Spanisch lernen mit KI: Ein Selbstversuch
Seite 2: Transkript des Videos
Ich kann kein Spanisch. Außer ein paar Wörter wie "Gracias", "Hola" und "Con queso". Doch ich würde die Sprache gerne lernen; am besten online und flexibel.
Das Online-Angebot an Apps und Sprachlernprogrammen ist riesig. Viele davon vermitteln Lektion für Lektion Sprache und Grammatik. Doch wir wollten einen anderen Weg einschlagen: Ganz ohne lange Vorträge zu Grammatik und Aussprache, sondern direkt drauflos plaudern.
Einen neuen Ansatz bietet künstliche Intelligenz: Mit der Website "yourteacher.ai" lernt man am PC eine Sprache im freien Dialog mit einem KI-Lehrer. Diese Herangehensweise klingt spannend und daher habe ich den Selbstversuch gewagt: Wie gut ich Spanisch innerhalb eines Monats mit Hilfe von KI lernen kann, erfahrt ihr jetzt.
Die Challenge
Ich gebe mir einen Monat Zeit, um Spanisch zu lernen. Dafür nutze ich die KI und das etwa 30 Minuten pro Tag. Meine einzigen Hilfsmittel sind meine Notizen und ein Online-Wörterbuch zum Nachschlagen einzelner Wörter. Ich lerne ausschließlich mit yourteacher, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. Am Ende des Monats kommt für mich der Test: Kann ich mich mit einem nativ spanischsprechenden Menschen unterhalten? Dafür spreche ich mit einem kolumbianischen Freund und lasse ihn urteilen.
Yourteacher.ai
Zunächst zur KI, die ich verwende. Yourteacher.ai ist eine Plattform, die euch einen KI-Lehrer zur Seite stellt. Mit dem KI-generierten Lehrer sprecht ihr komplett frei ohne festgelegte Struktur. Er gibt euch auch keine Sätze vor, die ihr wiederholen müsst. Ihr sprecht mit dem Lehrer so, als hättet ihr gerade einen Muttersprachler vor euch sitzen. Wenn ihr etwas nicht versteht oder einen bestimmten Ausdruck wissen wollt, fragt ihr einfach nach. Das macht ihr via Mikrofon und hört seine Stimme per Sprachausgabe. Eure Unterhaltung seht ihr auch direkt transkribiert in Schriftform am Bildschirm. Möchtet ihr lieber in Textform mit der KI schreiben, ist das auch möglich. Wörter und Sätze könnt ihr euch jederzeit auch auf Deutsch anzeigen lassen.
Yourteacher.ai weist deutlich darauf hin, dass es kein strukturierter Sprachkurs ist. Ihr lernt nicht nach Lektionen, sondern ausschließlich durch den freien Dialog mit dem KI-Lehrer.
Aktuell stellt der Dienst 26 Sprachen zur Auswahl. Eine davon – Japanisch – ist gerade noch in der Beta-Version. Weitere Sprachen sind noch in Planung. Neben beliebten Fremdsprachen wie Englisch, Spanisch oder Französisch bietet die KI auch ungewöhnlichere, wie Indonesisch, Malay oder Slowakisch. Habt ihr eine Sprache gewählt, könnt ihr euch noch einen Lehrer oder eine Lehrerin aussuchen, mit denen ihr euch unterhaltet. Das macht tatsächlich einen Unterschied, da die Lehrer regional bedingt verschiedene Aussprachen haben. Ein Beispiel: Das spanische Wort "Yo" ("Ich") wird im europäischen Spanisch "Jo" ausgesprochen. Mittel- und südamerikanische Menschen sagen eher "Dscho". Das macht die KI richtig und bietet euch hier unterschiedliche Optionen.
Möchtet ihr euren Lehrer oder auch die Sprache wechseln, könnt ihr das jederzeit tun. Mit einem neuen Lehrer könnt ihr einfach weitersprechen wie mit dem vorherigen.
Euren Fortschritt seht ihr an einem Zähler, der euren passiven und aktiven Wortschatz festhält. Der passive Wortschatz zeigt, wie viele Begriffe euer Lehrer bereits im Gespräch mit euch verwendet hat. Der aktive, wie viele ihr selbst schon genutzt habt. Wechselt ihr innerhalb einer Sprache den Lehrer, bleibt euer Zählerstand der jeweiligen Sprache bestehen. Eure bisher gelernten Phrasen und Begriffe könnt ihr jederzeit in einer Übersicht nachsehen.
Einstellungen
Ihr könnt Präferenzen für euren KI-Lehrer einstellen:
- In welcher Sprache ihr überwiegend mit der KI sprechen möchtet.
- Wie schnell sie reden soll.
- Ob sie euch auf Fehler nur hinweist oder euch korrigierte Sätze wiederholen lässt.
- Ob ihr eher formell oder umgangssprachlich mit der KI sprechen möchtet.
Je nachdem, wie ihr besser lernt und was eure Ziele sind.
Wie gut oder schlecht das Lernen mit der KI bei mir funktioniert hat, zeigen wir euch jetzt.
Mein Lernprozess
Für Spanisch gibt es sechs verschiedene KI-Lehrer zur Auswahl. Da mein Ziel ist, mit einem Kolumbianer sprechen zu können, wähle ich den KI-Lehrer Daniel Garcia aus Mexiko. Seine Aussprache dürfte näher am kolumbianischen Spanisch sein als die eines Spaniers.
In der Schule habe ich damals Englisch, Latein und Französisch gelernt. Gerade in meinen ersten Gesprächen mit der KI hilft mir das. Mein Lehrer Daniel spricht nämlich ausschließlich Spanisch mit mir und die ersten Vokabeln kann ich mir mit meinem Vorwissen schon herleiten. Bei vielen Begriffen muss ich dennoch nachfragen oder nachsehen, was sie bedeuten.
Das Gute am Sprung ins kalte Wasser ist, dass ich schnell viel gesprochenes Spanisch höre. So gewöhne ich mich schneller an den Klang der Sprache als mit reinen Leseübungen.
Die Themen, über die wir sprechen, wähle ich selbst. So muss ich Phrasen wie "Hallo, ich heiße Daniel." oder "Wie geht es dir?" nicht ständig wiederholen wie in manchen Sprachkursen. Stattdessen führe ich Gespräche zu meinen Lieblingsfilmen oder Hobbies. Die KI kann über nahezu jedes Thema sprechen. Von Filmen, über Haustiere bis hin zu Kochrezepten. So macht das Lernen mehr Spaß.
In den ersten Tagen muss ich noch sehr viel nachfragen. Es dauert gut ein bis zwei Wochen, bevor ich die allerwichtigsten Grundbegriffe kenne und erste Teile der Grammatik verstehe. Zum Beispiel, dass Verben ich der ersten Person meist ein “-o” am Ende stehen haben. In der zweiten Person meist ein “-s”. “Ich spreche” heißt dann also “hablo”, “du sprichst” heißt “hablas”.
Ab der dritten Woche schaffe ich es schon, einfache Sätze zu bilden. Natürlich mache ich weiterhin Fehler. Ich traue mich aber schon mehr zu sprechen als zu Beginn. Ich spiele auch hin und wieder kleine Szenen mit der KI. Ich kann meinem Lehrer sagen, dass ich eine Szene in einem Restaurant spielen möchte. Er spricht den Kellner und ich den Gast. Oder wir spielen, dass wir uns Kennenlernen. Dabei soll er bitte nur einfaches Spanisch verwenden. Eure Möglichkeiten sind hier nahezu unbegrenzt.
Nach einem Monat ist es dann so weit. Ich werde mein erstes Gespräch auf Spanisch mit einem echten Menschen führen – meinem Freund José aus Kolumbien.
Kosten
YourTeacher.ai läuft über ein Abo-Modell. Eine kostenlose Testversion gibt es nicht. Im Monatsabo könnt ihr jedoch jederzeit vor Beginn des neuen Monats mit wenigen Klicks den Zugang kündigen. Zahlt ihr monatlich, kostet der Service 33$/Monat. Bei jährlicher Zahlung reduziert sich der Preis auf etwa 16$/Monat. Für einen KI-Dienst ist das zwar nicht ganz günstig. Vergleicht man es allerdings mit den Kosten, die ein richtiger Sprachlehrer oder ein Kurs mit sich bringen würden, relativiert sich das Ganze.
Probleme mit der KI
Die KI funktioniert grundsätzlich wie beschrieben. Allerdings gibt es auch Stolpersteine. Mal funktioniert die Sprachausgabe nicht, mal erkennt die KI Wörter nicht richtig, die ich sage. Oft liegt das bestimmt an meiner Aussprache, teils habe ich den Verdacht, es war die Spracherkennung.
Was wir in den Einstellungen vermissen, ist die Möglichkeit ein Mikrofon auszuwählen. Bei den Tests hat yourteacher manchmal das falsche Mikrofon verwendet. Sowas ist ärgerlich und steht dem Lernprozess im Wege.
Am Anfang spricht mein Lehrer Daniel kein Deutsch mit mir, obwohl ich das in den Einstellungen so gewählt habe. Manchmal erklärt Daniel mir etwas auf Deutsch, manchmal auch auf Englisch. Dass die KI zwischen den Sprachen wechselt, erschwert das Lernen.
Inkonsistent ist auch die Qualität der Sprachausgabe. Nicht jeder Lehrer hat eine saubere Aussprache, wenn er Deutsch spricht. Das klingt dann so, als würde ein Spanier zum ersten Mal in seinem Leben einen deutschen Text vorlesen müssen.
Manche dieser Probleme behebt ihr, indem ihr einen anderen KI-Lehrer auswählt. So scheinen manche Lehrer eher bereit, Deutsch mit mir zu sprechen als andere. Manche haben auch eine saubere deutsche Aussprache, andere nicht. Das steht der eigentlichen Idee im Wege, dass ich mir meinen Lehrer frei aussuchen kann.
Fazit
Mein Ziel war es, mit einer KI in einem Monat Spanisch lernen. Wenn ich José frage, ob das funktioniert hat, sagt er: “Si.”
Natürlich beherrsche ich die Sprache noch nicht fließend. Aber dafür, dass ich vor einem Monat nur drei Wörter kannte, kann ich jetzt schon etwas Smalltalk mit einem Muttersprachler führen. Ich kann einfache Sätze sagen. Man kann mich verstehen.
Im Gespräch mit José muss ich hin und wieder nachfragen, was er gesagt hat. Wenn er schnell redet, ich ein Wort nicht kenne oder er etwas anders ausspricht als mein KI-Lehrer.
Während ein Monat mit der KI nicht genug ist, eine Sprache sicher und umfänglich zu beherrschen, könnt ihr damit schon etwas Small Talk führen und deutlich mehr sagen als nur "Gracias", "Hola" und "Con queso".
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