HTC, Nokia und RIM reagieren auf Apple-Pressekonferenz

Apple hat in der am Freitag abgehaltenen Pressekonferenz zu den Empfangsproblemen des iPhone 4 Handys von HTC, RIM und Samsung als Beispiel herangezogen. HTC und RIM haben schon darauf reagiert, und auch Nokia hat sich zu Wort gemeldet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 660 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Am vorigen Freitag hat Apple eine Pressekonferenz zu den Empfangsproblemen des iPhone 4 abgehalten und dort am Beispiel des Blackberry Bold 9700, HTC Droid Eris und Samsung Omnia II gezeigt, dass die Empfangsqualität aller Handys sinkt, wenn man sie mit der Hand komplett umfasst. Nun haben HTC und Blackberry-Hersteller RIM darauf reagiert, und auch Nokia hat sich zu Wort gemeldet.

Die RIM-Chefs Mike Lazaridis und Jim Balsillie finden es laut dem Blog CrackBerry "unakzeptabel", dass Apple RIM in ein "selbstgemachtes Debakel" hineinzieht. Apple würde absichtlich die Tatsachen verdrehen, um von der eigenen Situation abzulenken, lautet RIMs Vorwurf. Für seine Designentscheidungen solle Apple alleine gerade stehen, ohne andere mit hineinzuziehen. RIM-Kunden müssten jedenfalls ihr Blackberry für einen einwandfreien Empfang nicht in eine Schützhülle packen, so die CEOs.

HTC hat dem britischen Newsdienst Pocket-lint Vergleichszahlen zu Nutzerbeschwerden mitgeteilt – Apple hatte angegeben, dass sich 0,55 Prozent der drei Millionen Käufer, also mithin über 16000 Kunden, beschwert hätten. Laut HTCs PR-Manager Eric Lin liegt die Beschwerdequote des Eris bei 0,016%. Das Eris ist seit über einem Jahr erhältlich, beim iPhone 4 kamen die Beschwerden innerhalb von drei Wochen zusammen.

Nokia erwähnt in einer von Engadget zitierten Stellungnahme Apple nicht explizit, weist aber darauf hin, wie viel Arbeit und Erfahrung im Antennendesign stecken würden. Mit dem 8810 habe Nokia vor 12 Jahren das erste Handy mit ins Gehäuse integrierter Antenne hergestellt. Tatsächlich würde die Empfangsqualität beim Umfassen von Handys nachlassen, warum Nokia in einige Modelle zwei Antennen einbauen würde. Jedenfalls könne man Nokia-Handys mit beiden Händen benutzen (eine Anspielung darauf, dass die Empfangsprobleme des iPhone  hauptsächlich beim Festhalten mit der linken Hand auftreten sollen); zudem würde Nokia einer besseren Empfangsqualität den Vorzug vor einem besseren Gehäusedesign geben.

Apple war in der Pressekonferenz vor allem darauf eingegangen, dass das Umfassen eines Handys die Empfangsqualität mindert – eine industrieweit unbestrittene Tatsache. Der Vorwurf gegen Apple lautete allerdings, dass das Verbinden der beiden außen liegenden Antennen (eine für UMTS und GSM, die andere für GPS, WLAN und Bluetooth) den Empfang nochmals deutlich verschlechtern würde.

Etwas bedenklich stimmt dabei Apples Angabe der Rufabbrüche (call drop): Mit dem iPhone 4 sollen um einen Prozentpunkt mehr Anrufe abbrechen als mit dem 3GS. Absolute Zahlen wollte Apple nicht nennen, offizielle Vergleichszahlen gibt es wenige (beispielsweise protzt Vodafone mit 0,6% in Kalkutta). In guten Netzwerken liegt die call drop rate bei 1 bis 2 Prozent, liest man oft. AppleInsider hat im August 2008 ein paar Zahlen (damals bezüglich angeblicher Empfangsprobleme des iPhone 3G) zusammengetragen: Demnach hatte die Business Week für das Netz von AT&T eine drop rate von 1 Prozent, für das 3G von 2 bis 3 Prozent in Erfahrung gebracht. Einer (nicht komplett online stehenden) Untersuchung von mindWireless zufolge lag AT&T Anfang 2006 bei 5,7 Prozent.

Diese Zahlen würden bedeuten, dass mit dem iPhone 4 zwischen 18 und 100 Prozent mehr Telefonate abbrechen als mit dem 3GS. Die unter Laborbedingungen ermittelten Werte der US-Zeitschrift Consumer Reports und der deutschen connect legen jedenfalls den Schluss nahe, dass der Antennenkurzschluss die Empfangsqualität negativer beeinflusst als nur das Umfassen. Die Kritik von RIM an Apple zielt darauf ab, dass Apple nicht genau genug zwischen Umfassen eines Handys und Kurzschließen der Antennen unterschieden hat. Die IT-Seite AnandTech zeigt – allerdings nicht unter Laborbedingungen – dass die Empfangsqualität eines iPhone 4 mit der Schutzhülle beim Umfassen mit der Hand ungefähr genauso stark einbricht wie bei anderen Handys (ohne Schutzhülle) üblich, dass es sich aber beim Kurzschließen der Antennen weit schlechter verhält.

Diese Tests haben allesamt wenig Aussagekraft über die praktische Relevanz des Problems – da spielt neben dem Antennendesign beispielsweise auch die Empfindlichkeit der Chips eine Rolle. Zahlen dazu lieferte Apple nicht, sondern verwies nur darauf, dass Anwender davon berichten, mit dem iPhone 4 einen besseren Empfang als vorher zu haben. In Großstädten jedenfalls dürfte sich die zusätzliche Dämpfung durch den Antennenkurzschluss kaum störend bemerkbar machen – die von Apple angeführte niedrige Rückgabequote könnte ein Indiz dafür sein, dass die zusammenbrechende Empfangsqualität nur für wenige Kunden ein entscheidender Nachteil ist.

Wie viele Kunden wirklich mit der Empfangsqualität unzufrieden sind, lässt sich jedenfalls kaum beziffern. Apples 0,55 Prozent klingt wenig, wenn es auch bedeutet, dass seit Erscheinen des iPhone 4 im Schnitt alle zwei Minuten eine Beschwerde eingegangen sein muss. Doch Vergleichswerte gibt es kaum: Rückrufe beispielsweise bei Akkus finden zwar bei weit niedrigeren Quoten von Schadensfällen statt – üblicherweise wenige Dutzend Schadensfälle bei Hunderttausenden bis Millionen Akkus –, aber dabei geht es um direkte Brand- oder gar Verletzungsgefahren. (jow)