Hartz-IV-Software: Allegro soll A2LL ablösen

Die Bundesagentur will bei der Programmierung der neuen Software für das Arbeitslosengeld II "Herr des Verfahrens" sein. Die Programmierung soll zwar extern vergeben, die BA aber enger in Code Review und fachliche Analyse eingebunden werden.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg plant offenbar, bis Ende 2008 die Neuentwicklung einer Software voranzutreiben, mit der die Berechnung des Arbeitslosengeldes II durchgeführt werden kann. Die neue Software für die Betreuung von Hartz-IV-Empfängern trägt den Codenamen Allegro. Sie soll das bisher bei den Arbeitsgemeinschaften benutzte webbasierte Programm A2LL (Arbeitslosengeld II – Leistungen zum Lebensunterhalt) ablösen. Das Entwicklungsvolumen für die neue Software soll mit 90 Millionen Euro veranschlagt sein, die Entwicklungszeit etwa 5 Jahre betragen. 2013 könnte Allegro A2LL ablösen, dessen Lebenszyklus dann abgelaufen ist. Anders als bei A2LL, das aufbauend auf einem Prosoz-Kern von T-Systems realisiert wurde, will die Bundesagentur bei der Programmierung von Allegro "Herr des Verfahrens" sein. So soll die Programmierung des neuen Projekts zwar an externe Dienstleister vergeben werden, BA-Mitarbeiter aber enger in den Code Review und die fachliche Analyse der Software eingebunden werden. So soll die "Wertschöpfungstiefe" in der Bundesagentur erhalten bleiben und diese nicht so stark von externen Dienstleistern abhängig sein.

Allegro soll nicht nur programmiertechnisch neu aufgesetzt werden. Die Software soll auch die veränderte organisatorische Lage reflektieren, die mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes berücksichtigt werden muss. Die Verfassungsrichter hatten ausgeführt, dass die Organisation von Arbeitsgemeinschaften, die nach der Hartz-IV-Reform von Bund (Arbeitsagenturen, Arbeitslosenhilfe) und Kommunen (Sozialämter, Sozialhilfe) gebildet worden waren, verfassungswidrig ist. Es müsse organisatorisch wie finanziell klar zugeordnet sein, welcher Träger für welche Leistung mit welchem Etat zuständig ist. Das Verfassungsgericht befand die Zusammenlegung als Arbeitsgemeinschaft zwar als sinnvoll, hielt aber die Etatzuständigkeit für gesetzwidrig. Wenn die gebildeten Arbeitsgemeinschaften bestehen bleiben sollen, müsse die Trägerschaft für diese Zusammenschlüsse entweder beim Bund bleiben oder insgesamt den Ländern beziehungsweise den dort angesiedelten Kommunen und Kreisen überlassen werden. Als Konsequenz aus diesem Urteil müssen einzelne Programmschritte wie die den Kommunen zugeschlagenen Punkte (etwa "Kosten des Unterhalts") oder den Ländern zugerechnete Leistungen (beispielsweise die Kinder-Betreuung) anders berechnet und abgerechnet werden.

Wenn Allegro A2LL ablöst, mag für die Sachbearbeiter ein Albtraum zu Ende gehen. Zuletzt hatte A2LL im November Aussetzer zu verzeichnen, als ein neues Release eingespielt wurde, die benötigten Hardware-Ressourcen aber falsch berechnet waren. Zwei Tage lang lief die Software in einem "sehr eingeschränkten" Modus, weitere drei Tage nur in eingeschränkter Form mit strikter Weisung an die Administratoren, keine "Volllast" zuzulassen. Erst nach einem massiven Ausbau der Hardware konnte A2LL in den Normalbetrieb zurückkehren.

Von der geplanten Neuprogrammierung unbehelligt sind die zirka 69 Optionskommunen, die mit kommunaler Software von Anbietern wie AKDB, Lämmerzahl, Prosoz und prosozial arbeiten. Möglicherweise müssen diese Anbieter jedoch ihre Statistikfunktionen umschreiben, sollte sich die Bundesagentur entschließen, diese Aufgabe an das statistische Bundesamt auszugliedern. Um die Statistiken hatte es im Namen des Datenschutzes in der Vergangenheit eine Reihe von Auseinandersetzungen zwischen Optionskommunen und der Bundesagentur gegeben.

Zur Hartz-IV-Software A2LL siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)