Die Allianzen stehen wieder

Microsofts Touch-Krise in den vorigen Jahren ließ die alte Wintel-Allianz sterben, die Gerätehersteller mussten sich neue Partner suchen. Nun mit Windows 8 sieht es so aus, als wäre alles wieder früher. Doch das stimmt nicht ganz.

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Windows 8 war während der Computex überall zu sehen, auf Desktop-PCs, Notebooks und Tablets. Das war in den vorigen beiden Jahren anders, als der Tablet-Boom und Microsofts Unfähigkeit, ein passendes Betriebssystem zu liefern, neue Allianzen entstehen ließ: 2010 haben alle Beteiligten nach geeigneter Hardware und Software gesucht, um Apples iPad Paroli zu bieten. 2011 wurden die ersten Fortschritte sichtbar, auch wenn sich auf beiden Gebieten kein Favorit etablierte; auf Seiten des Betriebssystems keimten die ersten Hoffnungen Richtung Windows 8 auf, wurden Probleme bei Android sichtbar, während die Suche nach Alternativen weiter ging.

Und in diesem Jahr fehlte Android fast völlig bei den großen Spielern, und auch auf den Pressekonferenzen von Acer, Asus, Intel und AMD: Überall war nur von Windows 8 die Rede. Die alten Allianzen scheinen also wieder zu stehen, Intel und AMD liefern die Prozessoren, Microsoft das Betriebssystem. Die PC-Hersteller müssen das alles nur umsetzen und können sich wieder eigene Innovationen sparen. Intel erklärt ihnen in den Ultrabook-Papers, wie sie Notebooks zu bauen haben, Microsoft schreibt ihnen haarklein vor, wie ein Tablet auszusehen hat, damit er richtig funktioniert. Wie früher, zu Centrino-Zeiten, nur noch stärker reglementiert.

Der Asus-Chef Jonney Shih hat eine ganze Reihe Geräte mit Windows 8 gezeigt.

Doch die Zeit ohne Wintel-Führung hat ein paar Spuren hinterlassen. Asus kann durchaus als einer der Gewinner zählen, bewies das Unternehmen doch eine Innovationsfähigkeit bei Android, die sich nun auch bei Windows auszahlt: Die Anstecktastaturen der Transformer-Tablets gibt es nun auch für Windows-Tablets, während die unterschiebbare Tastatur des Android-Tablets Eee Pad Slider sich offensichtlich nicht für eine Weiterentwicklung qualifizierte. Durch diese Erfahrungen blieben nun genügend Ressourcen für weitere Ideen wie das Doppel-Display und das Riesen-Tablet übrig. Acer hat immerhin einige Android-Tablets am Start.

Das Gigabyte X11 wiegt 975 Gramm, weniger als alle anderen Ultrabooks, aber es ist nicht das leichteste Subnotebook überhaupt.

Gigabyte ist hingegen ein Beispiel für fehlende eigene Innovationen: Ein Android-Tablet gab es nicht, sondern nur einen eher grobschlächtigen x86-Slider für Windows 7, der kein Windows-8-Logo bekommen dürfte. Das Ultrabook X11 nach Intel-Vorgaben wiederum ist gut gelungen und sticht durch sein äußerst niedriges Gewicht aus der Masse hervor.

Toshiba hat auf der Intel-Pressekonferenz ein Tablet mit Slider-Tastatur vorgestellt.

Intel ist einerseits gestärkt, ist der Prozessorhersteller dank Windows 8 doch sowohl im Tablet-Markt vertreten als auch bei den neuen Hybriden aus Tablet und Notebook. Andererseits bleiben einige Probleme: Microsoft hat mit Windows RT, der ARM-Version, extra ein ganz neues Marktsegment für Nicht-Intel-Geräte geschaffen, und zwar das der günstigen Tablets und Hybriden, die mit iPad und Android konkurrieren sollen – genau von dem ursprünglichen Boom-Segment bleibt Intel also ausgeschlossen. Die paar Atom-Tablets dürften teurer werden, zudem droht bei den günstigen x86-Tablets von AMD Konkurrenz. Ganz rosig sieht es auch bei den Ultrabooks nicht aus, denn die kosten weiterhin zu viel, um satte Stückzahlen zu erzeugen.

AMDs Tablet-Hybride ist weiter von der Serienproduktion entfernt als die Prototypen mit Intel-Prozessor.

AMD hat es allerdings weiterhin schwierig. Günstige Ultrabooks – die dann nicht so heißen dürfen – mit AMD-Prozessoren wären eine Marktlücke, doch wer billig kaufen möchte für den ist selbst ein um 50 oder 100 Euro günstigeres Ultrabook noch zu teuer. Immerhin wird Samsung demnächst so etwas auf den Markt bringen, und auch die neuen günstigen Ultrabook-Serien von Acer und Asus schreien geradezu nach AMD-Varianten. Richtung Tablets konnte AMD allerdings außer einem eher uneleganten Prototypen nichts vorweisen. x86-Tablets zu Preisen, die mit den ARM-Geräten mithalten können, wären spannend, hätten sie gegenüber Windows RT doch den Vorteil, alle Software ausführen zu können.

Tablets wie der W700 von Acer werden sich nur gut verkaufen, wenn es genügend Metro-Apps gibt, die mit denen von iPad und Android mithalten können.

Microsoft geht auf den ersten Blick gestärkt hervor, weil sie nun wieder das auf den ersten Blick aufregendste und von allen Herstellern adaptierte Betriebssystem stellen, und weil die ARM-Unterstützung die Abhängigkeit von Intel verringert. Die meisten Android-Probleme tauchen nicht auf, einiges wie Musik- und Video-Streaming ist anders als bei Android direkt ins Betriebssystem eingebaut. Der Erfolg hängt allerdings zu einem großen Teil von der Zahl und Qualität der Metro-Apps, also der extra für die Touch-Oberfläche geschriebenen Anwendungen ab.

Auch auf All-in-One-PCs (hier ein 27-Zöller von Samsung) mit Touch laufen die Metro-Apps.

Immerhin haben die Entwickler viel Anreiz: Die Metro-Apps laufen nicht nur wie Android- oder iOS-Apps auf Tablets, sondern auch auf praktisch allen ab Herbst verkauften Notebooks und Desktop-PCs, zudem auf allen jetzt schon verkauften Rechnern, deren Besitzer ein Update durchführen. Doch ein Selbstläufer muss Windows 8 nicht werden. Ähnlich wie Windows Vista könnten viele Nutzer das Update verweigern oder beim Neukauf eine ältere Windows-Version installieren. Nur auf Rechnern mit Touch-Display kann Windows 8 seine Vorteile ausspielen, auf einem Tastatur/Maus-Desktop wirkt es hingegen eher umständlicher als Windows 7.

Dass Apps entscheidend sind, musste Microsoft auch beim Smartphone-System Windows Phone hinnehmen, das derzeit noch ein Flop ist. Ein Grund für die schlechte Akzeptanz ist die geringe Zahl der Anwendungen. Und auch der zweite Grund, nämlich hohe Gerätepreise, dürfte zumindest anfangs auch auf die Touch-Geräte mit Windows 8 zutreffen ... (jow)