Cebit

Microsoft und Otto kooperieren beim E-Commerce

Gemeinsam wollen der Software- und der Handelsriese das "Shopping Experience der Zukunft" über sämtliche vernetzte Plattformen vorantreiben.

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Der weltgrößte Softwarekonzern und das weltgrößte Versandhandelsunternehmen machen künftig beim Online-Shopping gemeinsame Sache und wollen den E-Commerce über sämtliche vernetzte Plattformen auf eine neue Stufe heben. Microsoft und Otto streben "neue Standards für unsere gemeinsamen Kunden" an, erklärte Rainer Hillebrand, Vorstand Vertrieb, Marketing und E-Commerce bei Otto bei der Verkündung der "langfristig ausgerichteten Partnerschaft" am heutigen Montag in Berlin. Das Online-Einkaufen soll "immer einfacher, informativer, persönlicher, unterhaltsamer und sicherer" werden. Im Vordergrund stehe ein "Technologie- und Know-how-Austausch" zwischen den beiden Größen. Darüber hinaus wollen sich Microsoft und Otto auch gegenseitig bei Marketing und Vertrieb unterstützen.

Im Visier haben die beiden Konzerne die Entwicklung multimedialer Lösungen für das künftige digitale "Shopping Experience" in Europa. Diese sollen laut Hillebrand Online-Bestellungen "vom PC über mobile Lösungen bis hin zum Fernseher ohne technische Hürden möglich machen". Als Pilotprojekt wollen sich die beiden neuen Partner auf den boomenden Tele-Shopping-Markt stürzen. Bei diesem "T-Commerce" geht Hillebrand von einem Potenzial von bis zu 5,9 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2009 aus. Von jedem Fernsehgerät aus wird das versprochene digitale Shopping allerdings nicht möglich sein: Interessenten brauchen dafür ein Multimediagerät mit Windows XP Media Center 2005 als Betriebssystem, das momentan mindestens 600 Euro kostet. Seit dem Verkaufsstart der Wohnzimmersoftware im Herbst sind nach Angaben von Jürgen Gallmann, dem Chef von Microsoft Deutschland, etwa 400.000 damit bestückte Boxen im Markt.

Eine Betaversion der neuen Einkaufsumgebung führte Gallmann in Berlin vor. Bei der Vorführung der Funktionsmöglichkeiten des Systems präsentierte er den Link auf den geplanten Otto-Shop als gesonderten Punkt im Startmenü des Media Center. Dahinter befindet sich eine weitere bunte Auswahlleiste zu Regionen wie "Top-Angebote", "Prozente" oder "Direktbestellung" über bereits bekannte Artikelnummern. Dazu kommt eine "Movie Collection", in der man sich etwa Werbespots für Otto anschauen kann. Die "Arbeitsfassung" des neuen Shops will Microsoft auf der kommenden CeBIT präsentieren. Voll funktionstüchtig soll er bis zur Funkaustellung im September in Berlin sein.

Microsoft will die Zusammenarbeit mit Otto in seine "Smarter Retailing"-Initiative einbetten, in deren Rahmen Microsoft für Handelspartner die Einkaufspräferenzen der Kunden besser herausfinden will. Verzahnt werden soll die Kooperation zudem mit Gallmanns Aktion "Deutschland sicher im Netz". Denn der E-Commerce "funktioniert nur, wenn es Vertrauen in die Nutzung des Internet gibt", weiß der Manager. Daher gelte es, "nicht nur die Produkte zu verbessern, sondern auch die Aufklärung bei den Nutzern zu erhöhen".

Klare Umsatzerwartungen an den Einstieg in den T-Commerce gibt es bei Otto nicht. "Wir haben keinen Business-Plan dahinter gestellt", bekannte Hillenbrand und fügte nicht ohne Stolz hinzu: "Unser Erfolg in den interaktiven Medien basierte immer darauf, als erste im Markt zu sein." Gallmann stärkte seinem Partner den Rücken: "Deutschland muss wieder eine Ausprobier-Mentalität bekommen", erklärte der Microsoft-Manager. Da müsse man auch mal ein Risiko eingehen. Als wichtigen Erfolgsfaktor der neuen Applikation bezeichnete er auf neudeutsch die "aus Windows kommende Experience" am Fernseher, die vom Arbeitsplatz her bereits bekannt sei.

Otto selbst fährt bislang gut mit seinen Ausrichtung auf die vernetzte Welt: Der Konzern erwartet im Geschäftsjahr 2004/2005, das bis Ende Februar läuft, einen Umsatz in Höhe von 2 Milliarden Euro im E-Commerce und rechnet dort weiter mit zweifachen Wachstumsraten. Jeden fünften eingenommenen Euro verdient der Handelsriese bereits über das Internet. Im noch jungen Sektor Mobile Commerce kommt Otto auf rund 2 Millionen Euro Umsatz. (Stefan Krempl) / (anw)