Für Finger und Stifte

Tablets faszinieren, weil sie mit archaisch simplen Fingerstupsern bedient werden. Der Vergleich von HTCs Flyer und Samsungs Galaxy Tab 10.1 zeigt: Das Kritzeln mit dem HTC-Stift macht fast genauso viel Spaß.

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Seit dem Siegeszug von Multitouch steht der digitale Griffel auf der Liste der bedrohten Arten, zurückgedrängt in das Reservat der Grafiktabletts und Windows-Tablet-PCs. Doch nun wagt HTC ein Comeback im Massenmarkt und legt seinem Android-Tablet Flyer zum Schreiben und Zeichnen einen Stift bei.

Im Vergleich zwischen dem Flyer und dem Samsung Galaxy Tab 10.1v geht es deshalb nicht nur um die Größe (7 gegen 10 Zoll) und das bessere Betriebssystem (Android 2.3 gegen 3.0). Es geht vor allem um die Frage: Ist der Stylus bei einem Android-Tablet nur ein nettes Accessoire oder eine sinnvolle Ergänzung?

Im Flyer steckt ein kapazitiver Touchscreen. Das heißt: Mit den Fingern bedient man es mühelos wie iPad, Xoom und Co. Die Besonderheit ist der zusätzlich im Display eingebaute Digitizer für den batteriebetriebenen Stift. Das Flyer unterscheidet damit zwischen Finger und Stift und ignoriert zum Beispiel beim Schreiben mit dem Stift jegliche Berührung. Erst wenn man den Stift mehrere Zentimeter vom Bildschirm entfernt, reagiert es wieder auf Fingertipper.

Für die normalen Kapazitiv-Tablets ohne Digitizer ist hingegen eine Berührung eine Berührung. Malt man etwa auf dem iPad oder Galaxy Tab mit einem kapazitiven Stift, hinterlässt der aufgelegte Handballen ungewollte Farbkleckse – es sei denn, man trägt einen isolierenden Handschuh (c’t 17/10, Seite 122). Der Digitizer des Flyer erkennt außerdem die Druckstärke, wenn auch nur grob. Eine Taste am Stift aktiviert den Radiergummi-Modus, mit der zweiten markiert man getippte Texte.

Doch Hardware nützt nur, wenn es passende Software gibt. Vier der mitgelieferten Apps arbeiten mit dem Digitizer zusammen: die Notiz-App, die E-Book-Reader-App, der PDF-Reader und das Malprogramm. Man kann also Anmerkungen in seine E-Books und PDFs kritzeln, Einkaufslisten stenografieren oder ein Layout skizzieren. In der Notiz-App kombiniert man die Kritzeleien mit beliebigen Dateien und Audio-Memos und synchronisiert das Ganze mit dem Cloud-Dienst Evernote.

Berührt man innerhalb anderer Anwendungen wie dem Browser mit dem Stift den Bildschirm, erstellt das Flyer einen Screenshot, auf dem man zeichnet und den man anschließend speichert oder versendet – eine geschickte Verlegenheitslösung.

Auf dem Flyer zeichnet und malt man mit sieben virtuellen Stiftspitzen ...

Eine „echte“ Zeichenfunktion vermisst man nicht im E-Mail-Programm oder im Browser, aber zum Markieren von Textpassagen wäre der Stift auch dort eine Hilfe. Ob in Zukunft ein nennenswertes Angebot von Apps mit Stiftunterstützung entsteht, ist kaum abzuschätzen – HTC verspricht zurzeit noch nichts.

Am meisten vermisst haben wir jedoch eine Handschrifterkennung. Dann könnte man in Meetings und Vorlesungen mitschreiben, die Notizen anschließend durchsuchen und in beliebige Dokumente einbauen.

... und einer kleinen Farbpalette.

Legt man den Stift weg, rückt die von HTCs Smartphones bekannte Touch-Oberfläche „Sense“ in den Fokus. Auch auf dem Flyer ist sie schnell und schick. Im Browser, Kalender, E-Mail-Programm und in der Bildergalerie sorgen zweispaltige Ansichten für Übersicht, nicht aber im Google-Mail-Client. Dafür bräuchte das Flyer ein Update vom Smartphone-Android 2.3 auf die Tablet-Ausgabe 3.0 – das soll laut HTC „frühestmöglich“ kommen, aber verlassen sollte man sich darauf nicht.

HTC versucht, das bei Android noch dürftige Medien-Angebot zu verbessern. Die versprochenen Apps von Partnern wie dem Spiegel und ProSiebenSat.1 fanden wir bis Redaktionsschluss allerdings nicht vor. HTCs Netz-Videothek mit 600 Titeln hat im Juni geöffnet, ist jedoch bislang noch nicht komplett befüllt.

Das Flyer ist für ein 7-Zoll-Tablet relativ teuer: 500 Euro kostet die WLAN-Variante, 670 die UMTS-Version. Das liegt nicht nur am Stift, sondern auch am hellen, blickwinkelstabilen Display und dem hochwertigen Unibody-Alu-Gehäuse. Ärgerlich ist, dass man den Stift nicht im Flyer unterbringen kann, sondern nur in einer Schlaufe an der mitgelieferten Hülle. Das Verlustrisiko ist also relativ hoch. Wer das Flyer mit einem Fernseher verbinden will, braucht einen Adapter von Micro-USB auf HDMI.