USA: Mit AllofMP3 kein WTO-Beitritt für Russland

Ein Sprecher der US-Handelsbeauftragten hat hinsichtlich der russischen WTO-Ambitionen die Position der Amerikaner noch einmal ganz deutlich gemacht: Mit AllofMP3 gibt es für Russland keinen Beitritt zur Welthandelsorganisation.

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AllofMP3 oder WTO-Mitgliedschaft: Russland muss sich entscheiden, denn der umstrittene Musikladen ist inzwischen das Killer-Kriterium in den Verhandlungen mit den USA über einen Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation. Zwar wolle man Russland den Weg in die WTO ebnen, sagte ein Sprecher der US-Handelsbeauftragten Susan Schwab laut CNET News, doch müsse Moskau insbesondere beim geistigen Eigentum den eingeräumten Zugeständnissen auch Taten folgen lassen. Für im diplomatischen Smalltalk weniger geübte Ohren hatte der Sprecher es auch deutlicher: "Ich sehe keinen WTO-Beitritt für Russland, solange es Websites wie AllofMP3 gibt."

Die Amerikaner hatten in den Beitrittsverhandlungen schon zuvor deutlich gemacht, dass der russische MP3-Shop und seine Epigonen geschlossen werden müssten. Auch von anderer Seite stand der auch im Westen sehr beliebte Musikladen unter starkem Druck. Die Musikindustrie bekämpft AllofMP3 mit besonderer Hingabe, und Kreditkartenfirmen wollen mit dem Geschäft nichts mehr zu tun haben. Russland verpflichtete sich, gegen Websites vorzugehen, die urheberrechtlich geschützte Werke illegal über das Internet verbreiten. Der Laden sollte weg, und Moskau hat es auch wirklich versucht.

Doch ist das offenbar nach russischem Recht gar nicht so einfach, und da wird AllofMP3 zu einem ernsthaften Problem für die russischen WTO-Ambitionen. Zwar war der Musik-Shop zuletzt einige Wochen vom Netz, doch wurde die internationale Kundschaft auf Zwillingsseiten weiterversorgt. AllofMP3 ist sich seiner Sache ziemlich sicher. Die Betreiber wiederholen mantrahaft, Lizenzverträge mit der russischen Verwertungsgesellschaft ROMS zu haben und ein völlig legales Geschäft zu betreiben. Die Industrie hält dem entgegen, ROMS dazu nicht autorisiert und von den angeblichen Lizenzzahlungen noch keinen Rubel gesehen zu haben.

Die juristischen Manöver, mit denen AllofMP3 endgültig aus dem Netz getilgt werden sollte, durchkreuzten dann ausgerechnet russische Gerichte. Visa wurde verdonnert, weiterhin Zahlungen für das umstrittene Portal abzuwickeln. Und das international beachtete Verfahren gegen den ehemaligen AllofMP3-Chef Denis Kvasov endete mit einem Knall: Freispruch. Die Begründung des Gerichts, es habe keine überzeugenden Beweise für eine Beteiligung Kvasovs an Urheberrechtsverletzungen gegeben, dürfte den paralysierten Beobachtern aus der Musikindustrie noch heute in den Ohren klingeln.

Mit dieser Bestätigung im Rücken kündigte AllofMP3 kürzlich an, den Laden wieder zu öffnen. Von alleine wird sich das Problem für Russlands WTO-Beitritt also kaum lösen. Die Musikindustrie wird alle Register ziehen und in Berufung gehen. Abzuwarten bleibt, wie Moskau reagiert.

Zu den Hintergründen der (möglicherweise nur vorübergehenden) AllofMP3-Schließung und zum umstrittenen russischen Musik-Download-Markt siehe auch den Artikel in c't 16/2007:

Zu den Auseinandersetzungen um AllofMP3, MP3Sparks und Alltunes siehe auch: