Grundsatzstreit über Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Nach der Ankündigung eines Werbeverbots für öffentlich-rechtliche Sender in Frankreich gibt es nun auch in Deutschland eine heftige Debatte über Einnahmequellen. Die EU will einheitliche Vorschriften vorlegen und hat eine Konsultation gestartet.

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Auch in Deutschland gibt es nach der umstrittenen Ankündigung eines Werbeverbots für öffentlich-rechtliche Sender in Frankreich nun eine heftige Debatte über die Einnahmequellen von ARD und ZDF. "Ein Verzicht der öffentlich-rechtlichen Sender auf Werbung ist längst überfällig", plädierte die Chefin der Mediengruppe RTL Deutschland, Anke Schäferkordt, am heutigen Donnerstag für eine Übernahme des Modells von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Es reiche aus, wenn ARD und ZDF rein gebührenfinanziert im Rahmen des Grundversorgungsauftrags agieren würden. Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen hierzulande wollen dagegen nicht auf Werbeeinnahmen verzichten. Nun will sich Brüssel in die Auseinandersetzung einschalten und einheitlichere Vorschriften für die EU vorlegen. Die EU-Kommission hat zur Vorbereitung einer entsprechenden Mitteilung gerade eine öffentliche Konsultation gestartet.

Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff betonte, die Werbewirtschaft in Deutschland sehe die Werbeplätze in den öffentlich-rechtlichen Programmen als unverzichtbar an. Sie habe in der Vergangenheit sogar darauf gedrängt, die Möglichkeiten für das Abspulen von Reklame zu erweitern. Den von Sarkozy ins Spiel gebrachten Ansatz eines Ausgleichs der Einnahmeverluste über eine neue Steuer oder die Erhöhung der Rundfunkgebühr hält Raff "in Deutschland für undenkbar". ZDF-Sprecher Alexander Stock ergänzte gegenüber der dpa, dass die Werbeeinnahmen den Gebührenzahler entlasten würden. Ohne Reklame und Sponsoring müsste die Rundfunkgebühr, die derzeit 17,03 Euro im Monat beträgt, nach Berechnungen der zuständigen Gebührenkommission um 1,42 Euro höher liegen. "Wer sich daran erinnert, wie heftig vor vier Jahren über einige Cents mehr oder weniger gestritten wurde, der darf zweifeln, ob das durchsetzbar wäre."

Laut Jürgen Doetz, dem Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), wächst mit dem Pariser Vorstoß dagegen "in ganz Europa der Druck auf die Öffentlich-Rechtlichen". Die gebührenfinanzierten Sender bräuchten eine neue Legitimation, die sie durch die Aussage "Wir sind werbefrei" erhalten könnten. Er verwies darauf, dass sich ARD und ZDF nur zu sechs Prozent über Werbung finanzieren würden. Dies ist ein wesentlich geringerer Anteil als bei den Pendants in Frankreich. Hierzulande hat sich zuletzt die Linkspartei für werbefreie öffentlich-rechtliche Sender stark gemacht, um einer "zunehmenden Selbstkommerzialisierung" entgegenzuwirken.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat angekündigt, in der immer wieder aufkochenden Auseinandersetzung vermitteln zu wollen. "Ich möchte mit allen Mitgliedstaaten und allen Beteiligten einen konstruktiven Meinungsaustausch über die Gestaltung des künftigen Rahmens für die staatlichen Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk führen", erklärte sie heute. Es gelte, die bisherigen EU-Vorgaben für diesen Bereich in der sogenannten Rundfunkmitteilung von 2001 behutsam zu verbessern. Ziel dabei sei es, Transparenz und Rechtssicherheit zu stärken. Zugleich sollten die umkämpften Aufgaben, die den öffentlich-rechtlichen Sendern in den neuen Medien zukommen, berücksichtigt werden.

Mit der öffentlichen Befragung (PDF-Datei) von Interessenskreisen will Kroes vorab etwa sondieren, wie der "öffentlich-rechtliche Auftrag" künftig definiert und ob eine nationale Vorabprüfung dieser Bestimmung verbindlich werden sollte. Weitere Punkte sind die künftige Aufsicht über die Öffentlich-Rechtlichen, eine Abwägung der Auswirkungen von Bezahldiensten der entsprechenden Sender auf den Wettbewerb oder die Frage nach der Festlegung der Höhe von Ausgleichszahlungen. Weiter interessiert sich die Kommission für Vorschläge für neue Mechanismen, um gegen vermeintlich wettbewerbswidriges Verhalten öffentlich-rechtlicher Sender vorgehen zu können. Stellungnahmen sollen bis zum 10 März bei der Brüsseler Behörde eingehen.

Hierzulande hatte sich der VPRT bereit 2003 über ARD und ZDF in Brüssel beschwert. Das Gebührenaufkommen übersteige den für den öffentlichen Auftrag notwendigen Rahmen und werde auch für kommerzielle Aktivitäten genutzt, lautet immer wieder der Vorwurf der Privaten. Die Kommission stellte im April ein Beihilfeverfahren gegen Auflagen ein. Danach haben sich das Erste und das Zweite unter anderem verpflichtet, öffentlich-rechtliche Aufgaben und kommerzielle Tätigkeiten klarer zu trennen und insgesamt mehr Transparenz an den Tag zu legen. So soll etwa ein Mehrwert in Form eines "Public Value" bei Angeboten der Öffentlich-Rechtlichen vorab geprüft werden. (Stefan Krempl) / (pmz)