Digitale Agenda: Bundesregierung drängt auf "intelligente Vernetzung"

Das Bundeskabinett hat eine Strategie beschlossen, mit der es die Digitalisierung ressortübergreifend vorantreiben und im öffentlichen Sektor Kosten reduzieren will. Dabei geht es auch um Netzneutralität und Open Innovation.

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Konferenz zur Digitalisierung

(Bild: dpa, Bernd von Jutrczenka)

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Mit 36 konkreten Maßnahmen möchte die Bundesregierung die "intelligente Vernetzung" vorantreiben und so Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Arbeit "optimiert" nutzen. Sie hat dazu am Mittwoch eine Strategie verabschiedet, mit der sie zugleich Teile ihrer voriges Jahr beschlossenen digitalen Agenda schneller umsetzen möchte.

Im Bereich der Digitalisierung sollen die verschiedenen Ministerien stärker zusammenarbeiten. In den öffentlichen Sektoren Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung könne die angestrebte smarte Vernetzung Kosten "dämpfen" und "weitere Chancen für Wachstum und gesellschaftliche Entwicklung" eröffnen, glaubt das Bundeskabinett. Das sei etwa in den Bereichen Datenschutz und IT-Sicherheit, Nutzerauthentifizierung über den neuen Personalausweis, Datenplattform-Architekturen, Standardisierung und Normung sowie Marktzugang "aussichtsreich". Zudem soll die Beteiligung der Öffentlichkeit unter anderem durch eine "Open-Innovation-Plattform" ausgebaut werden.

Der Bund will laufende "übergreifend mustergültige" Digitalisierungsprojekte in einer "Online-Landkarte" systematisch erfassen. Die Regierung verspricht, geschützte Inhalte für Schule sowie Qualifizierung besser nutzbar zu machen und dabei die Interessen aller Beteiligten zu bewahren. Insbesondere solle dazu eine "Bildungs- und Wissenschaftsschranke" ins Urheberrecht eingeführt werden. Auch eine umfassende Open-Access-Linie ist geplant. Gemeinsam mit den Ländern soll ferner eine Strategie "digitales Lernen" entwickelt werden.

Zu den geplanten Regierungszielen soll es auch gehören, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern. Diesen Begriff fasst das Kabinett aber weit. So will es "die Erbringung von Spezialdiensten unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin ermöglichen", da bestimmte Anwendungen wie autonome Fahrzeuge, Steuereinrichtungen in Energienetzen oder in der Telemedizin "eine Mindestqualität der Datenübertragung" erfordern. Hier sei zu überlegen, ob "Priorisierungen beim Datenverkehr ermöglicht werden sollten".

Die Minister einigten sich ferner auf eine gemeinsame Position zur Strategie der EU-Kommission für einen digitalen Binnenmarkt. Sie wollen das Brüsseler Vorhaben demnach "eng und konstruktiv" begleiten, da "isolierte Maßnahmen auf nationaler Ebene in diesen Bereichen nicht ausreichend" seien.

Parallel hat sich die Regierung mit einem "Fortschrittsbericht" zur digitalen Agenda selbst ein gutes Zeugnis ausgestellt. Als Meilensteine bezeichnet sie es hier, dass der Breitbandausbau vom Staat mit 2,7 Milliarden Euro gefördert werde, das IT-Sicherheitsgesetz in Kraft getreten und ein Gesetzentwurf zur Routerfreiheit auf den Weg gebracht worden sei.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco ging mit dem digitalen Aufgabenheft der Regierung dagegen jüngst streng zu Gericht: dicke Bretter seien noch nicht gebohrt, wichtige Maßnahmen wie das geplante WLAN-Gesetz auf die falsche Spur gesetzt worden. Der Netzexperte der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, rügte nun, dass das Kabinett mit seinen jüngsten Beschlüssen zur digitalen Agenda "die Axt an die verfassungsrechtlich verbrieften Rechte" der Bürger gelegt habe und das freie Internet gefährde. (vbr)