Die Neuerungen von Red Hat Enterprise Linux 6.3

Das dritte Update bringt RHEL 6 neben zahlreichen Bugfixes Verbesserungen und neue Funktionen vor allem im Bereich Virtualisierung. So lässt sich jetzt die Zahl der einem Gastsystem zugeordneten CPU-Kerne zur Laufzeit vergrößern.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Red Hat bleibt seinem halbjährlichen Erscheinungsrhythmus für Updates von Red Hat Enterprise Linux treu und hat jetzt RHEL 6.3 freigegeben. Die dritte Überarbeitung von RHEL 6 enthält nicht nur die in letzter Zeit aufgelaufenen Fehlerkorrekturen, sondern bringt auch eine Reihe von Verbesserungen und neuen Funktionen.

So unterstützt RHEL ab 6.3 nun offiziell die Zuweisung von bis zu 160 Prozessorkernen und 2 TByte Arbeitsspeicher an Gastsysteme; bislang deckte der Support nur 64 Kerne und 512 GByte RAM ab. Das Spice-Protokoll zur Virtualisierung von Desktop-PCs erlaubt jetzt die Nutzung lokaler USB-2.0-Geräte, auch wenn das Desktop-Betriebssystem virtualisiert im Rechenzentrum läuft. Neu ist auch Unterstützung für SR-IOV (Single Root I/O Virtualization) bei Netzhardware, durch die Netzwerkchips virtuelle Netzwerkschnittstellen aufsetzen können, die man Gastsysteme zuweist.

Durch die neue "Dynamic virtual CPU allocation" (auch "vCPU hot plug" genannt) lässt sich die Zahl der einem Gastsystem zugeordneten CPU-Kerne nun zur Laufzeit vergrößern; ein Reduzieren im Betrieb ist bislang nicht möglich. Diese Funktion ist noch als Technology Preview eingestuft und wird vom Red Hat-Support daher nicht abgedeckt. Das gilt auch für Virtio-Scsi, das ähnlich wie Virtio-Blk eine Datenträgeremulation mit Qemu ermöglicht, bei der der Datenaustausch zwischen Host und Gast mit recht wenig Overhead erfolgt; das auch in Linux 3.4 eingeflossene Virtio-Scsi kann allerdings mehr als 25 Datenträger verwalten und über das QEMU-Device "scsi-block" auch SCSI-Datenträger vom Wirt an den Gast durchreichen.

Zusammen mit RHEL 6.3 bietet Red Hat erstmals das ISO-Image Virt-P2V an. Mit ihm lassen sich bootfähigeCDs oder USB-Sticks mit dem Werkzeug p2v erstellen, das Systemdatenträger eines auf physischer Hardware installierten Windows oder RHEL in ein Image verwandeln kann, das als KVM-Gast unter RHEL oder RHEV (Red Hat Enterprise Virtualization) läuft.

Der vom Logical Volume Manager verwendete Device Mapper im RHEL-Kernel bietet nun die in Linux 3.2 eingeflossenen Funktionen zum Thin Provisioning – kann also mehr Speicherplatz exportieren, als tatsächlich vorhanden ist. Darauf baut eine neue Snapshot-Funktionen auf, die nicht nur effizienter mit dem Speicherplatz umgehen und besser skalieren soll, sondern auch Snapshots von Snapshots ermöglicht. Beide Funktionen haben bei RHEL noch den Status eines Technology Preview.

Die Unterstützung zum Betrieb als SCSI Target via Fibre Channel over Ethernet (FCoE) legt mit Version 6.3 den Status des Technology Preview ab. Neu sind Funktion, durch die man RAIDs der Level 4, 5 und 6 über den Logical Volume Manager (LVM) einrichten kann; der greift dabei auf den Software-RAID-Code des Kernels zurück, der sonst typischerweise mit Mdadm administriert wird.

  • Der RHEL-6.3-Kernel enthält die in Linux 3.3 eingeflossene Cgroup-Controller Net_prio; Administratoren können über diese auch Network Priority Cgroup Infrastructure genannte Technik Prioritäten festlegen, mit der Prozesse einer Control Group (Cgroup) eine Netzwerk-Schnittstelle nutzen dürfen.
  • Der neue, als Technology Preview eingestufte Hintergrunddienst "Numda" soll dabei helfen, Systemressourcen bei Systemen mit einer Non-Uniform Memory Architecture besser auszunutzen.
  • Der SSH-Daemon kann vom Nutzer nun mehrere Arten der Authentifizierung verlangen – also nicht nur Passwort oder Publickey, sondern auch beides. Neu sind zudem Funktionen zur zentralen Verwaltung von SSH-Schüsseln.
  • Als Alternative zu OpenJDK 6 liefert Red Hat auch OpenJDK 7 als Technology Preview mit.
  • Auf x86-64-Systemen lässt sich nun das InnoDB-Plug-In von MySQL nutzen, das mehr Funktionen und bessere Performance bieten soll als die in MySQL eingebaute InnoDB-Storage-Engine.
  • Rsylogd hat einen Sprung auf die Versionsreihe 5 gemacht.
  • Die Unterstützung für Linux Container (LXC) und das in Kernel.org-Kerneln noch experimentell geltende Btrfs-Dateisystem behalten auch mit RHEL 6.3 des Status als Technology Preview; Oracle und Suse unterstützen in ihren Unternehmens-Distributionen beide Techniken seit rund drei Monaten offiziell.

Wie üblich hat Red Hat einige neue Treiber integriert und Dutzende aktualisiert. Der Netzwerktreiber Bnx2x beispielsweise unterstützt jetzt auch die Broadcom-Netzwerkbausteine der 578xx-Familie; der Treiber Enic für 10G-Ethernet-Chips von Cisco beherrscht SR-IOV und der Iwlwifi-Treiber für Intels WLAN-Bausteine versteht sich nun auch mit den WLAN-Chips der Serie Centrino Wireless-N 6235.

Neu dabei ist der Storage-Treiber Mtip32xx für die RealSSD P320h PCIe SSD Drives von Micron. Auch viele andere Storage-Treiber und die Alsa-Audio-Treiber hat der Linux-Distributor aufgefrischt. Die Grafiktreiber im Kernel sind nun ungefähr auf dem Stand der zweiten Vorabversion von Linux 3.3. Neu bei RHEL 6.3 ist die in Linux 3.2 eingezogene Unterstützung für die x86-Instruktion RDRAND, um darüber Zufallszahlengeneratoren anzusprechen, wie sie etwa Intels Ivy-Bridge-CPUs mitbringen.

Den Versionsstand vieler Treiber liefern die Release Notes, die auch zahlreiche weitere Neuerungen von RHEL 6.3 erläutern. Weitere Hintergründe und technische Details liefern die Technical Notes und die weitere Dokumentation zu RHEL 6. (thl) (thl)