Bundesrat macht Druck bei der TK-Vorratsdatenspeicherung

Der Länderkammer zufolge sollen die elektronischen Spuren der EU-Bürger mindestens zwölf Monate lang aufbewahrt werden. Zudem stimmte der Bundesrat für die Verlängerung der Kommunuikations-Überwachgungsbefugnisse des Zollkriminalamts.

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Der Bundesrat hat sich in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag mehrheitlich dafür ausgesprochen, die elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger mindestens zwölf Monate lang zu konservieren. Insbesondere liegt der Länderkammer dabei an der Speicherung von Informationen über die Internet-Nutzung. Die weltweite Struktur des Datennetzes werde von Kriminellen gezielt missbraucht, "um Straftaten unter Einbeziehung von Rechnern im Ausland zu begehen", sorgt sich der Bundesrat. Daher stoße selbst eine zwölfmonatige Speicherfrist an Grenzen, "weil Tatverdächtige beispielsweise erst zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens festgestellt werden können". Zudem drängen die Länder darauf, dass auch Daten über fehlgeschlagene Verbindungen oder aus dem "Stand by"-Betrieb vernetzter Geräte in die in Brüssel geplante pauschale Überwachungsmaßnahme einbezogen werden. Nur so sei "eine Verflechtung in kriminellen oder terroristischen Netzwerken lückenlos feststellbar".

Die Empfehlungen der Länderkammer sind zunächst an die Bundesregierung gerichtet, die sie in die weiteren Verhandlungen um die Einführung einer Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene einbringen soll. Bei dem Vorhaben von EU-Rat und EU-Kommission geht es um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Telefondaten will die Kommission laut ihrem Richtlinienentwurf zwölf, Internetdaten sechs Monate aufbewahrt wissen. Die Bundesregierung selbst hat sich bereits – entgegen dem bislang letzten offiziellen Votum des Bundestags -- für eine sechsmonatige Speicherfrist der Daten aus beiden Bereichen ausgesprochen.

Im Bundesrat konnten sich mit dem Votum vor allem die Innenpolitiker durchsetzen. Die Länderkammer begrüßt nun den Richtlinienvorschlag der Kommission prinzipiell, fordert aber Verschärfungen und Korrekturen. Eine umfangreiche Pflicht für die Sicherheitsbehörden zur Erstellung von Statistiken mit einer Vielzahl von Einzelinformationen über die Nutzung der gewünschten Datenhalden lehnt sie etwa genauso ab, wie die von der Kommission vorgesehene "weit gehende Kostenerstattungspflicht". Providervertreter hatten angesichts dieser sich bereits abzeichnenden Haltung des Bundesrates von einem "Schlag ins Gesicht" der betroffenen Unternehmen gesprochen.

Am liebsten wäre es den Ländern zudem, wenn die Überwachungsmaßnahme über einen Rahmenbeschluss des Rates eingeführt würde. Damit hätte das EU-Parlament kein Mitspracherecht mehr. Der federführende Ausschuss dort hat gerade eine Reihe von Änderungen an der Gesetzesvorlage angemahnt, laut denen etwa Verbindungsdaten bei E-Mail oder bei der Internet-Telefonie nicht zu erfassen wären. Dies ist dem Bundesrat ein Dorn im Auge. So ließen die Landespolitiker mehrere Empfehlungen ihres Wirtschaftsausschusses fallen, die unter anderem für eine Begrenzung der Speicherfristen auf drei Monate plädiert hatten. Mit der entscheidenden Plenarabstimmung der EU-Abgeordneten wird Mitte Dezember gerechnet.

Auch anderweitig hielten sich die Länderfürsten auf Überwachungskurs. So haben sie in allgemeinem Konsens einen eilbedürftigen Gesetzesentwurf der alten Bundesregierung für gut geheißen, mit dem die umstrittenen Befugnisse des Zollkriminalamts zur präventiven Überwachung von Post und Telekommunikation um weitere zwei Jahre verlängert werden sollen. Bürgerrechtler sehen in der unkorrigierten Beibehaltung des Gesetzes einen klaren Verstoß gegen die Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil zum Großen Lauschangriff den Kernbereich der Intimsphäre für sakrosankt erklärt und wenig später eine – bislang nur provisorisch erfolgte – Reform der Überwachungsregeln für den Zoll für unabdinglich erklärt. Die Meinung des Bundesrates in dieser Angelegenheit wird nun zurück an die Bundesregierung geleitet, bevor sich dann auch der Bundestag mit der geplanten Gesetzesverlängerung befassen muss.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)