Datenschützer fordern klare Regeln bei Smart-Meter-Nutzung

Da detaillierte Verbrauchswerte einen tiefen Einblick in die Lebensgewohnheiten von Bürgern erlauben, müssten gesetzliche Regelungen hinsichtlich Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Smart-Meter-Daten geschaffen werden, fordern die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.

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Die zur Einführung intelligenter Verbrauchsmesser erlassenen Rechtsnormen im Energiewirtschaftsgesetz schützen die Privatsphäre von Bürgern nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder nur unzureichend. Da detaillierte Verbrauchswerte aus Wohnungen einen tiefen Einblick in die Lebensgewohnheiten erlauben, müsse ein enger gesetzlicher Rahmen hinsichtlich Erhebung, Verarbeitung und Nutzung solcher Daten geschaffen werden.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben sich auf ihrer 80. Konferenz am gestrigen Donnerstag in Freiburg gegen einen Wildwuchs intelligenter Stromzähler ausgesprochen. Seit Anfang 2010 sind Neubauten und renovierte Gebäude mit "Smart Metern" auszurüsten, die den aktuellen Energieverbrauch im Sekundentakt aufzeichnen können, schreiben die Hüter der Privatsphäre in ihrer Entschließung. Zugleich warnen sie: "Solche digitalen Messgeräte erfassen sensible Verbrauchswerte aus Wohnungen wie Strom und Gas und gewähren dadurch tiefen Einblick in die Lebensgewohnheiten der Betroffenen" und brächten "ein hohes Ausforschungspotenzial" mit sich.

Die detaillierte Erfassung des Energieverbrauchs könne zu tiefgreifenden Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen führen und sowohl das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch die verfassungsrechtlich garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung beeinträchtigen, führen die Datenschützer weiter aus. Durch die langfristige Aufzeichnung, die Verknüpfungsmöglichkeiten derartiger Verbrauchsprofile mit anderen Daten und ein Auslesen der Daten per Fernzugriff seien weitere Gefährdungen der Privatsphäre der Betroffenen zu befürchten.

Die zur Einführung der neuen Verbrauchsmesser bisher erlassenen Rechtsnormen im Energiewirtschaftsgesetz schützen die Privatsphäre der Betroffenen nach Auffassung der Konferenz nur unzureichend. Es müsse daher dringend nachgebessert und beim Betrieb effizienter Versorgungsnetze den Persönlichkeitsrechten "absolute Priorität" eingeräumt werden. Die Datenschützer sprechen sich daher für eine "gesetzliche Regelung für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der durch digitale Zähler erhobenen Verbrauchsinformationen" aus. Eine solche Bestimmung müsse die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen berücksichtigen und "eine strikte Zweckbindung der erhobenen personenbezogenen Daten vorschreiben".

Konkret sei etwa sicherzustellen, dass detaillierte Verbrauchswerte von Endgeräten unter ausschließlicher Kontrolle der Nutzer verarbeitet und "nicht mit direktem oder indirektem Personenbezug an Dritte übermittelt werden". Die Inanspruchnahme umweltschonender und kostengünstiger Tarife dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass Betroffene personenbezogene Nutzungsprofile offenbaren. Für digitale Zähler und intelligente Verteil- und Verarbeitungsnetze in Form von "Smart Grids" sind laut dem Beschluss "technische und organisatorische Maßnahmen nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik zu schaffen, die insbesondere die Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Transparenz" bei der Verarbeitung aller Energieverbrauchs- oder Steuerungsdaten sicherstellen. Dazu gehörten auch geeignete Verschlüsselungsmaßnahmen. Die Anforderungen an den technischen Datenschutz und die IT-Sicherheit seien durch "verbindliche Standards festzuschreiben, die der Sensitivität der Daten und den zu erwartenden Missbrauchsrisiken Rechnung tragen". Für die Gesamtsysteme sei ein "integriertes Datenschutz- und Sicherheitsmanagementsystem" aufzubauen.

In einer Forsa-Umfrage äußerten zuvor 59 Prozent der Befragten "große" oder "sehr große" Bedenken, dass sie bei Einbau eines digitalen Zählers nicht kontrollieren könnten, was mit ihren Stromverbrauchsdaten passiert. Auch Experten wie der Jurist Patrick Breyer halten gerade vor dem Hintergrund von Berichten, wonach Call-Center-Mitarbeiter bereits Zugriff auf die personenbezogenen Informationen hätten, ein Tätigwerden des Gesetzgebers für nötig und haben bereits entsprechende Formulierungsvorschläge (PDF-Datei) ins Gespräch gebracht. (pmz)