EU-Rat will weitere Auszeit bei Softwarepatenten zulassen

Die offizielle Verabschiedung der Ratsposition zur Richtlinie über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" soll um eine Woche verschoben werden.

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Von
  • Stefan Krempl

Die luxemburgische Ratspräsidentschaft hat sich nach Informationen aus Diplomatenkreisen dazu bereit erklärt, die geplante offizielle Verabschiedung der umstrittenen Position des Ministergremiums zur Richtlinie über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" noch einmal um eine Woche zu verschieben. Statt vom Agrar- und Fischereirat am Montag soll der im Mai unter Mühen festgezurrte Standpunkt demnach am 31. Januar im Rat für Allgemeine Fragen und Außenbeziehungen abgenickt werden. Von der weiteren Verzögerung könnten vor allem die Befürworter eines völligen Neustarts des nun fast seit drei Jahren laufenden Gesetzgebungsverfahrens im EU-Parlament profitieren.

Einmal mehr hat die polnische Regierung Druck auf die Luxemburger gemacht. So verschwand der avisierte Punkt nach Auskunft deutscher Ministeriumsvertreter am gestrigen Freitagmittag von der Agenda des Agrarrates. Mehr als eine Woche Aufschub wollte die Ratspräsidentschaft den Polen aber nicht zugestehen. In dem neuen Beitrittsland hatte sich im Lauf der Woche das EU-Komitee der Regierung nachdrücklich für eine Verschiebung eingesetzt, da die Position Polens zum bisherigen Ratsstandpunkt noch nicht endgültig abgestimmt sei.

Der europäische Hightech-Branchenverband EICTA, dem Konzerne wie Microsoft, Nokia, SAP oder Siemens angehören, reagierte enttäuscht auf die Fristverlängerung. Die "Unsicherheit" für Unternehmen werde nach den vielen Monaten der Behandlung des Richtlinienvorschlags nun noch weiter andauern, hieß es bei EICTA. Die Industrie benötige den erweiterten Patentschutz für echte, Software einsetzende Erfindungen dringend. Ein Sprecher des Fördervereins für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) begrüßte die Gnadenfrist dagegen als "positiv".

Entscheidend sind laut Softwarepatentgegnern nun die weiteren Verhandlungen im Europaparlament zu einem Ausweg aus der festgefahrenen Situation. Im ständigen Hin und Her des Rats sieht Florian Müller, Manager der Kampagne NoSoftwarepatents.com, gar ein Zeichen dafür, dass das Ministergremium "förmlich um einen Neustart des Verfahrens bettelt". Diese "Einladung" müssten die Abgeordneten annehmen. Dies gelte vor allem für prominente Unionspolitiker im EU-Parlament, die bislang Bedenken gegen einen Neuanfang vorgebracht hatten, sagte Müller. Sie könnten als mit Abstand mächtigste Fraktion nun dem "unsäglichen" Ratstext "den Todesstoß versetzen". Sollte das Ministergremium Ende Januar tatsächlich öffentlich eine ablehnende Position beziehen, bliebe den Parlamentariern eine Frist bis zum Anfang der dann folgenden Plenarwoche am 21. Februar für die Beantragung eines Neubeginns. (Stefan Krempl) / (ad)