Digitalfunk: Bundeswehr ordert Tetrapol-Systeme bei EADS

Das Verteidigungsministerium bestellt 30 mobile Systeme mit dem Funkstandard, der in der NATO verbeitet ist. Für Polizei und Feuerwehr bietet EADS hingegen die konkurrierende Tetra-Technik an.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die Bundeswehr hat 30 mobile digitale Funksysteme im Tetrapol-Standard sowie 10.000 Endgeräte, Zubehör und eine Ausbildungsanlage beim europäischen Mischkonzern EADS bestellt. Der Beschaffungsvertrag "TETRAPOLBw" hat nach Unternehmensangaben einen Gesamtwert von rund 55 Millionen Euro und soll bis Ende 2007 abgewickelt sein. Einzelne Tetrapol-Systeme von EADS nutzt die Bundeswehr bereits im Rahmen ihrer Einsätze in Afghanistan und im Kosovo. Die Streitkräfte sollen mit TETRAPOLBw ein mobiles, zelluläres Kommunikationssystem erhalten, um "auf allen taktischen Kommunikationsebenen" abhörsicher kommunizieren zu können.

Nach Angaben von EADS wird der Tetrapol-Standard bereits von Streitkräften anderer NATO-Bündnisstaaten eingesetzt. In dem über Jahre verschleppten Ausschreibungsverfahren für ein Digitalfunknetz für die "Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben" (BOS) setzt EADS jedoch auf den TETRA-Standard, der auf der Luftschnittstelle nicht kompatibel zu Tetrapol ist. Dieser wird von der Polizei gegenüber Tetrapol bevorzugt -- unter anderem deshalb, weil TETRA herstellerübergreifend zertifiziert und bei zahlreichen Blaulichtorganisationen in Europa bereits eingesetzt wird. Um seine Chancen in der Ausschreibung für den BOS-Funk zu wahren, hatte Tetrapol-Entwickler und de-facto-Alleinanbieter EADS die TETRA-Sparte von Nokia übernommen und im Juli auch die Erlaubnis der Europäischen Kommission für die Akquisition erhalten.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen zählt die Bundeswehr nicht zu den BOS und muss daher ihre Anschaffungen nicht mit Institutionen wie Polizei und Feuerwehr abstimmen. Vergaberechtlich genießen die Streitkräfte, die dem Bundesverteidigungsministerium unterstehen, weit größeren Spielraum als die BOS, die für ihr gemeinsames Beschaffungsvorhaben im Digitalfunk auf einen Konsens des Bundes mit allen sechzehn Bundesländern angewiesen sind. Allerdings wurde in der Debatte um den Einsatz der Bundeswehr für zivile Aufgaben wie die Hochwasserbekämpfung ein gemeinsamer Digitalfunkstandard für Bundeswehr und BOS gewünscht. Entsprechende Überlegungen hatte EADS-Lobbyist und FDP-Mann Arne Schönbohm, Sohn des Ex-Generals und brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm (CDU), 2004 angestellt. Auch nach den Bombenanschlägen von London im Juli wurde der Ruf laut, die Streitkräfte in die Terrorabwehr zu integrieren. Immerhin scheint es technisch möglich, die Kommuniktion zwischen technisch verschiedenen Funknetzen über die Leitstellen herzustellen: Anlässlich der Reiterspiele CHIO in Aachen hatte EADS die Zusammenschaltung von TETRA und Tetrapol sowie dem zurzeit noch verbreiteten Analogfunk demonstriert.

Zur Ausstattung der Behörden und Organsiationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) mit Digitalfunktechnik siehe auch: (ssu)