Gerichtsverfahren gegen Googles neue Datenschutzregeln

Googles neue Datenschutzbestimmungen verstoßen nach Meinung der Bürgerrechtsorganisation EPIC gegen einen Verhaltenskodex, dem das Unternehmen unterliegt. Deswegen soll die US-Regulierungsbehörde FTC verpflichtet werden, gegen Google vorzugehen.

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Die Non-Profit-Organisation Electronic Privacy Information Center (EPIC) möchte die Einführung der neuen Datenschutzbestimmungen von Google stoppen. Dazu hat EPIC zwei Eingaben beim US-Bundesbezirksgericht in Washington D.C., gemacht. Gegner ist dabei aber nicht Google, sondern die Regulierungsbehörde FTC (Federal Trade Commission). Sie soll dazu gezwungen werden, ihre eigene Anordnung gegenüber Google gerichtlich durchzusetzen. Google plant zum 1. März jene Regeln grundlegend zu ändern, nach denen es Nutzerdaten auswertet. Unter anderem sollen persönliche Informationen aus bisher getrennt verwalteten Diensten zusammengeführt werden.

Dies widerspricht nach Ansicht von EPIC aber jenem Verhaltenskodex, der Google von der FTC vergangenen Oktober auferlegt wurde. Diese Vorschriften waren das Ergebnis einer EPIC-Beschwerde über massive Datenschutz-Lücken bei der Einführung von Googles Twitter-Konkurrenten "Buzz". Google hatte damals öffentlich Preis gegeben, mit welchen E-Mail-Adressen der jeweilige Googlemail-Nutzer am häufigsten kommunizierte. Eine Zustimmung hatte Google dazu nicht eingeholt. Zudem wurden jene Googlemail-User, die eine Teilnahme an Buzz ablehnten, in die Irre geführt, indem bestimmte Buzz-Features dennoch aktiviert wurden. Nach einem längeren Verfahren wurden Google eine Reihe von Datenschutz-Auflagen gemacht. Zudem musste Google 8,5 Millionen US-Dollar (6,4 Millionen Euro) zahlen.

Die Erklärung der Zusammenführung

Die FTC sei rechtlich verpflichtet, ihre Anordnung durchzusetzen, habe bislang aber nichts unternommen, bemängelt EPIC. Die Datenschutzorganisationen hat daher bei Gericht einen Antrag auf Einstweilige Verfügung (PDF) sowie eine formelle Beschwerde (PDF) gegen die FTC eingebracht. Die Behörde soll verpflichtet werden, Google anzuklagen. Dabei würde Google je Verletzung der FTC-Anordnung ein Vertragsstrafe von maximal 16.000 US-Dollar (rund 12.000 Euro) drohen.

In dem Antrag auf Einstweilige Verfügung listet EPIC die behaupteten Verfehlungen Googles gegen die FTC-Anordnung detailliert auf. Demnach stelle Google in seinen Ankündigungen die Datenschutzbestimmungen falsch dar, und erläutere nicht ausreichend, dass die Nutzerdaten zum Vorteil der Werbekunden zusammengeführt werden. Die von Google versandte E-Mail erwähne Werbung nicht einmal, sondern stelle lediglich Features mit verbesserten Funktionen für die Nutzer in Aussicht. Ähnliches gelte für Googles einschlägigen Blogeintrag. Eine Anleitung, wie Kunden die Zusammenführung ihrer Daten verhindern können, fehle gänzlich.

Darüber hinaus behaupte Google, das Safe Harbour Abkommen zwischen der EU und den USA zu erfüllen. Dies sei irreführend, weil die EU-Behörden ihre Bewertungsverfahren noch gar nicht abgeschlossen haben. Die Datenschutzbeauftragten der EU-Mitgliedsstaaten hatten Google bereits aufgefordert, mit den Änderungen zu warten, bis eine rechtliche Untersuchung der neuen Regeln abgeschlossen ist. Der Konzern hat solch einen Aufschub aber abgelehnt.

Die neuen Regeln würden EPIC zufolge Werbetreibenden Zugriff auf Daten ermöglichen, die ihnen bislang nicht zur Verfügung standen. Konkret könnten Anzeigen in allen Google-Diensten zukünftig auch danach ausgerichtet werden, wie der jeweilige User die Websuche sowie YouTube in der Vergangenheit genutzt hat. Dafür müsse Google laut FTC-Anordnung aber von jedem Betroffenen seine ausdrückliche Zustimmung einholen.

Weiterhin erinnert EPIC daran, dass die FTC Google verpflichtet hat, umfassende Datenschutzbestimmungen zu erlassen. Diese müssen auf "die Risiken für die Privatsphäre in Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Management neuer und bestehender Produkte und Dienste für Konsumenten" eingehen. Außerdem sollen sie "die Privatsphäre und Vertraulichkeit der betroffenen Informationen schützen." Die neuen Bestimmungen würden aber neue Risiken für Privatsphäre und Sicherheit mit sich bringen, zudem versage der Schutz der Vertraulichkeit. Mit ihrer Auflage habe die FTC auf die Zusammenführung der Daten aus den zwei Diensten Gmail und Buzz reagiert. Folglich dürften die damals erlassenen neuen Bestimmungen nicht dazu führen, dass Daten aus noch viel mehr Google-Diensten zusammengeführt würden.

[Update: In einer Stellungnahme gegenüber heise online hat Google mittlerweile auf die Vorwürfe von EPIC reagiert. Demnach nehme das Unternehmen den Datenschutz sehr ernst und sei jederzeit bereit, konstruktive Gespräche über seine aktualisierte Datenschutzerklärung zu führen. EPIC liege jedoch falsch, wenn es um die Fakten und das Gesetz gehe.

Google versichert, dass die private Informationen der Nutzer privat bleiben und nichts an der Art und Weise geändert werde, wie persönliche Daten ausserhalb von Googles Diensten geteilt werden. Außerdem habe man die größte Aufklärungskampagne in der Geschichte Googles durchgeführt. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Nutzer verschiedene Möglichkeiten und genügend Zeit haben, um sich über Googles neue Datenschutzerklärung zu informieren. Weiterhin biete man Wahl- und Kontrollmöglichkeiten für die Nutzung der Dienste an. Man habe ein "erstklassiges Programm zur Einhaltung von Datenschutzgrundsätzen erstellt" und sei zuversichtlich, dass das nach Prüfungen durch Dritte bestätigt werde.] (mho)