Kernel-Log – Was 3.1 bringt (3): Architektur, Infrastruktur, Virtualisierung

Linux 3.1 enthält alles Nötige zum Weiterreichen von PCI-Geräten an Xen-Gäste; KVM bietet rudimentäre Unterstützung für Nested Virtualization bei Intel-CPUs. Unter den unterstützten CPU-Plattformen ist nun auch die Open-Source-Prozessor-Architektur OpenRISC.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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In der Nacht von Montag auf Dienstag hat Linus Torvalds die sechste Vorabversion von Linux 3.1 bei Github gekennzeichnet; aufgrund von Mail-Problemen erreichte die Ankündigung des RC6 die LKML erst am Mittwoch. Torvalds erwähnt dort, es habe nur etwas mehr als hundert Änderungen gegeben und die Entwicklung sei ziemlich ruhig gewesen. Diese Ruhe dürfte ein Nebeneffekt der Wartungsarbeiten sein, der der Einbruch bei Kernel.org erzwungen hat: Wegen ihnen sie müssen die Kernel-Entwickler ihre Arbeitsweisen anpassen.

Das Kernel-Log nimmt das Fortschreiten der Linux-3.1-Entwicklung zum Anlass, die Mini-Serie "Was 3.1 bringt" mit der Beschreibung der Neuerungen rund um Architektur, Infrastruktur und Virtualisierung fortzusetzen. Den Anfang dieser Artikel-Reihe hat eine Übersicht der Änderungen im Netzwerkbereich gemacht, bevor es mit Neuerungen bei Storage und Dateisystemen weiter ging. Den Abschluss der Reihe wird in Kürze ein Artikel zu Treibern bilden.

Nachdem Linux 3.0 die letzten essenziellen Komponenten zur Zusammenarbeit mit dem Xen-Hypervisor als Dom0-System erhielt, folgt mit Version 3.1 eine Reihe optionaler Funktionen. So kann der Kernel nun die Kontrolle des VGA-Textmodus vom Xen-Hypervisor erhalten, damit der Dom0-Kernel auch Bildschirmausgaben tätigen kann. Dank Aufnahme des Xen-PCI-Backend kann der Kernel PCI/PCIe-Geräte an Xen-Gäste durchreichen (u. a. 1, 2); neu ist auch SR-IOV-Unterstützung für paravirtualisierte Gäste. Durch den neuen Hotplug-Support im Xen-Balloon-Treiber lässt sich die einem Xen-Gast zugeteilte Speichermenge nun einfacher zur Laufzeit anpassen; durch ausgebaute Xen-Unterstützung für Transcendent Memory beherrscht der Kernel jetzt "self-ballooning" und "frontswap-selfshrinking" (u. a. 1, 2).

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Einbruchsfolgen

Nach dem Einbruch bei Kernel.org führen die Administratoren derzeit Wartungsarbeiten durch, daher sind das normalerweise dort liegende Git-Depot mit den Kernel-Quellen und dessen Webfrontend derzeit nicht erreichbar. Viele der Links im nebenstehende Artikel verweisen daher ausnahmsweise auf das Webfrontend der Kernel-Quellen bei Github, wo Linus Torvalds Linux vorübergehend weiterentwickelt, bis Kernel.org wieder in Betrieb ist.

KVM bietet jetzt grundlegende Funktionen, um auf Intel-Prozessoren Gastsysteme aus einem anderen Gastsystem heraus zu starten (Nested Virtualization) (u. a. 1, 2). Zudem können KVM-Gäste die CPU-Funktion SMEP (Supervisory Mode Execute Protection) nutzen, eine der Neuerungen in Intels nächster Prozessorgeneration Ivy Bridge. Der experimentelle und standardmäßig ausgeschaltete Zero-Copy-RX-Support für Macvtap und Vhost-net sollte die Netzwerkperformance beim Virtualisieren verbessern, da sie den Verwaltungs-Overhead beim Austausch oder Weiterleiten von Daten via Netzwerk reduziert. Ferner gab es einige als "Steal Time Support" entwickelte Umbauten am Zeitgeber-Code von KVM (u. a. 1, 2); neu ist auch die Unterstützung, um KVM auf 64-bit-Book-3S-CPUs wie dem POWER7 im Hypervisor Mode einzusetzen.

Zur Aufnahme in das Tools-Verzeichnis war das im Frühjahr vorgestellte "Native KVM Tool" vorgeschlagen, das ähnlich wie Qemu-KVM die Emulation einiger Hardware-Komponenten für Gastsysteme übernimmt. Nachdem einige Kernel-Entwickler die Aufnahme in Frage gestellt haben, ließ Torvalds es in diesem Merge Window außen vor. Einer der Kritiker hat in Folge der Diskussion ein Skript veröffentlicht, um ähnlich wie mit dem Native KVM Tool schnell einen selbst gebauten Kernel testen zu können.