Neues in Ubuntu 11.10

Seite 2: Software und System

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Bei der Software-Ausstattung stand weit mehr als Versionspflege im Fokus der Entwickler: Zwar kann Ubuntu durchaus mit reichlich aktueller Software punkten, weit auffälliger für den Nutzer sind jedoch einige neue Standardanwendungen sowie Verbesserungen altbekannter Programme. In Version 11.10 der Distribution löst Thunderbird 7.0.1 das Gnome-Programm Evolution als Standard-Mailer ab. Manko dabei: Eventuell auf der Platte gespeicherte Evolution-Daten wie Mails, Kontakte und Termine werden von Thunderbird nicht automatisch importiert und auch der manuelle Versuch über "Extras/Importieren" scheitert, da Thunderbird die Evolution-Daten nicht findet. Wer keine Zeit und Lust für manuelle Workarounds aufbringt, kann jedoch einfach Evolution aus den Ubuntu-Repositories nachinstallieren.

In komplett neuem Gewand präsentiert sich der Social-Media-Client Gwibber. Er gehörte auch schon unter Version 11.04 zur Standardausstattung, viele Nutzer hatten sich jedoch über die schlechte Performance des Programms beklagt. Um die zu verbessern, haben die Entwickler die auf Python und Webkit basierende Oberfläche der Anwendung durch eine in Vala und GTK3 geschriebene ersetzt. Damit geht auch ein neuer Look einher, bei dem man über Icons oben im Fenster zwischen den Streams hin- und herschaltet. Nicht mehr vorhanden ist allerdings die Option zur Übersetzung von Postings in ihrem Kontextmenü.

Neu im Standardumfang ist das Backup-Tool Déjà Dup, das man in der Programmübersicht und der Systemsteuerung unter dem Namen "Datensicherung" findet. Standardmäßig ist der Ubuntu-One-Account des Nutzers als Speicherort für die Backups eingestellt, man kann aber auch Daten per SSH sichern oder auf einem WebDAV- oder FTP-Server, einer Windows-Freigabe oder auf einem lokalen Datenträger ablegen. Aktiviert man die automatische Datensicherung, erstellt Déjà Dup in der Vorgabeeinstellung einmal wöchentlich ein Backup des Home-Verzeichnisses des Nutzers, wobei Mülleimer und Download-Ordner außen vor bleiben. Diese Einstellungen lassen sich wie der Speicherort anpassen.

Ein Neuzugang in den Software-Repositories ist bei Ubuntu 11.10 der Flash Player 11 von Adobe in der 64-Bit-Version. Bislang mussten Nutzer von 64-Bit-Systemen das 32-Bit-Flash über einen Plug-in-Wrapper nutzen. Flash 11 lässt sich über den "Canonical Partner Channel" im Software Center einspielen, der Programme enthält, die aus diversen Gründen nicht über die Standard-Repositories verteilt werden können. Dort gibt es beispielsweise auch Skype und das MP3-Codec von Fluendo. Andere 32-Bit-Anwendungen, die man eventuell noch benötigt, sollen sich auf 64-Bit-Systemen dank dem neuen "Multiarch"-Support leichter installieren und aktuell halten lassen.

Über den Link unten im Fenster zeigt das Software Center auch Kommandozeilen-Tools und Bibliotheken an.

Eine grundlegende Überarbeitung hat das Software Center erfahren. Statt im klassischen Zweispalten-Layout eines Paketmanagers präsentiert es sich optisch inzwischen eher wie der Apple App Store oder der Android Market. Bevor die endgültige Gestaltung feststand, haben die Entwickler mehrere Wochen lang Ideen gesammelt. Einige der Design-Vorschläge kann man online bei "OMG Ubuntu" bewundern. Die neue Optik soll vor allem dafür sorgen, dass Nutzer auf den ersten Blick erkennen, welche Softwarevielfalt Linux zu bieten hat. Bei den Funktionen bietet das Software Center eine neue Ansicht namens "Top rated", und die Option, eigene Reviews zu bearbeiten oder zu löschen. Nicht mehr zum Standardumfang gehört die Paketverwaltung Synaptic, die sich jedoch weiterhin optional einspielen lässt.

Eine weitere Neuerung ist OneConf, mit dem man Dinge wie die Liste aller installierten Pakete und einige Konfigurationseinstellungen über mehrere Rechner synchronisieren kann. Die Systemsteuerung ist mit Version 11.10 wieder leichter erreichbar: Sie lässt sich sowohl über ein Icon im Unity-Launcher als auch über das Abmeldemenü oben rechts im Panel starten.

Unter der Haube kommt bei Ubuntu der Linux-Kernel 3.0 zum Einsatz. Die Entwickler hatten gehofft, Ubuntu mit Kernel 3.1 ausstatten zu können, dieser wurde jedoch nicht bis zum Kernel-Freeze kurz vor Freigabe der zweiten Beta-Version fertig. Außerdem enthält Ubuntu den GCC 4.6.1 und X.org 7.6. Als Standard-Dateisystem verwendet Ubuntu nach wie vor Ext4, Btrfs lässt sich jedoch optional nutzen; allerdings benötigt man dann eine separate Boot-Partition.

Auch die Server-Variante von Ubuntu hat Neues zu bieten: So läuft Ubuntu 11.10 Server nicht nur auf 32- und 64-bittigen x86-Prozessoren, sondern auch auf der ARM-Plattform, da Canonical damit rechnet, dass in nächster Zeit sparsame Server mit Multicore-ARM-Prozessoren auf den Markt kommen werden. Für diesen gerade erst entstehenden Markt will man gerüstet sein.

Auch seine Cloud-Strategie treibt das Unternehmen voran: Die Server-Variante bringt einen Client für die von VMware gesponserte offene Cloud-Plattform Cloud Foundry mit, Juju unterstützt Entwickler und Sysadmins beim Aufsetzen und der Verwaltung von Diensten in öffentlichen und privaten Clouds. Ein weiterer Neuzugang der Server-Variante ist Orchestra, eine Sammlung von Werkzeugen zur Verwaltung und zum Monitoring von Infrastruktur-Diensten in Rechenzentren. Als Cloud-Plattform hat OpenStack das bislang verwendete Eucalyptus abgelöst.

Ubuntu ist keine Version der großen Umbrüche, wie sie etwa Version 11.04 mit Unity oder Ubuntu 9.10 mit der Umstellung auf Upstart brachten, doch die Summe kleiner Verbesserungen und Anpassungen sorgt dafür, dass sich das System merklich neu anfühlt. Dass Thunderbird Evolution ablöst und Synaptic nicht mehr zur Standardinstallation gehört, wird sicher nicht jedem Nutzer gefallen, die altbekannten Anwendungen lassen sich jedoch schnell nachträglich einspielen.

Weit mehr werden viele Nutzer den Wegfall der 2er-Version von Gnome bedauern -- umso mehr, da Unity in unseren Tests mit den Daily Builds der letzten Tage bisweilen noch holperte: Mal stürzte der Zeitgeist-Daemon ab, mal froren die Kontextmenüs des Launchers ein und erbaten sich nach einem Klick eine mehrmenütige Denkpause. Hier ist zu hoffen, dass Ubuntu schnell Updates nachlegt, die diese lästigen Fehler beseitigen.

Optisch sehr gut gelungen ist das Software Center. Die bunte Aufmachung und Programmvielfalt machen Lust darauf, viele der Ubuntu beiliegenden Programme auszuprobieren. Die Übersicht leidet darunter nicht, da man bei einer Suche immer noch die Möglichkeit hat, über den Link "technische Dateien einblenden" alle Treffer auf einen Blick anzuzeigen und sie über die Drop-down-Box rechts oben alphabetisch zu sortieren.

Ubuntu 11.10 gibt es als 32- und 64-Bit-Variante für Desktops und Server beim Ubuntu-Projekt zum Download. Auch die Varianten Kubuntu mit KDE-Desktop, Xubuntu mit XFCE-Desktop, Lubuntu mit LXDE-Oberfläche, Edubuntu, Ubuntu Studio und Mythbuntu stehen zum Download bereit. In den Release Notes sammeln die Entwickler die bislang bekannten Fehler. (amu) (amu)