Microsoft-Manager: OOXML hat die Schlacht um Dokumentenformate verloren

Stuart McKee, Technikchef bei Microsoft in den USA, überraschte auf einer Konferenz mit der Ansage, dass das mit dem Dokumentenformat der Redmonder konkurrierende Open Document Format (ODF) "gewonnen hat".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 232 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Trotz anfänglicher Freude über die Zertifizierung des hauseigenen Dokumentenformats Office Open XML (OOXML) durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) scheint sich in Redmond mittlerweile ein Gesinnungswandel abzuzeichnen. So überraschte Stuart McKee, nationaler Technikchef bei Microsoft USA, laut US-Medienberichten am gestrigen Donnerstag mit der Ansage, dass das mit der Office-Spezifikation der Redmonder konkurrierende Open Document Format (ODF) in dem Wettkampf der Standards "klar gewonnen" habe. Er verwies dabei unter anderem auf die Ankündigung Microsofts, das von der ISO bereits 2006 zertifizierte ODF in der künftigen Office-Version der Redmonder als Speicherformat zu unterstützen. "Als Microsoft-Produkt" sei ODF "ein Gewinner", da das Format bei hunderten Millionen Office-Nutzern deutlich mehr Verbreitung erfahre.

Die Bemerkungen machte McKee auf einer Konferenz des Konkurrenten Red Hat aus dem Linux-Lager, der sich dem Abschluss eines Patentabkommens mit Microsoft rund um angebliche gewerbliche Schutzrechte nach dem Vorbild Novells und anderer Open-Source-Firmen widersetzt. Microsoft habe ODF eigentlich schon früher in die eigene Bürosoftware integrieren wollen, erklärte McKee bei dem Zusammentreffen in Boston weiter. Wegen der geplanten Auslieferungszeiten sei dies bei Office 2007 aber nicht mehr möglich gewesen, sodass man zunächst auf einen Konverter zwischen ODF und OOXML gesetzt habe. Eine Verschmelzung beider Dokumentenformate hielt der Microsoft-Manager aber nicht für sinnvoll. Für digitale Bilder etwa gebe es ja auch unterschiedliche Speicherformate für unterschiedliche Einsatzzwecke.

Die "Siegeserklärung" für ODF hat rasch Skeptiker auf den Plan gerufen. Sie monieren, dass Microsoft mit der Unterstützung des generell an Akzeptanz gewinnenden Konkurrenzformats nur auf einen fahrenden Zug aufspringen und Geld verdienen wolle. Als weiteren Schritt nach der Umarmung des Standards fürchten sie nach dem viel beschworenen Motto "Embrace, Extend and Extinguish" aber proprietäre Erweiterungen und ein Ausmanövrieren von ODF. Doch das würde Jahre dauern, erwiderte McKee. In Microsoft Office werde das fremde Format jedenfalls genauso gut laufen wie das eigene. Und natürlich werde sich ODF weiter entwickeln, eine drohende "Auslöschung" des Format sehe er deshalb aber nicht.

Die ISO-Normierung von OOXML ist derweil unter Druck geraten. Nach vier Einsprüchen von Mitgliedsstaaten gegen das heftig umstrittene und von Berichten über Unregelmäßigkeiten begleitete Zertifizierungsverfahren hat die Genfer Standardisierungseinrichtung die Spezifikation zunächst auf Eis gelegt. Bis zumindest Anfang Juli soll die anhand von zahlreichen technischen Kommentaren aus den nationalen Normierungsgremien zu überarbeitende OOXML-Version auch nicht veröffentlicht werden. (Stefan Krempl) / (vbr)