Flughafen Manchester zieht positives Fazit von Nacktscanner-Einsatz

Im Rahmen eines von der EU unterstützten Probebetriebs von Röntgen-Körperscannern in der englischen Metropole, der seit einem halben Jahr läuft, sind mittlerweile rund 210.000 Flugreisende durchleuchtet worden. Zuletzt gab es aber weiterhin Kritik an einer EU-weiten Einführung der Nacktscanner.

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Ihm Rahmen eines von der EU unterstützten Probebetriebs von Ganzkörper-Scannern in Manchester, der seit einem halben Jahr läuft, sind mittlerweile rund 210.000 Flugreisende durchleuchtet worden. "Nur zwei Frauen haben einen Scan verweigert", freut sich Alan Kemp, Chef des Sicherheitsteams am Flughafen der englischen Metropole, über die "Akzeptanzrate" der hierzulande als "Nacktscanner" bekannten Geräte. Die Pakistani hätten aus religiösen beziehungsweise gesundheitlichen Gründen eine Körperbestrahlung abgelehnt. Gemäß den britischen Gesetzesvorgaben durften sie so ihren Flug nicht antreten. Man habe sie aber später eingeladen, die Scanner selbst unter die Lupe zu nehmen, beeilt sich ein Airport-Sprecher hinzuzufügen: "Wir wollen ja nicht, dass Leute sich dafür entscheiden, nicht zu fliegen."

Nacktscanner am Flughafen Manchester (5 Bilder)

Nacktscanner Secure 1000 Single Pose

Bei den Scannern des Typs Secure 1000 Single Pose am Flughafen Manchester muss sich der Passagier mit erhobenen Händen zwischen die beiden Geräteteile stellen. (Bild: heise online / Stefan Krempl)

Im Flughafen Manchester sind derzeit drei rund zwei Meter hohe Apparate der US-Firma Rapiscan an zwei der drei Terminals des Flughafens im Einsatz. Die EU unterstützt nicht nur den Probebetrieb der äußerst umstrittenen Nacktscanner, sie will eigentlich den Einsatz der Geräte innerhalb der Gemeinschaft vereinheitlichen: Sie seien "zuverlässiges und wirksames Mittel für Kontrollen", es sei außerdem möglich, "Bedenken bezüglich des Gesundheitsschutzes und der Respektierung der Grundrechte Rechnung zu tragen", hieß es zuletzt in einem Bericht des EU-Verkehrskommissars Siim Kallas. Datenschützer stehen dem Vorhaben aber weiterhin sehr kritisch gegenüber; das Bundesinnenminister lehnt den Einsatz der Nacktscanner ab, sieht aber die "Körperscanner der 2. Generation" als unbedenklich an.

Die in Manchester eingesetzten "Secure 1000 Single Pose"-Scanner (Röntgen-Scanner mit Backscatter-Technik, die die Compton-Streuung nutzt) benötigen rund sieben Sekunden für einen Durchgang, bei dem sich der Passagier mit erhobenen Händen zwischen die beiden Geräteteile stellen muss. Im Anschluss werden an dem britischen Airport derzeit die Schuhe der Reisenden extra durchleuchtet, was künftig aber entfallen soll. Noch sind die Ganzkörper-Scanner an gesonderten "Smart Gates" als Zusatzmaßnahme im Einsatz: Der Passagier geht dabei zunächst durch einen der derzeit an Flughäfen gebräuchlichen Metall-Detektoren. Schlägt dieser an, wird der somit Verdächtige automatisch zum Scanner geleitet. Darüber hinaus werden einige Reisende an den entsprechenden Kontrollpunkten per Zufallsgenerator für eine Körperdurchleuchtung ausgewählt.

Die eigentlichen "Nacktbilder", die Menschen laut Kemp als "Geister" oder "Avatare" erscheinen lassen, werden in einen speziellen, von den Sicherheitsschleusen rund 50 Meter entfernten Kontrollraums an derzeit zwei Rechnern begutachtet. Der bullige Security-Chef hat sich bei der Vorführung selbst als Versuchskaninchen zur Verfügung gestellt. Am Bildschirm des Begutachters erkennbar ist neben einem Speckring die Gürtelschnalle, der Metallhalter seines Sicherheitsausweises vor der Brust sowie eine dunkle Stelle auf Höhe der hinteren und eine an der vorderen Hosentasche. Der Kontrolleur kann die Schwarzweiß-Aufnahme in ein Negativbild umwandeln, sodass Metallteile fast leuchtend hell erscheinen. Verdächtige Stellen werden von ihm markiert und dann ein Kontrollbild an den Monitor am Scanner zurückgeschickt. Finden sich keine Besonderheiten auf den Fotos, erteilt er eine Freigabe.

Das Personal an der Maschine erhält zwischendurch die Anzeige, dass die Analyse läuft. "Das dauert in der Regel weitere zehn Sekunden", erläutert Kemp. Eine Begrenzung gebe es nicht: "Jeder Begutachter kann sich so viel Zeit nehmen, wie er für die Bildbegutachtung braucht." Hält er eine zusätzliche Durchsuchung für nötig, erscheint am Scanner ein kartoonähnliches Bild mit roten Vierecken an den vom Begutachter per Mausklick ausgewählten Positionen. Der Mitarbeiter am Röntgengerät untersucht nun gezielt diese Stellen mit einem Hand-Scanner. Eine Prüfung oder gar ein Abtasten des ganzen Körpers ist im Unterschied zu einem Alarm bei einem Metall-Detektor nicht mehr nötig.

"Unsere Sicherheitsleute lieben die Geräte", versichert Kemp. Die physische Belastung bei der Arbeit an den Körperscannern sei deutlich geringer als bei den bislang üblichen Methoden, da ein Bücken etwa nach Anschlagen eines Detektors kaum mehr erforderlich sei. Aber auch die Akzeptanzrate bei den Durchleuchteten sei hoch. So hätten bei Umfragen im Rahmen des Testlaufs 91 Prozent der Teilnehmer angegeben, dass sie ein "herausragendes Sicherheitsgefühl" beim Passieren der neuen Anlagen gehabt hätten. "Wir achten stark auf den Datenschutz", gibt Kemp als einen Grund für die Bewertung an. Das Verfahren stelle eine anonyme Behandlung sicher. Tattoos oder Zahnplomben seien nicht sichtbar, während sich Piercings oder etwa Brustimplantate abzeichneten. Die Aufnahmen würden mit der Freigabe beziehungsweise nach dem Zusatzcheck aber auf jeden Fall gelöscht, auch wenn es "unter manchen Umständen wünschenswert wäre", Bilder etwa für Beweiszwecke zu speichern.

Drei von heise online nach einem Scan befragte Reisende hatten keine Einwände gegen das Verfahren. "Die suchen nach Bomben, nicht nach Titten", meinte eine 33-jährige Engländerin. Umständlich sei allein das An- und Ausziehen ihrer Stiefel. "Ich denke da gar nicht drüber nach", sagte ein 34-jähriger Engländer. In der Zeitung sei schon viel über die neuen Maßnahmen zu lesen gewesen. Auch ein 40-jähriger Spanienreisender hält die Scanner für "eine gute Idee". Sorgen um eine Strahlenbelastung mache er sich nicht: "Die gibt es überall, wir nutzen ja auch Mobiltelefone." Nach Herstellerangaben hat schon der Verzehr einer Banane aufgrund des darin enthaltenen Kaliums einen viermal höheren Strahlenwert als ein Ganzkörper-Scan mit der aktuellen Gerätegeneration.

Dass die Apparate kaum noch Verunsicherung auslösen, ist laut Mike Fazackerley, dem Kundendienstleiter des Flughafens, auch ein Ergebnis der transparenten Herangehensweise. Es habe anfangs einige "unvollständige" Medienberichte über die Scanner gegeben, blickt er zurück. Inzwischen habe man viele Journalisten und Interessensvertreter von Behinderten-, Kinderschutz- oder Transsexuellenverbänden herumgeführt. Zudem habe man Aufklärungsbroschüren herausgegeben, ein Einführungsvideo im Web veröffentlicht und große Informationsplakate am Flughafen selbst ausgehängt.

Dass sich eine Anschaffung der rund 150.000 US-Dollar teuren Geräte statt der mit 10.000 US-Dollar zu Buche schlagenden gängigen Detektoren im großen Stil mittelfristig rechnet, steht für Fazackerley außer Zweifel. Mitarbeiter könnten zwar nicht eingespart werden. Letztlich verbessere sich aber das Gefühl der Reisenden, da sie etwa ihre Jacken anbehalten und weniger konfrontative Durchsuchungen über sich ergehen lassen müssten. Der geringere Stress bei der Kontrolle führe dann dazu, dass die Passagiere mehr Geld beim Shopping oder Kaffeetrinken ausgäben. Den Sicherheitsaspekt hält der Manager für weniger wichtig: "Die Scanner sind besser als das, was wir derzeit haben." Kriminelle versuchten aber gleichzeitig weiter, den Kontrolleuren und der zwei bis drei Millimeter unter die Haut gehenden Durchleuchtung einen Schritt voraus zu sein. Waffen oder Sprengstoff sind mit den Geräten in Manchester bislang nicht zutage gefördert worden. Dafür flog auf, dass eine Reisende 18.000 Pfund in einem Geldgürtel außer Landes schmuggeln wollte. (jk)