Jolicloud: Linux für Netbooks

Seite 2: Erkundungstour

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Dass man es mit mehr als mit einem Abklatsch von Ubuntu Netbook Remix zu tun hat, merkt man spätestens beim Durchstöbern der Anwendungskategorien. Große Desktop-Brocken wie Gimp und OpenOffice haben die Entwickler bewusst nicht in die Standard-Distribution integriert, sie lassen sich jedoch problemlos nachinstallieren. Gut ausgestattet ist lediglich das Menü mit Internet-Anwendungen, wo man unter anderem Firefox, den IM-Client Pidgin und die Jolicloud-Facebook-App findet.

Dabei handelt es sich wie auch bei den nachinstallierbaren Web-Programmen um eine Prism-Anwendung. Dieses Mozilla-Projekt hat das Ziel, Webanwendungen in den Desktop zu integrieren. Dabei enthält jede Web-Applikation ein eigenes, auf sie zugeschneidertes Prism-Programm mit Browser-Engine, dass die Web-Anwendung getrennt von allen anderen Browser-Prozessen ausführt. Die vorinstallierte Facebook-App konnte nur bedingt überzeugen, da es ihr sporadisch nicht gelang, sich mit dem eingerichteten Facebook-Konto zu verbinden. Die Vorauswahl an Prism-Programmen für Web-Dieste ist außerdem recht mager: Man findet nur die für Facebook und Twitter.

Der erste Reiter der Software-Auswahl zeigt die populärsten Programme.

Nachschub gibt es im Software-Installer, der neben Web-Apps auch klassische Desktop-Anwendungen wie das oben erwähnte OpenOffice enthält. Um von dort aus Anwendungen zu installieren, klickt man auf das Wolkensymbol in der Systemleiste. Daraufhin öffnet sich das Jolicloud-Menü, wo man seine Account-Einstellungen, Update-Benachrichtigungen und das "App Directory" findet. Mit einem Klick darauf kann man in der Auswahl stöbern. Die Programme lassen sich wahlweise als Icons, in einer detaillierten Liste oder nach Kategorien sortiert anzeigen.

An Prism-Anwendungen für Web-Dienste findet man dort unter anderem solche für den Freemail-Dienst von Google, den Datenspeicher Drop Box und ein Client für den Streaming-Dienst Spotify. Gut gelungen ist die Gmail-App, die einem das Gefühl gibt, mit einem lokal installierten Client zu arbeiten. Sie läuft ausgesprochen stabil, was leider noch nicht für alle Prism-Anwendungen gilt. Standardmäßig laufen die Programme im Vollbildmodus, lassen sich aber per Doppelklick auf die obere Leiste in ein klassisches Fenster bannen. Die Installation von Anwendungen ist denkbar unkompliziert mit nur einem Mausklick erledigt und über die danach aktive Schaltfläche "Deinstall" wird man die Software wieder los.

Hat man eine Anwendung ausgewählt, lässt sie sich per Mausklick installieren.

Dank des gut getesteten Ubuntu-Unterbaus läuft die Beta von Jolicloud sehr stabil, auch wenn es bei einigen der Prism-Anwendungen gelegentlich noch hakt. Komplett ist das System noch nicht, dazu gibt es einfach zu wenige Anwendungen für Web-Dienste. Die Pre-Beta erlaubt aber schon einen guten Ausblick darauf, wohin die Reise bei Jolicloud gehen soll.

Uns gefiel besonders gut, dass Jolicloud weniger radikal auf das Web setzt als beispielsweise Chome OS, bei dem der Browser als Desktop dient und mit dem man ohne Internetverbindung praktisch nichts anfangen kann. Das System könnte, wenn es weiter so aktiv entwickelt wird wie bisher, ein guter Kompromiss zwischen klassischen Desktop-System und Netbook-Distribution mit dem Fokus auf Web-Anwendungen werden. Dass man es mit dem Windows-Installer risikolos ausprobieren kann, ist ein weiterer Pluspunkt.

Eher als nettes, aber überflüssiges Gimmick empfanden wir die noch nicht komplett fertiggestellten Pläne für ein "social OS". Es ist zwar nützlich zu erfahren, welche Apps andere Jolicloud-Nutzer favorisieren, aber um deren Tweets zu folgen oder per Facebook mit ihnen zu netzwerkeln, dürfte ein gemeinsam genutztes Betriebssystem nicht ausreichen. (amu) (amu)