App-ChartstĂĽrmer Dezor im Kurztest: Magerer Browser mit einem Hauch Piraterie

Dezor verspricht einen modernen Browser mit VPN und Adblocker, liefert tatsächlich aber wenig und ist trotzdem ganz oben in den App-Store-Charts – aber warum?

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Browser Dezor mit verborgenem Streaming-Angebot
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thomas Hartfeld

Schon seit Wochen ist die App "Dezor" in Apples App-Store-Charts ganz weit oben zu finden, das machte uns neugierig. Der Browser soll laut Entwickler "schnell und sicher ans Ziel" fĂĽhren und dem User "Arbeit abnehmen". Wie das Programm dies erreichen will, wird nicht verraten. Dezor gibt es nicht nur fĂĽrs iPhone und iPad, sondern auch fĂĽr Android, macOS, Windows und Linux; getestet haben wir die iOS- sowie die Mac-Version.

Die karge Oberfläche offenbart Lesezeichen, Vollbildmodus und eine einfache Tab-Verwaltung mit privaten Tabs. Nichts, was andere Browser nicht auch können. Vielmehr gibt es Magerkost: Tabs sind selbst am Desktop nur umständlich über eine separate Ansicht erreichbar, Tastenkürzel etwa zum Tab-Wechsel fehlen. Ferner nerven Bugs: Der Zurück-Button etwa führte im Test bei einigen Webseiten in eine Endlosschleife. VPN-Modus und den akzeptablen Adblocker gibt es nur unter macOS, in iOS fehlt die in Screenshots angepriesene VPN-Funktionalität komplett. Bei Bedarf aktiviert man noch den Dark Mode – das war’s.

Die hohe Chartplatzierung scheint eher durch TikTok befeuert zu sein, wo zahlreiche User den Browser als Vehikel für vermeintlich kostenloses TV-Serien- und Spielfilm-Streaming anpreisen. Die empfohlene Plattform funktioniert dabei nur im Dezor-Browser. Offensichtlich nicht ohne Grund, bietet das Angebot doch Zugriff auf illegale Streams zahlreicher aktueller Serien etwa von Netflix oder Disney+. Der EuGH stellte 2017 klar, dass nicht nur – wie oft behauptet – Downloads geschützter Inhalte illegal sind, sondern auch das Streamen.

Im Test gab uns das VPN von Dezor eine finnische IP-Adresse.

Das integrierte VPN dürfte indes nicht vor einer Strafverfolgung schützen. Unter macOS bekamen wir im Test stets eine europäische IP-Adresse aus dem Netz der Hetzner Online GmbH zugewiesen. Der Server-Standort zur Umgehung von Geoblocking ist nicht wählbar (siehe auch Hintergrund: Mit VPN-Verbindungen geschützt und anonym surfen).

Zudem stellte die App beim Surfen Verbindungen mit dezor.net in den Niederlanden und der Google Cloud her – egal, ob VPN ein- oder ausgeschaltet war. Welche Daten da warum (immerhin) verschlüsselt übertragen werden, bleibt im Dunkeln.

Dezors derzeit nur am Mac verfügbaren Adblocker kann man temporär ausschalten.

Dezor 1.0.4/1.0.0 (Browser)

Hersteller: Dezor SA // Systemanforderung: macOS ab 10.13, iOS ab 12, Android, Windows, Linux // Preis: kostenlos

Die Datenschutzbestimmungen beziehen sich ausdrücklich nur auf die Website des Anbieters. Unklar ist zudem, wie dieser den nicht näher spezifizierten VPN-Dienst mit einer kostenlosen App finanziert.

Wir können an dieser Stelle nur von Dezor abraten. Die App kann den etablierten Browsern nicht ansatzweise das Wasser reichen und die Bedienung macht keine Freude. Beim VPN muss man zudem dem intransparenten Betreiber trauen, dass er nicht in die Daten schaut. Um illegale Streaming-Angebote sollte man ohnehin einen großen Bogen machen.

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Artikel aus Mac & i 2/2023

(lbe)