Milchstraße bis Polarlichter: So gut klappt Astrofotografie mit dem Smartphone
Seite 4: Bildergebnisse im Detail
Die Resultate haben mich überzeugt. Die Abbildung der Sterne ist in der Bildmitte sehr sauber, während die Qualität zu den Bildrändern hin etwas abnimmt. Dies ist jedoch ein typischer Effekt vieler Ultraweitwinkelobjektive, den Sie selbst mit teuren Systemkameras beobachten können. Das Bildrauschen ist für diese Sensorgröße schon fast rekordverdächtig gering, was im Wesentlichen der Stacking-Technik zu verdanken ist.
Bedenkt man dabei, dass für solch' eine Aufnahme keinerlei fotografisches Vorwissen nötig ist, keine Belichtungseinstellungen vorgenommen oder gar der Fokus auf die Sterne manuell bewerkstelligt werden muss, sind die Ergebnisse beeindruckend. Selbst Erfahrungen in der Bildbearbeitung sowie ein entsprechendes Programm dafür braucht es nicht zwingend. Denn die JPEGs, die das Google Pixel 6 als Ergebnis ausspuckt, lassen sich schon "out-of-the-cam" verwenden, wie die minimal bearbeiteten Beispielbilder zeigen.
Mit ein wenig Erfahrung in der Raw-Entwicklung von Nachtaufnahmen können Sie aus den DNG-Ergebnissen des Pixel 6 noch mehr herausholen, insbesondere im Bereich der Helligkeit, Tiefen und Details. Ebenso ist die Abbildung der Sterne noch etwas feiner und Artefakte, die durch die JPEG-Komprimierung innerhalb des Smartphones entstehen, werden minimiert. Ohne Bearbeitung weist das JPEG jedoch ein geringeres Bildrauschen auf, wie der folgende Vergleich zeigt:
Wollen Sie sich den Schritt der Raw-Entwicklung sparen, lässt sich also durchaus das JPEG-Ergebnis des Pixel 6 nutzen. Bei einer "echten" Kamera würde ich das jedoch nicht empfehlen, da sie hier dank des großen Sensors noch eine Menge aus der Raw-Aufnahme herausholen können – sei es durch die Bildbearbeitung oder das manuelle Stacking mehrerer Aufnahmen.
Wie schneidet das Pixel 6 im Vergleich zur Systemkamera ab?
Bei detaillierter Betrachtung sehen Sie natürlich einen gewissen Qualitätsunterschied zwischen Smartphone- und Systemkamera-Aufnahmen. Schauen wir uns dazu ein bearbeitetes Milchstraßenfoto aus den Dolomiten an, welches ich sowohl mit Canon EOS 6D als auch dem Google Pixel 6 aufgenommen habe. Neben der höheren Auflösung (20 gegenüber 12,5 Megapixel) sind insbesondere in der 100-Prozent-Ansicht Unterschiede in der Abbildung der Sterne und des Vordergrunds zu sehen.
Ähnlich verhält es sich beim Vergleich des folgenden Polarlichtbildes aus Nordnorwegen, bei dem das Mondlicht als zusätzliche Lichtquelle diente. In der Einzelaufnahme der Sony A7 III sind in der 100-Prozent-Ansicht feinere Sterne und ein etwas detaillierterer Vordergrund zu sehen. Durch das Stacking des Google Pixel 6 wirkt dieses Bild jedoch rauschfreier, leider aber auch "glattgebügelt".
Verglichen wurden hier bearbeitete Einzelbilder einer Systemkamera mit den gestackten und leicht nachbearbeiteten Bildern des Astrofotomodus des Google Pixel 6. Die Bilder der Systemkamera können Sie natürlich durch Techniken wie dem Stacking ebenfalls weiter verbessern, was jedoch einen wesentlich höheren Aufwand als die Automatik im Smartphone bedeutet.
Dazu sollte man bedenken: Für beeindruckende Astroaufnahmen ist neben der Kamera auch ein lichtstarkes und somit meist teureres Objektiv. Damit ergibt sich für das Smartphone vermutlich sogar ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis – natürlich immer unter der Annahme, dass man das Mobiltelefon nicht ausschließlich zum Fotografieren anschafft.
Aber auch in puncto Größe und Gewicht kann das Google Pixel 6 punkten: Selbst mit Stativ und Smartphone-Halter passt es noch gut in die Tasche. Noch dazu benötigen Sie keinerlei Vorwissen in der Astrofotografie oder der Bildbearbeitung. Unter diesen Gesichtspunkten müssen sich die Ergebnisse des Pixel 6 also wirklich nicht vor denen der klassischen Fotoausrüstung verstecken. Und wie heißt es so schön: Die beste Kamera ist die, die Sie dabeihaben und auch nutzen!
Für welche Motive eignet sich der Astrofotomodus?
Nutzen können Sie den Astrofotomodus für nahezu alle Astrolandschaftsmotive in der Nacht. Ein klassisches Motiv ist natürlich die Milchstraße, deren helles Zentrum in unseren Breiten etwa zwischen Ende Februar und Anfang Oktober zu sehen ist. Aber auch in der Dämmerung, beispielsweise in der "Blauen Stunde" und bei Mondlicht, lassen sich beeindruckend gute Bilder mit diesem Modus aufnehmen. Das Bildrauschen eliminiert das Telefon dank des Restlichts in solchen Aufnahmen mithilfe der Stacking-Technik sogar nahezu vollständig.
Polarlichter – zum Beispiel auf einer Reise nach Island oder Skandinavien – lassen sich ebenfalls sehr gut mit dem Google Pixel 6 fotografieren. Hier gibt es lediglich die kleine Einschränkung, dass sich die tanzenden Lichter teilweise recht schnell am Himmel bewegen, und ihre Strukturen durch die mehrminütigen Belichtungen und das Stacking etwas verloren gehen.
Hier sind Systemkameras mit großen Sensoren und lichtstarken Objektiven im Vorteil, da sie das Motiv in ähnlicher Helligkeit und mit geringem Bildrauschen in nur wenigen Sekunden auf den Sensor bannen können.