IT-Unternehmen untersuchen nach Selbsttötungen Arbeitsbedingungen bei Foxconn

In Shenzen stürzte der neunte Mitarbeiter des dortigen Foxconn-Werks zu Tode. Die IT-Konzerne Apple, HP und Dell haben dazu eigene Untersuchungen aufgenommen.

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Die IT-Konzerne Apple, Dell und HP werfen nach einer Serie von Selbsttötungen im Werk des Elektronikherstellers Foxonn in Shenzen einen intensiven Blick auf die dortigen Arbeitsbedingungen. Am Dienstag starb ein Mitarbeiter, nachdem er sich vom Dach des Werkes in der südchinesischen Stadt gestürzt hatte, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Es war der neunte Todesfall und elfte Sturz dieser Art in dieser Fabrik in diesem Jahr. Zwei Mitarbeiter wurden schwer verletzt.

Der taiwanische Elektronik-Hersteller Hon Hai fertigt unter dem Namen Foxconn Geräte für IT-Konzerne wie Apple, Hewlett-Packard, Dell, Sony oder Nokia. Apple drückte laut Wall Street Journal in einer Mitteilung seine Trauer und Erschütterung aus. Der US-Konzern stehe in Kontakt mit der Foxconn-Führung und gehe davon aus, dass die Vorfälle dort sehr ernst genommen werden. Hewlett-Packard untersucht laut einem Bericht der Finanznachrichtenagentur Bloomberg die Arbeitsbedingungen bei Foxconn. Dell prüfe Berichte über das Unternehmen. Apple hatte 2006 Berichte über unzulässige Arbeitsbedingungen bei Foxconn als Anlass für nähere Untersuchungen genommen. Seitdem legt der IT-Konzern jährlich Berichte über Arbeitsbedingungen in Fertigungsstätten vor, die für Apple Geräte herstellen. HP startete ebenfalls 2006 ein Programm für soziale und Umweltverantwortung in China.

Unterdessen haben Aktivisten in Hongkong vor dem Foxconn-Büro protestiert und eine Untersuchung gefordert. Das Unternehmen müsse seine Arbeitsbedingungen verbessern und Managementmethoden überprüfen, um den Druck für die Arbeiter zu lindern, wurde gefordert. Auch chinesische Experten wiesen auf starken Arbeitsdruck und die Isolation vieler Wanderarbeiter bei Foxconn hin. In einem Abschiedsbrief schrieb der 19-Jährige, der sich am Dienstag zu Tode stürzte: "Ich habe keine Fähigkeiten. Ich bekomme, was ich verdiene." Es tue ihm leid, dass er nicht mehr länger für seinen Vater sorgen könne, zitierte Xinhua aus dem Brief.

Der Vorsitzende der Hon-Hai-Gruppe flog am Dienstag nach Shenzhen und besuchte zusammen mit 200 Reportern das Werk. Nach Angaben taiwanischer Medien habe dabei der Konzern erstmals seine Tore für Journalisten aus Taiwan, Hongkong, China und anderen Ländern geöffnet. Terry Kuo bestritt am Montagabend in Taipeh, dass schlechte Behandlung der Beschäftigten hinter den Selbstmorden stecken könnte. "Foxconn ist kein Ausbeuterbetrieb", sagte der Hon-Hai-Chef. Das Unternehmen versuche aktiv, Selbstmorden vorzubeugen. Details nannte er nicht.

Kuo hob hervor, dass die breite Berichterstattung über die Fälle möglicherweise zur Nachahmung angeregt haben könnte. Erst am Freitag hatte sich ein Mitarbeiter des Werkes in Shenzhen umgebracht. Dort arbeiten allein 400.000 Menschen, insgesamt beschäftigt Foxconn in China 800.000 Mitarbeiter. Die dortigen Behörden messen laut Xinhua den Untersuchungen große Bedeutung bei. Die chinesische Regierung hob am Mittwoch die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter hervor. Firmen aus Taiwan seien in China willkommen, sagte Yang Yi, Sprecher des Taiwanbüros des Staatsrates in Peking, fügte aber hinzu: "Wir hoffen auch, dass die Arbeitgeber sich um ihre Beschäftigten kümmern."

"Foxconn mag kein Ausbeuterbetrieb in dem Sinne sein, dass er seine Beschäftigten körperlich missbraucht oder sie zwingt, Überstunden zu machen", kommentierte die Tageszeitung China Daily. "Aber das bedeutet weder, dass sie ausreichend menschliche Fürsorge für ihre Beschäftigten zeigen, noch impliziert es, dass sie genug tun, um eine Unternehmenskultur zu pflegen, die den Beschäftigten hilft, ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben zu finden."

Derweil hat eine Gruppe, die als "Netizens" bezeichnet werden, in Eigeninitiative mit Untersuchungen der Arbeitsbedingungen in Shenzen begonnen. Laut einem Bericht von China Daily ermitteln vier Mitglieder der Gruppe seit einigen Tagen verdeckt als Foxconn-Mitarbeiter und veröffentlichen täglich Berichte. Die Foxconn-Mitarbeiter werden demnach pünktlich bezahlt und bekommen kostenlose Unterkünfte, auf der anderen Seite müssten sie aber auch lange arbeiten und unterhielten sich untereinander kaum. Ein weiteres Problem sei die starke Präsenz von Sicherheitspersonal, das dafür sorgen soll, dass keine Betriebsgeheimnisse über die gefertigten Produkte nach außen dringen. Die umfangreichen Befugnisse der Sicherheitskräfte wirkten sich auch auf das Leben der Mitarbeiter aus. (anw)