"Impressive!" Dem Ego-Shooter Quake 3 Arena zum 15. Geburtstag

In den 90ern war alles besser, vor allem Ego-Shooter. Ende des Jahrtausends veröffentlichte id Software mit Quake 3 Arena den ultimativen Reaktionstest, der noch heute als schnellster Ego-Shooter Mäuse zum Glühen bringt.

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"Impressive!" -- Wir gratulieren Quake 3 Arena zum 15. Geburtstag

Quake 3 Arena war vor 15 Jahren nicht nur Vorreiter der Online-Shooter, sondern beflügelte auch die Hardware- und Zubehör-Industrie sowie die Professionalisierung der Spieler.

(Bild: id Software)

Lesezeit: 8 Min.
Inhaltsverzeichnis

Als Quake 3 Arena (Q3A) am 2. Dezember 1999 auf den Markt kam, begann der Boom der Online-Spiele. Das damals noch junge Internet wurde endlich schnell genug, dass man nicht mehr unbedingt seinen schweren Desktop-PC zur nächsten LAN-Party schleppen musste, sondern auch online genügend Mitspieler für rasante Action-Spiele fand. Akribisch wurden Ping-Zeiten in Millisekunden gemessen und die Zahl verfügbarer Server in c't-Tests analysiert.

Konsequenterweise konzentrierte sich id Software, der Pionier in Sachen Ego-Shooter, bei Quake 3 Arena auf den Online-Modus. Eine Solo-Kampagne, das zentrale Element für damalige Titel wie Half-Life oder Unreal, wurde schlicht gestrichen. Doch da man sich nicht allein auf die Online-Gefechte verlassen wollte, programmierte id Software noch Bots hinzu, mit denen man auch offline üben konnte. Solche kannte man schon aus den Vorgängern, wo sie allerdings mit kryptischen Terminal-Befehlen aus User-Modifikationen geladen werden mussten. Die Bots in Quake Arena konnte man in jedem Match einfach per Mausklick aussuchen und hinzufügen.

Rückblick: Quake 3 Arena (6 Bilder)

Quake 3 Arena: Vor rund 20 Jahren musste man in Deutschland schnell sein, um eine solche Box zu ergattern. Aufgrund der Indizierung nur einen Monat nach der Veröffentlichung verschwand das Spiel vorerst aus dem Handel. (Bild: id Software)

Die Figuren sahen nicht nur fantasievoll aus – man denke an Orbb, das laufende Auge, oder den Skateboard-Gleiter – sondern legten auch unterschiedliche Spielweisen an den Tag. Wer wollte, konnte ihre Verhaltensvariablen in separaten Editoren den eigenen Bedürfnissen anpassen. In puncto KI haben sich Ego-Shooter seither kaum weiterentwickelt – im Gegenteil verzichten die meisten Spiele auf vernünftige Bots. So brachte zwar der 2005 erschienene Nachfolger Quake 4 auch einen Online-Modus wie in Q3A mit, ohne Bots konnte es sich bei Spielern aber nicht durchsetzen.

Im Vergleich zum Konkurrenten Unreal Tournament von Epic, der Spieler meist in Teams antreten ließ, konzentrierte sich Quake 3 Arena in erster Linie auf Schießereien "Jeder gegen Jeden" – vor allem Duelle. Von spannenden Turnieren konnte man sich gar im Spiel Aufzeichnungen anschauen, Jahre bevor Twitch und Youtube das Internet mit "Let's Plays" überfluteten. Weil für die Aufzeichnungen nur die Steuerdaten der Spielzüge übermittelt wurden und die Replays in der Engine des Spiels liefen, konnte man nach Belieben die Perspektive wechseln und die Partie aus den Augen der Kontrahenten verfolgen.

Wie zuvor in Doom und Quake gab id Software auch für Q3A die Schnittstellen frei und veröffentliche einen kostenlosen Editor, sodass Hobbyisten eigene Programm-Modifikationen veröffentlichen konnten. Der Programmcode ist seit 2005 unter der GNU GPL frei verfügbar – auch dies ist eine von id Software gepflegte Tradition. Als Grafikschnittstelle setzten die Texaner schon seit dem ersten Quake auf OpenGL statt Direct3D, was Portierungen deutlich vereinfachte.

Die Arenen waren so verwinkelt gebaut und nutzten die Vertikale so stark, dass man das Spiel eigentlich nur mit Maus und Tastatur vernünftig steuern konnte. Sämtliche Konsolen-Portierungen – angefangen mit der Dreamcast-Version – krankten an der Gamepad-Steuerung, mit denen man sich nicht schnell genug drehen konnte. Dazu war das damals neue Gehüpfe über Trampolin-Pads einfach zu schnell. Erst Jahre Später gelang Ego-Shootern wie Halo und Call of Duty auf Konsolen der Durchbruch, weil sie das Spiel deutlich verlangsamten, schnelle vertikale Wechsel vermieden und die Steuerung auf Gamepads optimierten.

Quake 3 Arena war auf Tempo und Präzision ausgelegt. Symptomatisch dafür ist die Rail Gun, die nur einen dünnen Laser abfeuert, der bei einem Volltreffer aber oftmals tödlich ist. Weil sie relativ lange zum Nachladen benötigt, muss jeder Schuss sitzen, damit einen der Gegner nicht mit dem Raketenwerfer erwischt.

Das hohe Tempo von Quake 3 Arena beflügelte auch die Hardware-Industrie. Nicht nur, dass neueste Grafikkarten stets mit höheren Frameraten um die Gunst der Käufer warben, nein auch bei Mäusen war plötzlich Tempo gefragt. Aufstrebende Firmen wie Razer verkauften anfangs noch Kugelmäuse, weil die damals noch junge Technik der optischen Abtastung einfach zu langsam und ungenau war. Da wurden USB-Kabel auf 1000 Hz beschleunigt, nur damit der nächste Schuss mit der Rail Gun nicht daneben ging. Plötzlich konnte man viel Geld für Plastik-Brettchen mit besonders reibungsarmer Oberfläche, Teflon-Klebeband und Kabelhalter ausgeben. Ohne Quake 3 Arena wäre der noch heute florierende Markt an überteuertem Gaming-Klimbim wahrscheinlich nie so hochgekocht.

Im puristischen Ego-Shooter-Sport kriegen sich passionierte Q3A-Spieler noch heute in die Haare, wenn auch nur die Nachkommastelle irgendeines Spielparameters vom Hersteller geändert wird. Schließlich hängen daran ganze Profi-Spieler-Karrieren – wie die von Jonathan Wendel, Spitzname Fatal1ty, der dank Quake 3 Arena äußerst lukrative Werbeverträge abschließen konnte und beispielsweise lange Zeit für Soundkarten und Headsets von Creative Labs warb. Nicht, dass Jonathan Wendel dafür bekannt wäre, besonders empfindliche Ohren zu haben. Und für Ansagen im Spiel wie "Impressive!" oder "Quad Damage!" braucht es eigentlich auch keinen besonders guten Sound. Aber mit der Aussicht auf Ruhm beim nächsten LAN-Turnier kann man zahlungskräftigen Spielern offenbar auch teure Sound-Karten andrehen.

Heutzutage läuft Quake 3 Arena selbst auf dem langsamsten Büro-PC schnell genüg. Man braucht nicht mehr die Bildschirmauflösung herunter zu regeln oder Grafikeffekte abzuschalten um hohe dreistellige Frameraten zu erreichen (über die auf Konsolen hochgehaltenen 60 fps lacht der Quake-Spieler). Trotzdem sieht das Spiel heutzutage keineswegs alt aus, denn bei dem hohen Tempo hat man sowieso keine Zeit, auf Details zu achten.

Als Entwickler id Software 2009 von Zenimax aufgekauft wurde, portierten sie das Spiel unter dem Namen "Quake Live" für Windows-Browser (OS X und Linux wurden leider fallen gelassen) und änderten das Bezahlmodell in "Free to Play". Damals war dieser irreführende Marketing-Begriff noch neu und noch kein Reizwort für passionierte Spieler. Sie konnten den zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Shooter nun plötzlich ohne aufwendige Installation auf ihrem Büro-PC spielen. Zum Üben gegen Bots oder für eine gelegentliche Online-Partie genügt die kostenlose Version. Nur wer mit seinem Clan eigene Server aufsetzen und Turniere veranstalten will, muss eine monatliche Gebühr bezahlen. Ein im Unterschied zu vielen anderen Free-to-Play-Titeln durchaus transparentes, wie faires Angebot.

Inzwischen wurden neben der offiziellen, oftmals unterschätzen Erweiterung Team Arena auch zahlreiche Modifikationen und von Hobby-Designern für das alte Q3A gestaltete Karten in Live integriert. Für Diskussionen sorgten die zahlreichen Änderungen, die id Software in diesem Herbst anlässlich der Veröffentlichung von Quake Live auf Steam vornahm. Weil das Spiel wie kaum ein anderer Ego-Shooter Reflexe und Timing der Spieler fordert und Neulinge gegenüber Veteranen chancenlos sind, baute id Software neue Hilfen ein. In den Grundeinstellungen starten Spieler nun mit zwei Waffen und über jedem Spawning-Punkt zeigt ein Timer an, wann dort wieder Munition oder ein Power-up erscheint. So müssen Neulinge nicht wie Profis eine eigene Uhr im Kopf haben, dass sie auf die Sekunde genau auf ein sich materialisierendes Power-up springen. Die Änderungen nehmen etwas die Taktik aus dem Spiel und machen es actionreicher.

Traditionalisten, die sich nach wir vor in Turnieren messen, setzen hingegen auf das alte Originalspiel, das sie mit der Turnier-Variante Challenge Promode Arena (CPMA) und den zugehörigen Karten versehen. Hier können Profis seit sieben Jahren unverändert ihre Reflexe messen.

Auch nach 15 Jahren ist Quake 3 Arena so quicklebendig wie kaum ein anderer Titel im schnelllebigen Markt der Action-Spiele. Als reiner Grafik-Benchmark hätte es nie so lange überleben können. Vielmehr ist es wegen seiner puristischen Konzentration auf das spielerisch Wesentliche ein zeitloser Klassiker, der neben Pong oder Pac-Man steht. Als technischer Vorreiter hat der Ego-Shooter den Spielemarkt, wie wir ihn heute kennen, maßgeblich beeinflusst: bei Online-Spielen, der Professionalisierung von Spielern bis hin zur Entwicklung des Marktes für Gaming-Hardware und Spielübertragungen. Dazu herzlichen Glückwunsch! (hag)