Der trampende Roboter: HitchBOT hat die Hälfte geschafft

Der hitchBOT kann sich selbst nicht fortbewegen und fährt daher per Autostopp. In weniger als zwei Wochen hat er halb Kanada durchquert. Beschenkt, nicht bestohlen.

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Seit 27. Juli ist der hitchBOT von der Atlantikstadt Halifax aus quer durch Kanada unterwegs. Per Autostopp, denn dieser Konversations-Roboter kommt alleine nicht vom Fleck. In der Nacht auf Freitag (Ortszeit) erreichte er die Region um den Winnange Lake Provincial Park im westlichen Ontario. Damit hat der unbegleitete Roboter die halbe Wegstrecke in weniger als zwei Wochen geschafft. Ziel der Fahrt ist ein Museum in Victoria, der Hauptstadt Britisch-Kolumbiens auf Vancouver Island.

Nein, er schwebt noch nicht über Wasser. In großen Teilen Kanadas gibt es keinen Mobilfunkempfang. Damit kann der hitchBOT auch seinen Standort nicht kontinuierlich melden.

(Bild: HitchBOT.me)

Im Inneren des hitchBOT werken ein modifiziertes Android-Tablet samt Mobilfunkmodem, ein Arduino und ein Servomotor. Es gibt Kamera, Mikrofon, Lautsprecher und ein LED-"Gesicht". Strom bezieht der Roboter über eingebaute Solarpanele, sowie über Stecker für Netzsteckdosen respektive Zigarettenanzünderbuchsen. HitchBOT unterhält sich sehr gerne mit den Menschen, die er unterwegs trifft. Dazu versucht er sich an Spracherkennung und greift auf Informationen aus dem Internet, etwa der Wikipedia, zurück. Und er fragt um Erlaubnis, bevor er selbst Aufnahmen macht.

Der hitchBOT wagt sich quer durch Kanada (10 Bilder)

Boxenstopp in Toronto

Das Team um Frauke Zeller und David Harris Smith musste nur kleine Wartungsarbeiten durchführen. Für das Foto zeigt der hitchBOT stolz seine Geschenke.
(Bild: HitchBOT-Team)

Die Entfernungen in Kanada, dem zweitgrößten Land der Erde, sind für Mitteleuropäer unvorstellbar groß. Die Gesamtstrecke von Halifax nach Victoria ist, ohne Grenzübertritt in die Vereinigten Staaten, mindestens 6.000 Kilometer lang. Der Mittelpunkt liegt zirka 80 Kilometer westlich der Stadt Thunder Bay. Diese Marke überquerte der hitchBOT Donnerstagabend (Ortszeit). Einige Medien hatten es nicht erwarten können und die Halbzeitmarke schon etwas vorzeitig gefeiert.

Der hitchBOT ist ein soziokulturell-technisches Experiment eines Teams um die beiden Universitätsprofessoren Frauke Zeller (Ryerson-Universität, Toronto) und David Harris Smith (McMaster-Universität, Hamilton). Sie wollen unter anderem herausfinden, ob Roboter den Menschen vertrauen können. Bei Halbzeit lautet das Urteil: Ja, sie können. Zumindest wenn sie so niedlich sind, wie dieses Exemplar.

Der trampende Roboter HitchBOT

Per Anhalter alleine unterwegs - ein Roboter trampt nun schon zum dritten Mal. Es ist vor allem ein soziales Experiment: Können Roboter Menschen vertrauen? Und wie reagieren unterschiedliche Kulturen auf das ungewöhnliche Ansinnen?

Als der hitchBOT vor einigen Tagen durch Toronto kam, legte er einen kurzen Boxenstopp bei seinen "Eltern" ein. "Wir haben festgestellt, dass der hitchBOT mit viel mehr Sachen gekommen ist, als womit wir ihn losgeschickt haben", berichtete Zeller heise online, "Da war ein Rucksack, und darin befanden sich Badesandalen, ein Teddybär, eine Boa (Schal, Anmerkung) und eine Regenpelerine. Ich finde es toll wie sich die Leute des hitchBOT annehmen!"

Im Zuge des Boxenstopps wurde eine Autostartroutine für eine bestimmte Applikation hinzugefügt. Außerdem erfolgte eine Reparatur des Servomotors, mit dem der hitchBOT seinen Arm heben und senken kann. Ansonsten kamen nur modische Accessoires dazu: Der Hashtag #hitchBOT wurde aufgemalt und der Rucksack durch eine passendere Tasche ersetzt. "Wer möchte, kann Erinnerungsstücke hinein geben", meinte Zeller.

In Kanada ist die künstlerisch-kybernetische Konstruktion eine Berühmtheit. Sie hat zahllose Fans und ist unterwegs Stargast bei allen möglichen Lokalmedien. Auch die kreative Ader mancher Kanadier wird angeregt. Es gibt Gedichte (wenngleich bisweilen von vogonischer Qualität), huldigende Modelle (etwa mit CPU-Kühlern als Füße!), und natürlich die fauxBOT: Sie wartet in Victoria auf den reisenden Technokumpanen und vertreibt sich die einsame Zeit mit passender Lektüre. Das Intelligenzdelta zwischen fauxBOT und hitchBOT macht eine dauerhafte Partnerschaft der beiden allerdings unwahrscheinlich. Sorry, fauxBOT.

Seit dem Start in Halifax regnet es in den sozialen Netzen Einladungen aller Art. Nur den Wenigsten konnte der hitchBOT nachkommen. Aber manche nahm er dann doch an, etwa zu einem Powwow des Wikwemikong-Stammes auf Manitoulin. Dafür verlieh der Älteste Antoine dem ungewöhnlichen Gast sogar einen Ehrennamen: Biiaabkookwe. Das bedeutet etwa "Eiserne Frau". Für die Wikwemikong überwiegen bei der hitchBOT also die weiblichen Qualitäten. (ds)