"Shadow Gambit" angespielt: Verdammt clever

Mimimi kann's halt: "Shadow Gambit" ist ein detailverliebter Mix aus Echtzeit-Taktik und Schleichabenteuer, der Genre-Maßstäbe setzt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 10 Kommentare lesen

(Bild: Mimimi)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Für das deutsche Indie-Studio Mimimi geht es bis jetzt immer nur nach oben. Egal ob "Shadow Tactics", "Desperados 3" und jetzt "Shadow Gambit: The Cursed Crew" – jedes dieser Spiele ist ein Genre-Höhepunkt der Echtzeit-Taktispiele. Immer ein wenig detailverliebter, umfangreicher und nicht zuletzt ausgefuchster als der Vorgänger. Wer das aber so richtig genießen will, braucht Zeit und ein hohes Maß an Frusttoleranz.

In der Welt von "Shadow Gambit" wurden alle toten Piraten von einer unheimlichen Macht wiedererweckt und fahren über die Meere. Doof nur, dass die Inquisition etwas dagegen hat. Der Spieler übernimmt das Steuer und die Crew eines dieser verfluchten Piratenschiffe und liefert sich mit der bösen Inquisition ein rasantes Rennen um Schätze, Artefakte und die Geheimnisse dieser Welt.

Laut Mimimi Games ist "Shadow Gambit: The Cursed Crew" ein Stealth-Strategy-Spiel. Das sollte aber niemanden verwirren, denn hinter diesem Marketingspruch steckt im Prinzip das Echtzeit-Taktik-Genre, Das Fans von Spielen wie "Desperados" kennen. Die Crew geht an Land, guckt sich die Gegner aus und schleicht sich über die Insel. Jeder Schritt will überlegt sein, denn schon der kleinste Fehler lässt den Raubzug auffliegen. Das ständige Schnellspeichern und das Pausieren für die Angriffsplanung zählen neben einem kühlen Kopf zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mission. Wer mit Trial&Error so gar nichts anfangen kann, ist hier fehl am Platz.

"Shadow Gambit" angespielt (5 Bilder)

Detailverliebt und verdammt clever. "Shadow Gambit: The Cursed Crew" ist ein Genre-Höhepunkt für Tüftler und Taktiker. (Bild: heise online)

Spielte Mimimi's "Desperados 3" noch im Wilden Westen mit realistischen Colts und Pulverdampf, steht in "Shadow Gambit" die Magie im Mittelpunkt. Nicht nur, dass es in der Story um Rituale, Flüche und böse Geister geht, sondern auch jeder der neun spielbaren Piraten hat seine ganz eigene Spezialfähigkeit. Von ihrem Schiff, der Red Marley, wählen die Spieler ihre Missionen aus, stellen ein Team zusammen oder plaudern einfach miteinander, um die Hintergrundgeschichte der einzelnen Crewmitglieder zu erfahren.

Kapitänin Afia kann sich per Teleportation direkt auf den Gegner stürzen, Toya kann Feinde verfluchen und sich dann aus der Ferne auf sie stürzen und Suleidy lässt einen Busch aus der Erde sprießen, in dem sich die Crew verstecken kann. In der Kombination ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, die Gegner zu erstechen, bewusstlos zu schlagen oder einfach nur abzulenken. Sammelt die Crew genug Seelenenergie, können die Fähigkeiten verbessert werden.

Die große Bandbreite an Fähigkeiten ist auch nötig, denn die Gegner haben es ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad faustdick hinter den Ohren. Eine unbedachte Bewegung und sofort wird ein Alarm ausgelöst. Überall verstecken sich Wachposten, die genau die Ecke mit ihrem Sichtkegel abdecken, die perfekt für einen Hinterhalt wäre. Manche Gegner sind telepathisch miteinander verbunden und müssen gleichzeitig ausgeschaltet werden. Andere müssen gleich von mehreren Seiten attackiert werden.

Deshalb sollten sich die Fans die Spielwelt genau angucken. Gibt es hier nicht eine kleine Abkürzung durch eine Höhle? Könnte man diesen Stein nicht lockern, um die Gegner zu überrollen? Könnte ich vielleicht diese Gruppe von Gegnern erstmal ablenken, gleichzeitig aus dem Hinterhalt attackieren und sie dann im Gebüsch verstecken? Mimimi bietet den Spielern in den weit verzweigten Abschnitten unglaublich viele Möglichkeiten. Ein festes Erfolgsrezept gibt es nicht. Jeder Weg kann der richtige sein, vorausgesetzt die Crew setzt ihre Fähigkeiten gut abgestimmt ein.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Das Leveldesign und die verschiedenen Spieltaktiken und Strategien machen aus "Shadow Gambit" ein "Open-World-Spiel" im eigentlichen Sinne: Statt die Spielwelt mit Missionen und endlosen, aber sinnfreien Dialogen zu überladen, konzentriert sich hier alles auf ein offenes Spieldesign, das dem Fan jede nur erdenkliche Möglichkeit gibt, um zum Erfolg zu kommen.

Mimimi liefert ein rundes Paket ab. Die Bedienung ist durchdacht und zugänglich. Wenn sich die Fans ein wenig an das Bedienungsschema gewöhnt haben, gelingen auch actionreiche Begegnungen. Am meisten macht "Shadow Gambit" aber Spaß, wenn die Spieler in der Pausenfunktion ihre Aktionen planen und sie dann per Knopfdruck automatisch ausführen. Auch technisch gibt sich das Entwicklerstudio keine Blöße. Nach dem blamablen "Gollum" von Daedalic betreibt Mimimi Wiedergutmachung für das Label "Made in Germany".

Bei allem Lob gibt es aber auch ein wenig zu meckern. In der Detailverliebtheit verliert Mimimi manchmal das rechte Maß. Die einzelnen Missionen können sich in die Länge ziehen und in unseren Anspielstunden schon mal bis zu zwei Stunden dauern. Oft braucht es außerdem mehrere Anläufe, um weiterzukommen. Wer da nicht ständig abspeichert, wird schnell frustriert sein. "Shadow Gambit" braucht Zeit und ein ordentliches Maß an Frusttoleranz, um es genießen zu können.

Nach "Shadow Tactics" und "Desperados 3" trifft Mimimi mit "Shadow Gambit" wieder voll ins Schwarze. Egal, ob wir es Echtzeittaktik oder Stealth Strategy nennen – das Piratenabenteuer ist rundum gelungen. Umfang, Leveldesign und Technik spielen in der Genreoberliga. Der Clou ist aber die spielerische Freiheit, die den Fans alle Möglichkeiten offen lässt. Allerdings sollten die Spieler ein wenig Geduld mitbringen, denn "Shadow Gambit" ist alles andere als ein Spielesnack. Ein echter "Echtzeittaktik-Stealth-Strategy"-Brocken, den sich die Fans nicht entgehen lassen sollten.

"Shadow Gambit: The Cursed Crew" erscheint am 17. August für Windows, PS5 und Xbox Series. Es kostet ca. 40 €. USK ab 12. Für unser Angespielt haben wir ein paar Stunden die Windows-Version gespielt.

(dahe)