Red Hat Enterprise Linux 6

Seite 4: Support, Fazit

Inhaltsverzeichnis

Red Hat verspricht, mindestens sieben Jahre lang Updates zu liefern, um schwerwiegende Fehler zu beseitigen oder Sicherheitslücken zu stopfen. Für einen auf den Server-Einsatz ausgerichteten Teil der Software bietet Red Hat gegen Aufpreis noch drei weitere Jahre Updates – also bis 2020. Der maximale Support-Zeitraum für Desktops und Server ist somit mehr als doppelt so lange wie bei den LTS-Varianten von Ubuntu oder den letzten Debian-Versionen und übertrifft den von Community-Distributionen bei weitem.

Alle sieben bis zwölf Monate veröffentlicht Red Hat sogenannte "Minor Releases" mit Versionsnummern wie 6.1 und 6.2. Sie fassen nicht nur die aufgelaufenen Updates zusammenfassen, sondern enthalten in den ersten vier Jahren auch größere Änderungen, die neue Funktionen bringen oder die Hardwareunterstützung verbessern. Kernel, Glibc und andere Kernkomponenten und Server-Anwendungen werden dabei teilweise stark erweitert, bleiben aber in der Regel auf dem gleichen Versionsstand. Bei Desktop-Anwendungen wie Firefox und OpenOffice gibt es gelegentlich auch Sprünge auf neuere Versionen.

Durch diese Herangehensweise unterscheidet sich RHEL stark von Debian oder Ubuntu LTS, denn deren "Minor Releases" enthalten vorwiegend Fehlerkorrekturen und vergleichsweise selten neue Funktionen. Auch neue oder aktualisierte Treiber finden sich nur selten, was den Einsatz auf Hardware erschwert, die nach der Vorstellung der jeweiligen Debian- oder Ubuntu-Version eingeführt wurde.

Zur sehr ausführlichen und detaillierten Dokumentation gehört auch ein SELinux-Handbuch, das Hintergründe zu der Sicherheitslösung liefert, die gerade auf Desktop-Systemen gerne mal dazwischenfunkt.

Novell nutzt bei Suse Linux Enterprise ein ähnliches Konzept wie Red Hat, wobei die Support-Zeiträume etwas kürzer sind. Sieben Jahre Updates bieten die auf RHEL basierenden Distributionen Oracle Linux (vormals Unbreakable Linux) und CentOS. Letzteres ist ein kostenlos erhältlicher RHEL-Nachbau, für den die von Red Hat bereitgestellten Quelltextpakete von RHEL neu übersetzt werden. CentOS verspricht dabei volle Kompatibilität zur Vorlage. Auch die Updates bietet das CentOS-Projekt an, hinkt dabei aber immer etwas hinterher. Zumindest kritische Sicherheits-Updates sind aber häufig innerhalb Stunden oder Tagen verfügbar. Neue Versionen erscheinen allerdings erst Wochen oder Monate nach der Vorlage.

Trotz dieser kostenlosen Konkurrenz erzielt Red Hat seit Jahren steigende Umsätze: Unternehmen sind durchaus bereit, für den Service von Red Hat Geld auf den Tisch zu legen und bei Problemen einen Ansprechpartner zu haben. Zudem sind Hardwarekomponenten und kommerzielle Anwendungen in der Regel nur für RHEL, nicht aber für CentOS zertifiziert, sodass man bei Problemen mit dem Nachbau im Regen steht.

Die Desktop-Variante von RHEL 6 ist für x86-32- und x86-64-Systeme erhältlich, die Server-Ausführung auch für PowerPC (PPC64) und System z; eine Itanium-Version gibt es nicht mehr. Genau wie seine Vorgänger wird RHEL 6 im Rahmen eines Service-Vertrags vertrieben, der Zugriff auf Updates über das Red Hat Network (RHN) gewährt, das zudem einige Funktionen zur Verwaltung von Rechner-Parks bietet.

Das Abonnement-Modell hat Red Hat mit RHEL 6 erheblich umstrukturiert. Über aufpreispflichtige Add-ons lassen sich nun bestimmte Funktionen oder Systemkonfigurationen flexibel zubuchen; einige dieser Features waren bei RHEL 5 nur durch das teuerste Abonnement abgedeckt. Den Advanced Server und spezielle Angebote zum Betrieb als Gast unter den Virtualisierungslösungen von Microsoft und VMware gibt es nicht mehr. Dafür fließt nun die Anzahl der CPU-Sockel des Systems sowie die Zahl der maximal möglichen virtuellen Maschinen in die Preisberechnung ein.

Die schnellste und umfassendste Unterstützung bei Problemen liefert Red Hat wie bisher beim Support-Modell "Premium"; etwas günstiger ist "Standard". Der neue "Self-Support" ersetzt das bisher billigste Modell "Basic". Die günstigste Version des Desktops ist bereits für 39 Euro erhältlich. Durch Zubuchen aller angebotenen Optionen steigt der Preis im Modell "Standard" auf bis zu 239 Euro. Das einfachste Abo für den Server kostet 279 Euro; mit Add-ons steigt der Preis auf mehrere tausend Euro. Beim Erwerb größerer Kontingente oder Abschluss von 3-Jahres-Abonnements lässt sich der Preis etwas drücken.

Durch die zahlreichen Neuerungen stellt Red Hat Enterprise Linux 6 einen großen Schritt in der Entwicklung des Betriebssystems dar. Dadurch ist die auf Unternehmenskunden ausgerichtete Linux-Distributionen nun deutlich besser für die Rechner und Ansprüche von heute und morgen gerüstet.

In Tests auf einer Handvoll Systemen zeigte RHEL 6 keine größeren, aber noch einige kleine Macken. Wie gut sich das neue RHEL in der Praxis schlägt, müssen die nächsten Monate zeigen; einige Anlaufschwierigkeiten dürfte Red Hat sicher über Updates beseitigen. Durch den langen Support und das Nachliefern von Treibern und Verbesserungen im Rahmen von Minor-Updates ist aber auch das neue RHEL für manche Systeme deutlich attraktiver als etwa Debian oder Ubuntu LTS. (thl) (thl)