Was ist Anonymous?

Immer häufiger hört man vom Hacker-Kollektiv Anonymous. Sie fragen sich, was eigentlich dahinter steckt? Wir klären Sie über den sogenannten Hacktivismus auf.

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(Bild: Panorama Images/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Lars Sandmann
Inhaltsverzeichnis

Das Aktivisten-Kollektiv Anonymous ist eine Gruppe von maskierten Hackern, die sich selbst als führungslosen Verbund betrachten. Die Gruppierung setzt sich für Menschenrechte und Meinungsfreiheit ein. Dabei schrecken Sie nicht davor zurück, ganze IT-Systeme von Organisationen, Sekten oder terroristischen Gruppierungen zu infiltrieren. Im folgenden Beitrag erklären wir Ihnen alles Wissenswerte über die Aktivisten hinter der Guy-Fawkes-Maske.

Das Kollektiv aus internationalen Mitgliedern besitzt keinen Anführer und somit keine tatsächliche Hierarchie. So kann sich im Prinzip jeder dem Kollektiv anschließen und an den Aktionen mitwirken. Eine aktive Gründung gab es bei Anonymous nicht. Das Kollektiv entstand im Internet und formte sich allmählich zu dem, was es heute ist. In Internetforen, auf denen Bilder und Texte ausgetauscht und diskutiert werden können, bekamen unregistrierte Nutzer den Namen "Anonymous", woraus die Namensgebung entstand. Im Internet veröffentlichen die Aktivisten Videobotschaften zu Ihren politischen Aktionen. Dabei verwenden Sie einen Stimmverzerrer und tragen eine Guy-Fawkes-Maske. Diese hat ihren Ursprung im Film "V wie Vendetta". In dem Film trägt der anarchistische Protagonist "V" diese Maske.

Der Leitgedanke der Anonymous-Aktivisten lautet: "Wissen ist frei. Wir sind anonym. Wir sind viele. Wir vergeben nichts. Wir vergessen nichts. Rechnet mit uns." Dieser Leitspruch wird überwiegend in den Videos der Gruppierung verwendet.

Das Hacker-Kollektiv Anonymous setzt sich online sowie offline für Menschenrechte und Meinungsfreiheit ein. Die Aktionen der dezentralen Gruppe bestehen meistens jedoch darin, sich in IT-Systeme zu hacken, diese zu übernehmen, lahmzulegen und sensible oder geheime Daten zu klauen und zu veröffentlichen. Die Hacker-Gruppe setzt beispielsweise mit DDoS-Angriffen ganze Internetseiten außer Betrieb. DDoS steht für "Distributed-Denial-of-Service", was auch Deutsch so viel bedeutet wie "Verteilte Dienstblockade" (durch einen Netzwerkangriff). Mittels einer DDoS-Attacke werden Webserver, Online-Services oder ganze Netzwerke überlastet. Dabei werden extrem viele Anfragen an den angegriffenen Webdienst gesendet, sodass die Kapazität zur Verarbeitung der Anfragen erschöpft ist und die Seite lahmgelegt wird.

"Projekt Chanology": Ein internationaler Protest gegen Scientology

Im Jahr 2008 wurde auf der Videoplattform YouTube ein Video hochgeladen, das den Schauspieler Tom Cruise zeigt, der darin unkritisch über Scientology berichtet. Da dieses Video ursprünglich intern in der religiösen Bewegung bleiben sollte, bemühte sich Scientology darum, das Video wegen Urheberrechtsverletzungen auf dem Videoportal löschen zu lassen. Die Anonymous-Hacker sahen diesen Umstand als Internetzensur an und organisierten Cyberangriffe auf Scientology-Webseiten. Außerdem organisierte das Hacker-Kollektiv Demonstrationen, verschickte Scherzbriefe per Fax an unterschiedliche Scientology-Zentren und erklärte schlussendlich in dem YouTube-Video "Message to Scientology" der vermeintlichen Kirche den Krieg.

"Operation DarkNet": Eine Kampagne gegen Kinderpornografie

Unter dem Projektnamen "Operation DarkNet" ging Anonymous 2011 mit einer großen Kampagne gegen Kinderpornografie vor. Im Zuge der Kampagne wurden versteckte Pädophilen-Plattformen im Darknet attackiert. Dabei machten die Hacker reihenweise IP-Adressen von Pädophile auf entsprechenden Darknet-Seiten online ausfindig und zeigten die Personen dahinter an. Dies gelang den Anonymous-Mitgliedern, indem sie den Nutzern der Missbrauchsplattformen ein manipuliertes Update der Tor-Software unterschoben, mit der man ins Darknet gelangt.

"Operation Tin Foil": Anonymous gegen Verschwörungstheoretiker

Attila Hildmann erlangte als Koch für vegane Gerichte Bekanntheit. Durch seine Verschwörungserzählungen, die er im Verlauf der COVID-19-Pandemie über das Internet und auf öffentlichen Veranstaltungen verbreitete, trat der ehemalige TV-Koch immer mehr als Verschwörungstheoretiker ins Rampenlicht. Im September 2021 gelang es Anonymous-Deutschland, mehrere Social-Media-Kanäle von Attila Hildmann zu kapern. Mithilfe des Insiders "Kai" konnte sich das Hacker-Kollektiv Zugang zu Geschäftsdaten und privaten E-Mails von Hildmann verschaffen. Außerdem übernahm das Aktivisten-Kollektiv zeitweise die Telegram-Kanäle des Verschwörungstheoretikers. Die gehackten Daten sollten dann an Behörden und Presse weitergeleitet werden. Daraufhin wurde auf Twitter der deutsche Anonymous-Kanal permanent gelöscht.

Angesichts des Ukraine-Kriegs erklärte das Hacker-Kollektiv unter dem Hashtag #OperationRussia dem russischen Präsidenten Vladimir Purin den Cyberkrieg. Anonymous legte bereits Sicherheitssysteme russischer Banken lahm oder infiltrierte das Sendeprogramm des staatlichen Senders RT. Zudem wurden die Live-TV-Kanäle von Russia 24, Channel One und Moscow 24 gehackt. Diese Aktionen zielen darauf ab, Russlands mächtiger Zensurbehörde etwas entgegenzusetzen. So zeigen die Hacker über die gehackten TV-Kanäle Bilder und Videos des Krieges in der Ukraine, um die russische Bevölkerung auf die Völkerrechtsverletzungen aufmerksam zu machen. Der große Cyberkrieg hat dabei noch nicht stattgefunden. Es bleibt abzuwarten, welche Ausmaße die Aktionen der Anonymous-Hacker gegen die russische Regierung im Ukraine-Konflikt noch annehmen.

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(lasa)