue Unterlegung, die laufende Programme im Dash und in der Anwendungsübersicht der Shell kennzeichnet, ist jetzt etwas markanter. Sobald man eine zweite Arbeitsfläche verwendet, ist der Arbeitsflächenumschalter rechts in der Fensteransicht der Shell dauerhaft zu sehen. in Gnome 3.0 musste man ihn mit dem Mauszeiger anfahren, damit er komplett angezeigt wurde.

Die untere Statusleiste fasst nun mehrere Meldungen einer Anwendung zusammen und zeigt durch eine kleine Zahl an, wie viele Meldungen aufgelaufen sind. Im Anwender-Menü rechts in der oberen Leiste kann man den Status des Instant Messenger nun unabhängig von der Einstellung für die Anzeige von Statusmeldungen festlegen. Der Ladezustand von Notebook-Akkus wird jetzt grafisch angezeigt.

Die Gnome-Entwickler wollen zudem die Unterstützung für "Focus follows mouse" verbessert haben, eine klassische X11-Funktion, über die das jeweils unter dem Mauszeiger positionierte Fenster den Eingabefokus erhält. Laut Release Notes brauche diese Funktion aber noch weitere, für Gnome 3.4 vorgesehene Verbesserungen. Die Funktion ist ohnehin standardmäßig deaktiviert und lässt sich nicht über die Systemeinstellungen, sondern nur mit Tricks einschalten – etwa über das Gnome-Tweak-Tool.

Um die Handhabung von Wechseldatenträgern kümmert sich nun nicht mehr der Datei-Manager Nautilus, sondern die Gnome-Shell. Beim Einstecken eines USB-Sticks etwa öffnet sich in der unteren Statusleiste ein Bereich, der je nach Inhalt verschiedene Aktionen anbietet – etwa das Abspielen der auf dem Laufwerk enthaltenen Musik, das Importieren von Fotos oder den Aufruf des Dateimanagers. Wie bislang kann man den Datenträger vor dem Abziehen in Nautilus abmelden; alternativ geht es jetzt auch über einen Eintrag in der Statusleiste der Shell.

Gnome 3.2 ist auf das Anfang der Woche erschienene GTK+-Toolkit 3.2 abgestimmt, das neben der Wayland-Unterstützung und dem HTML5-Modus einige Detailverbesserungen und Verschönerungen bringt. Beim Öffnen oder Speichern von Dateien lassen sich nun etwa die zuletzt genutzten Verzeichnisse besser erreichen, da der dafür zuständige Dialog diese in einer eigenen Ansicht auflistet.

Der von Gnome verwendete Compositing Window Manager Mutter erkennt nun im Vollbild-Modus laufende Anwendungen und kommt diesen dann weniger in den Weg. Das vermeidet größere Performance-Einbußen, wenn etwa ein 3D-Spiel oder ein Video bildschirmfüllend laufen.

Die detaillierten Release Notes nennen noch einige weitere Neuerungen von Gnome 3.2:

  • Die Instant-Messaging-Funktionen sind besser in die Shell integriert, was unter anderem das Akzeptieren oder Abweisen von Freundschaftsanfragen oder gesendeten Dateien erleichtern soll.
  • Die Gnome-Entwickler haben den Login-Manager GDM erheblich überarbeitet. Sein Design ähnelt nun stärker der Gnome Shell.
  • In die Gnome Shell wurde ein insbesondere für den Tablet-Einsatz interessantes Onscreen-Keyboard integriert. Bei Geräten mit drehbaren Display und Lagesensor soll Gnome 3.2 zudem die Anzeige automatisch korrekt ausrichten.
  • Die Dokumentation für Anwendungen wie Brasero, Cheese, Evolution oder Vinagre wurde überarbeitet und ist nun "Topic-Orientiert" – beschreibt also nacheinander einige typische Aufgaben, die sich mit diesen Programmen erledigen lassen.
  • Als neu genannt wird auch die Möglichkeit zur Kalibrieren der Farben von Ein- und Ausgabegeräten wie Monitor, Drucker, Scanner oder Webcam Den dafür zuständigen Gnome Color Manager liefern einige Distributionen aber schon seit längerem mit.
  • Die neue Gnome-Version ist zudem auf den NetworkManager 0.9 abgestimmt, der Funktionen wie den schnellen Benutzerwechsel von Gnome unterstützt und eine bessere Infrastruktur zum Speichern der Netzwerkkonfiguration bringt. Die neue Version verspricht zudem besseres WLAN-Roaming und ausgebaute WiMAX-Unterstützung.

Es sind die kleinen Verbesserungen, welche die erste Überarbeitung der dritten Gnome-Generation auszeichnen. Dazu zählen die Optimierungen, die einige störende Ecken und Kanten von Gnome 3.0 aus der Welt schaffen, und Dinge wie der verbesserte Datei-Dialog oder die Web Apps. Die großen Neuerungen überzeugen noch nicht so recht: Gnome Documents etwa scheint unfertig. Besser ist es um Gnome Online Accounts und den darauf aufbauenden Funktionen in anderen Gnome-Anwendungen wie dem neuen Gnome Contacts gestellt. Aber auch hier gibt es noch einiges Verbesserungspotenzial. Die Neuerungen bilden allerdings die Grundlage für eine engere und überfällige Verzahnung der Desktop-Umgebung mit den heute allgegenwärtigen Cloud-Diensten.

Die Oberfläche von Gnome 3.2 unterscheidet sich indes nur bei genauerem Hinsehen von Gnome 3.0. Von so manchem Gnome-3-Kritiker erhoffte Verbesserungen wie die Integration von Zeitgeist oder das noch in Arbeit befindliche Framework zur einfachen Nachinstallation von Shell-Erweiterungen lassen weiter auf sich warten. Anwendern, die mit Gnome 3.0 nicht warm geworden sind, dürfte das erste Update daher noch zu kurz greifen. (thl)

Gnome 3.2 (13 Bilder)

Feintuning

Einige der Unterschiede zwischen Gnome 3.0 und 3.2 zeigen sich erst bei genauerem Hinsehen – etwa die neuen Einträge im Benutzermenü.

(thl)