Das zweite Service Pack für Suse Linux Enterprise 11

Mit dem zweiten großen Update tauscht Suse nicht nur den Kernel komplett gegen einen deutlich neueren aus, sondern bringt mit offizieller Unterstützung für Btrfs und Container-Virtualisierung Funktionen, die bei anderen Distributionen nicht zu finden sind.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Knapp drei Jahre nach der Vorstellung von Suse Linux Enterprise 11 hat Suse das zweite Service Pack der Unternehmens-Distribution freigegeben. Ähnlich wie das Service Pack 1 im Mai 2010 bringt auch das SP2 eine ganze Reihe von Neuerungen; darunter der Wechsel vom Linux-Kernel 2.6.32 auf 3.0 sowie Unterstützung für Btrfs und Container-Virtualisierung.

Ab dem Service Pack 2 unterstützt Suse im Rahmen des regulären Supports die Verwendung von Btrfs. Suse hatte das Dateisystem, das im Linux-Kernel noch als experimentell gekennzeichnet ist, bereits mit dem ersten Service Pack eingeführt, dort aber noch als "Technology Preview" eingestuft. Die Release Notes erwähnen Btrfs lediglich im Zusammenhang mit dem Root-Dateisystem; auf Nachfrage erklärte Suse jedoch, das Dateisystem werde generell unterstützt. Das hauptsächliche Einsatzszenario für Btrfs seien aber nicht Datenpartitionen, sondern eben das Root-Dateisystem. Für Laufwerke, die große Datenmengen speichern sollen, empfiehlt Suse weiterhin XFS.

Bei der Verwendung von Btrfs für die Root-Partition richtet Yast alles Nötige für die Snapper-Infrastruktur ein, die mit Hilfe der in Btrfs enthaltenen Funktionen eine konfigurierbare Anzahl von Snapshots des kompletten Dateisystems erzeugt. So bleiben veränderte oder gelöschte Dateien eine Weile über die Snapshots abrufbar. Ein Snapper-Modul für Yast kann die Unterschiede zur aktuellen Datei-Version anzeigen und Änderungen zurücknehmen oder erneut vornehmen; auch Updates lassen sich rückgängig machen. Da sich Btrfs allerdings nicht für die Boot-Partition nutzen lässt, sind Kernel-Updates oder Änderungen an der Boot-Konfiguration nicht mit Snapper handhabbar. Ein Video von der Brainshare 2011 zeigt den Praxiseinsatz ab Timecode 2:49.

Die Btrfs-Funktionen zum Verbinden mehrerer Datenträger zu einem RAID unterstützt Suse allerdings nicht; die Release Notes raten zum Einsatz von Btrfs auf RAIDs, die mit MD (Multiple Devices) oder DM (Device Mapper) erzeugt wurden. Suse will das Werkzeug fsck.btrfs in den nächsten Tagen über die Update-Depots der Distribution nachreichen; laut Release-Notes hatte das "lange erwartete" Programm zum Prüfen und Reparieren von Btrfs-Dateisystemen schon zum Erscheinen des SP2 dort erhältlich sein sollen.

Als Standarddateisystem dient weiterhin Ext3; wie zuvor unterstützt Suse auch Reiserfs 3.6, XFS und im Rahmen der High Availability Extension das Cluster-Dateisystem OCFS2. Das dem Kernel beiliegende Ext4-Modul kann Ext4-Dateisysteme lediglich lesen; es liegt vornehmlich bei, um ein Umwandeln von Ext-Dateisystemen nach Btrfs zu ermöglichen. Anwender, die auf Ext4-Dateisystem schreiben wollen, können ein passendes Kernel-Modul mit Hilfe des vom Suse-Support nicht abgedeckten Kernel-Modul-Pakets (KMP) ext4-writeable nachrüsten.

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Der Entwicklungsstand von Btrfs

Der Hilfetext zu Btrfs stuft das Dateisystem auch bei der kürzlich freigegebenen Kernel-Version 3.3-rc5 noch als "hochgradig experimentell" ein. Dort wird allerdings auch davor gewarnt, die Dateisystemstrukturen auf der Platte seien noch nicht finalisiert – mittlerweile wollen die Btrfs-Entwickler aber keine inkompatiblen Änderungen mehr vornehmen.

Bei Fedora, OpenSuse und Ubuntu lässt sich Btrfs schon seit einiger Zeit während der Installation verwenden. Pläne, Btrfs als Standard-Dateisystem einzusetzen wurden jedoch immer wieder verschoben; unter anderem, weil noch kein ausgereiftes Werkzeug zum Prüfen und Reparieren von Btrfs-Dateisystemen verfügbar ist. Eine inoffizielle Version von fsck.btrfs kursiert seit kurzem, ein offizielles Release gab es aber bislang nicht.

Suse Linux Enterprise ist mit dem die erste Unternehmens-Distribution, deren Support-Vertrag den Einsatz von Btrfs abdeckt. Oracle, Arbeitgeber des Btrfs-Chefentwicklers Chris Mason, will das Dateisystem demnächst bei Oracle Linux offiziell unterstützen. Red Hat liefert Btrfs schon seit einiger Zeit als Technology Preview mit, leistet jedoch keinen Support.

Auf die Frage nach der Alltagstauglichkeit von Btrfs antwortete Matthias Eckermann, der bei Suse als Senior Product Manager für Suse Linux Enterprise zuständig ist:

"Suse Linux Enterprise unterstützt bereits seit SLES8 das leistungsfähige XFS-Dateisystem. Auf dieser sicheren und skalierbaren Basis aufbauend, haben wir uns bereits vor drei Jahren entschieden, den Anforderungen von Kunden und Partnern zu folgen und bei der Weiterentwicklung im Bereich Dateisysteme auf Btrfs zu setzen.

Nun ist ein solches Unterfangen nicht alleine zu machen, sondern erfordert Kommunikation mit anderen Beteiligten. Daher verwundert es nicht, dass nach Suse Linux Enterprise 11 SP2 jetzt auch Oracle angekündigt hat, Btrfs in der nächsten Linux Version unterstützen zu wollen.

Mindestens ebenso wichtig ist allerdings, dass wir selbst Btrfs auf allen fünf von SUSE Linux Enterprise unterstützten Architekturen testen und verbessern können – in enger Abstimmung mit den jeweiligen Partnern. Ein in der Community durchaus bekannteres Ergebnis dieser Anstrengungen hat LWN.net dokumentiert. Selbstverständlich haben wir sämtliche Entwicklungen laufend mit Kunden abgestimmt. Dabei wurde klar, dass es wichtig und richtig ist, Btrfs jetzt einzuführen und die Funktionen und Fähigkeiten kontinuierlich auszubauen.

Alles zusammengenommen erwarte ich, dass in naher Zukunft das 'experimental' bei btrfs auch im Upstream Linux Kernel aufgehoben wird."

Siehe dazu auch: Das Dateisystem Btrfs auf heise open.

Mit dem zweiten Service Pack führt Suse bei der Server-Variante der Distribution Unterstützung für Linux Container (LXC) ein. Anders als beim Virtualisieren mit KVM oder Xen wird bei der Container-Virtualisierung kein komplettes System emuliert; vielmehr ist ein Container ein isolierter Bereich von Dateisystem und Prozessraum, bei dem aber alle Prozesse unter dem Kernel des Wirts laufen. Über das Netzwerk oder geteilte Speicherbereiche können Anwendungen eines Containers mit andernorts laufenden Prozessen kommunizieren, sofern der Administrator das denn erlaubt.

Der Verwaltungsaufwand beim Virtualisieren mit Containern ist erheblich geringer als bei KVM oder Xen, die durch die Emulation eines kompletten Systems jedoch besser abschirmen. Suse betont in den Release Notes, man solle die Technik nicht als primäre oder einzige Sicherheitsmaßnahme in Bereichen einsetzen, in denen es auf hohe Sicherheit ankommt. Einige Hinweise zum Praxis-Einsatz von LXC liefert Suse im Dokument "SLES 11 Virtualization with LXC Quickstart". Solaris hat Container-Virtualisierung schon vor knapp zehn Jahren geboten; auch Web-Hoster nutzen die Technik stark – sie setzen bei Linux-Wirten aber selten auf das noch junge LXC, sondern meist häufiger auf Openvz oder das kommerzielle Virtuozzo Containers, das auf Openvz aufbaut.