Sammelmengen bei Elektroschrott in der EU sind enttäuschend [Update]

Laut einer Evaluierung der EU-Elektroschrottrichtline besteht noch enormer Handlungsbedarf, insbesondere bei Kleingeräten. Weder Entsorgungstechnik noch rechtliche Rahmenbedingungen seien eine Herausforderung, entscheidend sei die Finanzierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 146 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Pia Grund-Ludwig

Eine Studie der United Nations University (UNU), die im Auftrag der EU entstanden ist, soll diese bei der Evaluierung der EU-Elektroschrottrichtlinie WEEE (Waste Electrical and Electronic Equipment) unterstützen. Die jetzt vorgelegte Bilanz der Forscher: Es besteht noch enormer Handlungsbedarf, insbesondere bei Kleingeräten. "Für mich war die größte Überraschung die geringen Sammelmengen", moniert Hauptautor Jaco Huisman.

Auch die bürokratischen Hürden bei der Entsorgung von Elektro- und Elektronikschrott seien nach wie vor hoch, beklagen die Experten. So gibt es immer noch keine durchgängigen länderübergreifend einheitlichen Richtlinien. Das mache Verwertern das Leben schwer. Vor allem kleine und mittlere Hersteller wüssten noch zu wenig über ihre Pflichten. Zudem gebe es eine enorme Menge an abzuliefernden Berichten. Die verursachten derzeit Kosten in Höhe von um die 40 Millionen Euro. Dadurch, so die Studie, könne es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, wenn sich manche der Unternehmen den aufwendigen Berichten entzögen. 8 Stunden sitze man schließlich an einem Report, bis zu 72 Berichte pro Jahr und Hersteller seien fällig.

Umgesetzt in deutsches Recht wird die Richtlinie durch das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, seit dem 24. März 2006 sind die Regelungen über die Elektrogeräte-Entsorgung hierzulande endgültig in Kraft. Nach wie vor haben aber nicht alle Staaten die Richtlinie umgesetzt. Das ist einer der Faktoren, der die Wiederverwertungsquoten drückt. Die vorgeschriebene Sammelquote liegt bei vier Kilogramm pro Kopf. "Während die wohlhabenderen Staaten diese Vorgabe problemlos erfüllen, fällt dies den neuen Mitgliedsstaaten vergleichsweise schwer", schreiben die Autoren. Doch auch in Westeuropa werde zu wenig getan, um die Mengen zu erhöhen, meint Huisman.

Nur jedes vierte mittelgroße Haushaltsgerät wird bislang verwertet. Die Einsammlung von Kleingeräten liegt, mit wenigen Ausnahmen, sogar fast bei Null. "Laut unserer Studie sind aber Sammelquoten von zirka 60 Prozent für Kleingeräte wie MP3-Player und Haartrockner sowie für mittelgroße Geräte wie Audio- und Mikrowellengeräte respektive Fernseher und 75 Prozent für Großgeräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen durchaus möglich. Wenn diese Sammelraten realisiert werden, könnte bis zum Jahr 2011 ein Ertrag von fast 5,3 Millionen Tonnen Elektroschrott einer Sammlung zugeführt werden", meinte Rüdiger Kühr von der Universität der Vereinten Nationen in Bonn, der die Arbeit an der Erhebung koordiniert. Heute sind dies erst 2,2 Millionen Tonnen.

Die Studie geht innerhalb der EU von einem Anstieg des gesamten Elektroschrottaufkommens um von 10,3 Millionen Tonnen im Jahr 2005 auf zirka 12,3 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2020 aus. "Die Kosten für die Rücknahme und Entsorgung von Altgeräten werden voraussichtlich von knapp 0,8 Milliarden Euro 2005 auf 3 Milliarden Euro 2020 ansteigen, wobei die anfallenden Kosten von Kategorie zu Kategorie variieren", erklärte Federico Magalini von der UNU, verantwortlich für die ökonomische Evaluierung. "Für Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen oder Elektroherde entfällt der größte Kostenanteil auf den Transport, bei Kühl- und Gefriergeräten hingegen ist der wesentliche Kostentreiber die Entsorgung."

Huisman fordert für einzelne Kategorien unterschiedliche Vorgaben für Sammelquoten. Dabei soll berücksichtigt werden, wie stark sich durch die Sammlung giftige Emissionen reduzieren, der Energieverbrauch senken oder Klimagase vermeiden lassen. Probleme machen dabei nicht nur vergleichsweise alte Produkte wie Kühlschränke mit dem Klimakiller FCKW oder alte bromhaltige Monitore. Auch bei Energiesparlampen werden giftige Stoffe wie Quecksilber verwendet. 2006 wurden in Europa zirka 660 Millionen Energiesparlampen verkauft. Diese enthalten insgesamt schätzungsweise 4,3 Tonnen Quecksilber. Hinzu kommen weitere 2,8 Tonnen Quecksilber in LCD-Bildschirmen. Diese potenzielle Belastung müsse durch eine sachgerechte Entsorgung eingedämmt werden, bekräftigte Huisman: "Für die Rückgewinnung aus LCDs gibt es noch keine Technologien, es ist sehr schwer, das Quecksilber wiederzugewinnen."

Huisman tritt zudem dafür ein, dass sich die Elektroschrottrichtlinie wirklich auf diesen Bereich konzentriert, alles andere führe zu einer Verwässerung. So sei es beispielsweise bei Energiesparlampen zwar wünschenswert, dass innovative Ideen zur Reduzierung von Quecksilber umgesetzt würden. "Das sollte aber lieber über die RoHS-Richtlinie geregelt werden, die die Verwendung gefährlicher Stoffe regelt." Generell sieht Huisman derzeit weder in der Entsorgungstechnik noch in den rechtlichen Rahmenbedingungen die wichtigste Herausforderung. "Entscheidend ist die Finanzierung. Es gibt keine Anreize zur Erhöhung der Volumina."

Zur Elektronikschrott-Entsorgung und den Entwicklungen bei der Elektronikschrott-Gesetzgebung siehe auch:

(Pia Grund-Ludwig) / (jk)