Microsoft und Yahoo: Time waits for no one ...

Microsoft sieht angesichts fehlender Gegenangebote die Chancen für eine Übernahme von Yahoo steigen; der umworbene potenzielle Microsoft-Partner ziert sich aber weiter.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 103 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa

Yahoo ziert sich weiter, in der Hoffnung auf attraktivere Gegenangebote oder eine Erhöhung der Microsoft-Offerte: Der Internet-Konzern will sich mit seiner Entscheidung zum milliardenschweren Übernahmeangebot des Softwareriesen Microsoft weiter Zeit lassen. Der Verwaltungsrat prüfe nach wie vor eine breite Palette strategischer Alternativen, schrieb Konzernchef Jerry Yang am heutigen Mittwoch in einer E-Mail an die Mitarbeiter. Angesichts bisher ausbleibender Gegengebote sieht Microsoft unterdessen die Chancen seiner Megaofferte von Tag zu Tag steigen.

Der Yahoo-Mitgründer und alte sowie neue Firmenchef Jerry Yang meint, das Übernahmeangebot von Microsoft demonstriere die beeindruckende Stärke von Yahoo [Bild: Yahoo]

Die Führung von Yahoo werde sich die Zeit nehmen, die für eine ausreichende Prüfung nötig sei, schrieb Yang. Das Unternehmen habe zur Unterstützung externe Berater an Bord geholt. Microsofts Interesse mache die beeindruckende Stärke von Yahoo deutlich. Mit Blick auf den derzeit laufenden Umbau des problembeladenen Konzerns meinte Yang, durch die Ereignisse lasse sich Yahoo nicht von seiner Strategie zur Neuorganisation ablenken. Yahoo stellt derzeit auch in Europa alle Bereiche auf den Prüfstand. Nach einem neuerlichen Gewinneinbruch hatte der Konzern mit Sitz in Sunnyvale (Kalifornien) zuletzt den Abbau von 1000 der weltweit 14.300 Stellen angekündigt.

Mit dem Kauf für rund 45 Milliarden Dollar will Microsoft die Übermacht des Rivalen Google bei Online-Suche und Internet-Werbung brechen. Die Aussichten auf einen "weißen Ritter" für Yahoo scheinen derweil zu schwinden: Mögliche konkurrierende Bieter wie der Telekomkonzern AT&T, der Kabelnetzbetreiber Comcast und Medienriese Time Warner hätten noch kein konkretes Interesse gezeigt, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf informierte Personen.

Yahoo prüft unterdessen weiter eine Kooperation mit Google bei der Web-Suche und Online-Werbung zur Abwehr der Übernahme. In Europa habe Yahoo schon kürzlich mit Google über eine Auslagerung seiner Internet-Suche verhandelt, berichtete die Zeitung. Allerdings könnte auch eine solche Zusammenarbeit wegen der Dominanz von Googles Suchmaschine die Wettbewerbshüter auf den Plan rufen. Bei einer Übernahme durch Microsoft erwarten Experten zwar eine genaue Prüfung der Kartellbehörden, halten am Ende aber grünes Licht für möglich.

Viele Analysten erachten eine Übernahme mittlerweile als wahrscheinlich und auch als finanziell attraktiv für Yahoo-Aktionäre. Einige Experten erwarten noch Gegenangebote, die aber mit der prall gefüllten Kriegskasse von Microsoft konkurrieren müssten. Denkbar seien besonders Offerten privater Finanzinvestoren, meint Analyst Brian Pitz von der Bank of America. Citigroup-Analyst Marc Sugarman erwartet, dass Yahoo die Microsoft-Offerte zunächst ablehne und dann ein nachgebessertes Angebot akzeptiere. Die Aktie von Yahoo notierte zuletzt weiter deutlich unter dem von Microsoft bislang gebotenen Preis von 31 Dollar. Beide Analysten setzten ihr neues Kursziel für die Yahoo-Aktie auf diese Höhe. Der Markt scheint davon noch nicht ganz überzeugt, sagten Händler.

Microsoft würde laut Berichten das Angebot erhöhen, wenn so eine friedliche Einigung mit dem Yahoo-Management zu erreichen wäre. Dem Marktforscher IDC zufolge benötigten Microsoft und Yahoo ohne einen Zusammenschluss mindestens fünf Jahre, um zu Google aufzuschließen – wenn es ihnen überhaupt gelänge.

Siehe dazu auch:

(dpa) / (jk)