Qualcomm verklagt Nokia wegen Patentverletzungen

Neue Runde im Patentstreit der Mobilfunk-Pioniere: Qualcomm zufolge nutzen die Finnen in ihren GSM-/GPRS- und EDGE-Produkten unberechtigt Patente, die die US-Firma ursprünglich für CDMA-Mobilfunk entwickelt hatte.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der US-Mobilfunkausrüster Qualcomm hat gegen seinen finnischen Wettbewerber Nokia Klage wegen Patentverletzung erhoben. Vor einem US-Bundesgericht in San Diego hat das kalifornische Unternehmen am 4. November die Finnen wegen der Verletzung von Patenten in elf Fällen sowie wegen eines Verstoßes gegen die Patentrechte seines Tochterunternehmens SnapTrack eingereicht, teilte Qualcomm heute mit.

Qualcomm zufolge nutzt Nokia in GSM-basiertem Mobilfunk-Equipment Technologien und Verfahren, für die die Kalifornier Patentschutz beziehungsweise die Zahlung von Lizenzgebühren reklamieren. Steine des Anstoßes sind für Qualcomm vor allem die für GSM-Netze entwickelten Datenübertragungsverfahren GPRS und EDGE. Der GSM-Standard basiert auf einer Kombination aus Frequenz- und Zeitmultiplexing (FDMA beziehungsweise [# 1058 TDMA]). Von Europa aus hat der von der Groupe Speciale Mobile entwickelte Standard – seit langem in Global System for Mobile Communications umgetauft – in aller Welt Verbreitung gefunden. Vor allem in Nordamerika konkurriert die GSM-Standardfamilie mit CDMA-basierten Mobilfunknetzen. Qualcomm war führend bei der Entwicklung dieses Codemultiplexverfahrens. Code Division Multiple Access gilt als frequenzökonomischer als FDMA- und TDMA-Verfahren – ein Grund dafür, dass alle 3G-Mobilfunkstandards wie WCDMA oder CDMA2000 Codemultiplex nutzen.

In seiner Klage argumentiert Qualcomm, dass die finnischen GSM-Entwickler, getrieben von der Konkurrenz durch CDMA und das Aufkommen mobiler Datendienste, im Fall von GPRS und EDGE auf CDMA-spezifische, patentierte Verfahren der Kalifornier zurückgegriffen haben, ohne hierfür bei Qualcomm Lizenzen zu erwerben. Sechs der laut Qualcomm durch Nokia verletzten Patente spielen auch eine Rolle im Streit zwischen Qualcomm und US-Konkurrent Broadcom: Der Chiphersteller hatte seinerseits Qualcomm Verletzung von Patentrechten und Wettbewerbshinderung vorgeworfen, um postwendend wiederum von Qualcomm verklagt zu werden. Auch Nokia hatte Ende Oktober – gemeinsam mit weiteren Mobilfunkausrüstern und Chipherstellern wie Broadcom und TI – gemeinsam Beschwerde gegen Qualcomm bei den EU-Kartellwächtern erhoben.

Laut Qualcomm-Chefsyndikus Louis M. Lupin hat sein Unternehmen einige Zeit mit Nokia nach einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts gesucht, doch betrachtet Lupin die Chancen dafür inzwischen als gering. Schon vor seinem Einstieg in die Mobilfunk-Branche waren konstant fließende Lizenzeinnahmen ein wesentlicher Bestandteil des Qualcomm-Geschäftsmodells, mit dem die Kalifornier seit einiger Zeit hohe Profite erzielen. Auffällig ist zudem, dass Qualcomm Funktechniken, an denen das Unternehmen selbst keine Patente hält, wenig Gutes abgewinnen kann. So sah Qualcomm-CEO Irwin Jacobs Ende Mai im allgemein als viel versprechend gehandelten Wimax-Standard keine Alternative zum 3G-Mobilfunk. (ssu)