Daimler, Renault/Nissan und Ford wollen gemeinsam den Brennstoffzellenantrieb marktfähig machen

Drei Große treiben die Brennstoffzellentechnik voran

Daimler, Renault/Nissan und Ford wollen gemeinsam den Brennstoffzellenantrieb marktfähig machen. Etwa 2017 wollen die drei mit einem sechsstelligen Volumen von Fahrzeugen in den Markt zu gehen

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  • Gernot Goppelt

München, 29. Januar 2013 – „Elektroautos kommen nicht vom Fleck“ schrieb gestern der Standard aus Österreich und hat recht damit. Was die Autorin anmerkt, ist auch in Deutschland zu beobachten: Elektroautos kaufen allenfalls Idealisten, denen sie den happigen Aufpreis wert sind, gerne auch öffentliche Einrichtungen, die die Kosten großzügig in die Allgemeinheit streuen. Wenn man mit Industrievertretern spricht, bekommt man ganz einfache Antworten, warum kaum jemand ein Elektroauto will, etwa so: „Der Fahrzeugpreis lässt sich einfach nicht rechnen – schon gar nicht, wenn das Auto auch noch vernünftige Reichweite haben soll“. Es ist auch dieses Dilemma, warum die schon totgesagte Brennstoffzellentechnik nach wie vor ihre Chancen hat für die Post-Erdöl-Zeit. Und nun haben Daimler, Ford und Renault/Nissan eine Kooperation verkündet, in der sie gemeinsam die Entwicklung von Brennstoffzellen vorantreiben wollen.

"Die Technik ist reif"

Der Antriebsstrang der Mercedes-Benz B-Klasse F-Cell (oben) im Vergleich zum aktuellen Entwicklungsstadium (unten). Das zukünftige Brennstoffzellensystem soll im Motorraum eines gängigen Fahrzeugs Platz finden.

Daimler gehört seit langen zu den Verfechtern der Brennstoffzellentechnik. Zwischen 2003 und und 2006 erprobte das Unternehmen zum Beispiel Brennstoffzellenbusse in verschiedenen Metropolen. Auf der IAA stellte Daimler mit den Mercedes F 125 eine ambitionierte Studie vor, bei der eine Art poröse Materialstruktur, die Teil der Karosserie ist, den Wasserstoff speichert. Kurz: Daimler hat sich eigentlich nie von der Brennstoffzelle verabschiedet. Auch Ford forscht seit langem an der Brennstoffzelle und kann wie Daimler oder Honda einwandfrei funktionierende Fahrzeuge vorweisen. Vor gut zehn Jahren konnte ich einen funktionsfähigen Ford Focus mit Brennstoffzellentrieb fahren, die Technik hatte man schon damals weitgehend im Griff. Der Focus fuhr sich übrigens reichlich unspektakulär, denn aus motorischer Sicht ist er auch nichts anderes als ein Elektroauto. "Die Technik ist fertig und reif", sagte denn auch Daimler-Forschungschef Thomas Weber am Montag bei der Bekanntgabe der Partnerschaft.

Renault/Nissan ist in der Runde insofern der Überraschungskandidat, als Renault in den vergangenen Jahren massiv das Elektroauto vertreten hat und bei Serienprodukten auch tatsächlich zu den Vorreitern gehört, das gilt auch für Nissan, die mit dem Leaf eines der erfolgreichsten Elektroautos anbieten. Das gemeinsame Projekt mit BetterPlace allerdings, bei dem mit Wechselbatterien die Reichweite von Elektroautos erhöht werden sollte, scheint eingeschlafen zu sein. In dieser Hinsicht sind Brennstoffzellenautos unproblematischer, weil keine Batterie aus dem Auto heraus- und hineingewuchtet werden muss, um die Reichweite zu verlängern, sondern einfach Wasserstoff getankt werden kann. Zwar ist dessen volumetrische Energiedichte kleiner als die von Benzin, aber weitaus besser als jene von Batterien. Das heißt: Für die Langstrecke sind Brennstoffzellenautos ähnlich gut geeignet wie solche mit konventionellem Antrieb, sofern die Tankstelleninfrastruktur steht.

Drei sind stärker

Die Beteiligung von Renault/Nissan hatte sich bereits Anfang 2012 abgezeichnet. Daimler, Renault/Nissan und Ford wollen nun einen Brennstoffzellenantrieb gemeinsam entwickeln, um die Kosten quasi zu dritteln. Das Ergebnis soll allen Beteiligten allen Partnern zur Verfügung stehen, die „großflächige Markteinführung“ ist für 2017 vorgesehen. Daimler will dabei die eigentlich für 2014 geplante Einführung der B-Klasse mit Brennstoffzelle erst einmal überspringen. Das verschafft etwas Zeit, um dann 2017 „als Trio“ mit einem sechsstelligen Volumen von Fahrzeugen in den Markt zu gehen.

v.l.n.r: Raj Nar, Ford Motor Company, Thomas Weber, Daimler, Mitsuhiko Yamashita, Nissan Motor Co.

Dazu, woher denn der Wasserstoff und die notwendige Versorgungsstruktur kommen soll, sagt das Trio nichts, verweist stattdessen auf eine hohe Signalwirkung in Richtung Zulieferer, Politik und Industrie. Immerhin hat es in den vergangenen Jahren interessante Erkenntnisse für die Herstellung von Wasserstoff gegeben. Bei Audis e-gas-Projekt etwa wird Windkraft genutzt, um Wasserstoff und daraus wiederum Methan zu erzeugen. Der Charme der Wasserstoff- und Methanerzeugung mit regenerativen Energien besteht darin, dass die für Wind- und Sonnenenergie typischen Lastspitzen anders als für die Stromerzeugung kein Problem darstellen – der Kraftstoff wird gewissermaßen nebenbei zum Energiepuffer. Ob es möglich ist, auf diese und ähnliche Weise genügend Wasserstoff für den weltweiten Verkehr zu erzeugen, sei einmal dahingestellt, das wissen vermutlich nicht einmal die Experten der Branche selbst so genau. Immerhin bietet Wasserstoff ein Chance, Langstrecken-Mobilität ohne fossile Kraftstoffe zu erhalten.

Signal an die anderen

Die gemeinsame Erklärung der drei Autokonzerne sollte allerdings nicht missverstanden werden als eine Art Abgesang auf reine Elektroautos. Längst befassen sich die Autobauer mit Konzepten, wie unterschiedliche Verkehrsmittel „intelligenter“ miteinander verknüpft werden können. In diesen Konzepten hat auch das Elektroauto seinen Platz und noch ist nicht das letzte Wort gesprochen, was die Energiedichte von Batterien angeht. Sollte es zum Beispiel mit neuen Konzepten wie der Lithium-Luft-Technologie gelingen, die Energiedichte massiv zu erhöhen, werden die Karten wieder neu gemischt. Ein Signal ist die gestrige Ankündigung allemal – zumal erst vor wenigen Tagen Toyota und BMW ebenfalls eine Zusammenarbeit bei Brennstoffzellenantrieben angekündigt haben. (ggo)