Apple vs. FBI: Obama will starke Verschlüsselung mit Hintertür

Der US-Präsident spricht auf dem Technikfestivals "South by Southwest" (SXSW) über Verschlüsselung, Kindesentführern, Terroristen und Kinderpornographie. Er wünscht sich alles ganz sicher, aber mit Zugriff für die Behörden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 366 Kommentare lesen
Barack Obama

Wiederholt erwähnte Barack Obama bei seinen Ausführungen Kinder.

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

US-Präsident Barack Obama war Freitag Stargast bei der Eröffnung des US-Technikfestivals "South by Southwest" (SXSW) in Austin, Texas. Dort warb er bei der Tech-Branche um Unterstützung der öffentlichen Verwaltung. Gegen Ende seines Auftritts wurde er nach seiner Meinung zum Konflikt "Apple vs. FBI" gefragt. "Ich kann den spezifischen Fall nicht kommentieren", merkte der Präsident an, bevor er sich ausführlich dem allgemeinen Thema widmete. Es zeigte sich, dass der Jurist von sicherer Verschlüsselung, aber mit einem Zugang für Behörden träumt – wenn diese gegen das Böse kämpfen.

Apple vs. FBI: Streit über iPhone-Entsperrung

"Wir Alle schätzen unsere Privatsphäre", hob Obama an, erwähnte Verfassung, Bürgerrechte und die "gesunde Skepsis" der Amerikaner gegenüber ihrer Regierung. Aber bei Tatverdacht wegen Kindesentführung, Beteiligung an Terrorplänen oder schweren Verbrechen habe es schon immer Hausdurchsuchungen gegeben, bei denen die Polizei in der Unterwäsche des Verdächtigen nach Beweisen suche.

Wie bei Religionsfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung gäbe es auch bei der Privatsphäre Einschränkungen. Diese würden sicherstellen, "dass wir sicher sind und in einer zivilisierten Gesellschaft leben." Umgehend kehrte er zum Datenschutz zurück: "Ich meine, es gibt sehr reale Gründe, warum wir sicherstellen wollen, dass die Regierung nicht nach Belieben in jedermanns iPhone oder Smartphone hinein kann, die voll mit sehr persönlicher Information […] sind."

Es folgte ein Exkurs über Edward Snowden: "Seien wir ehrlich: Die ganze Snowden-Enthüllungs-Episode hat den Verdacht der Leute (gegen die Regierung) verstärkt. Ich möchte sagen, dass die Snowden-Angelegenheit die Gefahr für US-Staatsbürger enorm übertrieben hat, in Bezug auf die Spionage", suchte der US-Präsident seine Landsleute zu beruhigen.

"Tatsache ist, dass unsere Geheimdienste sehr gewissenhaft sind bezüglich US-Personen, Menschen auf US-Boden", meinte der Regierungschef. "Was [Snowdens] Enthüllungen identifiziert haben, waren Zugriffe in Übersee, in Bezug auf Leute, die nicht in [den USA] sind", fuhr Obama fort, "Viel davon ist gefixt worden."

"Wir wollen nicht, dass die Regierung durch jedermanns Telefone wühlen kann, einfach so, ohne Kontrolle oder Tatverdacht oder klare Absicht, dass es gezielt gegen jemanden geht, der ein Übeltäter sein könnte", fand Obama wieder zurück zum Thema Apple vs. FBI, "Was die Sache verkompliziert, ist, dass wir auch starke Verschlüsselung wollen." Denn sie diene dem Schutz gegen Terror und gegen Angriffe auf Systeme wie das Finanzwesen oder den Luftverkehr.

"Die Frage, die wir jetzt stellen müssen, ist, ob es technisch möglich ist, ein unzugängliches Gerät oder System zu bauen, bei dem die Verschlüsselung so stark ist, dass es keinen Schlüssel gibt, keine Tür; wie wir dann die Kinderpornographen dingfest machen, wie wir einen Terrorplan [...] vereiteln, welche Mechanismen wir zur Verfügung haben, auch gegen so simple Dinge wie Steuerhinterziehung vorzugehen", setzte der Präsident Schlüsselbegriffe.

"Wenn wir das tatsächlich nicht cracken können, dann läuft jeder mit einem Schweizer Bankkonto in der Tasche herum", kritisierte Obama, "Also muss es gewisse Zugeständnisse für die Notwendigkeit geben, an diese Informationen heranzukommen, irgendwie." Ob eine Hintertür für ein Gerät alle (gleichartigen) Geräte gefährde, sei "eine technische Frage. Ich bin kein Softwareentwickler. Ich glaube, dass es technisch korrekt ist, aber übertrieben werden kann."

Die Gesellschaft solle "entscheiden, wie wir diese Risiken ausbalancieren." Und zwar "unabhängig vom konkreten Fall zwischen dem FBI und Apple, den wirtschaftlichen Anliegen, was die chinesische Regierung damit machen könnte, sogar, ob wir der US-Regierung vertrauen." Er, Obama, habe eine Gruppe schlauer Leute, die an dem Problem arbeiteten. "Wir sind intensiv an die Tech-Branche herangetreten", damit diese das Problem löse.

"Meine Schlussfolgerung ist, dass Sie keine keine absolutistische Sichtweise haben dürfen", wandte sich der Präsident an die Vertreter der technischen Wirtschaft. Nicht einsehbare Black Boxes würden nicht jene Balance darstellen, "mit der wir 200, 300 Jahre gelebt haben." Telefone als Fetisch über alle anderen Werte zu stellen, könne nicht die richtige Antwort sein.

Edward Snowden wurde diese Woche mit dem norwegischen Ossietzky-Preis für Meinungsfreiheit ausgezeichnet.

(Bild: Freedom of the Press Foundation CC-BY 4.0 )

Verschlüsselung solle so sicher wie möglich sein, die Hintertüren so sicher wie möglich, der Zugriff auf die kleinstmögliche Menge an Leuten begrenzt, und zwar für ausgewählte, wichtige Fälle. "Wie wir das designen, dafür habe ich nicht das Expertenwissen", gestand der Präsident ein. Selbst sieht er sich "weit auf der Seite der Bürgerrechte. […] Aber die Gefahren sind real. Recht und Gesetz in einer zivilisierten Gesellschaft zu bewahren, ist wichtig; unsere Kinder zu schützen, ist wichtig."

Noch einmal warnte er vor Hardliner-Positionen und warb für Zugeständnisse. So wie es auch Verkehrskontrollen gegen betrunkene Autofahrer gäbe, dürften Daten nicht von Grundrechts-Kompromissen ausgenommen sein. Für die Lösung des Problems sei die Mitarbeit der Technikbranche unerlässlich.

Zum Schluss malte er ein bekanntes Szenario an die Wand, sollte es für das Problem keine baldige Lösung geben: Etwas Böses werde passieren, woraufhin sich die politische Lage drehen werde. "Es wird unsauber und gehetzt werden. Es wird vom Parlament verabschiedet werden und nicht durchdacht sein", sagte Obama, "Und dann werden Sie wirklich eine Gefahr für die Bürgerrechte haben." (ds)