Autobahnverbrauch des e-Soul bei Frühlingswetter

Dauertest Kia e-Soul: Fernfahren

Verbrauchsmessungen waren schon immer konfliktträchtig. Wir geben von den für BEV so wichtigen Umweltbedingungen möglichst viele an, damit die Messwerte nachvollziehbarer werden. Doch Achtung: Der Haupteinflussfaktor ist die Verkehrsdichte

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Kia e-Soul 10 Bilder

(Bild: Gleich)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Dieser Erfahrungsbericht besteht aus mehreren Teilen. Dieses ist der vierte Teil.

Teil 1: Ein Auto, das in positiver Hinsicht vollkommen normal ist
Teil 2: Batteriehub und Reichweite
Teil 3: Vorschläge und Erfahrungen aus dem Gewirr von Ladekarten und Apps
Teil 5: BEV-Kaufberatung
Teil 6: Dauertest-Fazit

Jede Diskussion über Verbrauch läuft aus dem Ruder, weil jeder Mensch sich selbst als das Maß der Dinge ansieht. Deshalb versuche ich, hier möglichst klar die Bedingungen der Messungen offenzulegen. Dass ein batterieelektrisches Fahrzeug (BEV) in Sachen Reichweite anfälliger gegenüber Umweltbedingungen ist, dürfte mittlerweile bekannt sein. Wer sich damit noch nicht beschäftigt hat: Ein Verbrennerantrieb kann bei höherer Geschwindigkeit je nach Drosselklappenöffnung genauso viel oder weniger verbrauchen als bei niedrigerer Geschwindigkeit. Das gilt vor allem für Benziner.

Der Verbrenner hat eine enorme Menge Energie im Tank, von der er den Großteil als Abwärme verschwendet. Durch die hohe Reichweite levelt sich ein typischer Verbrauch über eine Tankfüllung über einen viel weiteren Nutzbereich aus. Das BEV dagegen wird von einem vergleichsweise kleinen Energiespeicher gespeist, dessen Kraft er sehr effizient auf die Räder bringt. Ein beim Diesel unbemerkbarer Umwelteinfluss fällt dem Fahrer sofort beim Blick auf den Schnittverbrauch auf.

Bei der ersten Autobahn-Messfahrt mit dem Kia e-Soul regnete es bei unter 10° C Hunde und Katzen. Daraus resultierte ein höherer Verbrauch. Ich versprach einen weiteren Test bei optimalem Wetter. Dieses Wetter passierte vor Kurzem: 21° C, trocken, kaum Wind. Wie vorher fuhr ich bei offener Autobahn Tempomat 130 km/h und sonst die erlaubte, niedrigere Geschwindigkeit. Wir wissen in der Redaktion natürlich, dass viele Elektroautofahrer langsamer fahren, um am Ende des Tages schneller anzukommen. Sie können sich an meinen Werten orientieren und niedrigere annehmen für sagen wir: 120 km/h.

Ich entschied mich jedoch für die Autobahn-Richtgeschwindigkeit, weil wir mit dem e-Soul die Eignung solcher Autos für die Masse testen wollen, die sich auch ohne Lademöglichkeit daheim für so ein Auto interessieren. Diesem Publikum will ich nicht mit „dann fahr halt 90“ kommen. „Der Welpenschutz für diese Antriebe ist vorbei“, formulierte es Kollege Martin Franz. 130 km/h ist eine Geschwindigkeit, die viele Autofahrer freiwillig auch im Verbrenner fahren, denn dabei kommen sie auf einen guten Kompromiss zwischen Verbrauch und Vorankommen.

Ze German Autobahn

Was sich bei Frühlingstemperaturen (O Wunder!) am stärksten als Effekt zeigte, war die Verkehrsdichte. Dichterer Verkehr sorgt für einen niedrigeren Geschwindigkeits-Schnitt und damit für niedrigere Verbräuche. Es ist ein unfreiwilliges langsamer Fahren. An zwei verkehrsreichen Tagen in Folge maß ich über 715 km an der Ladesäule einen Schnitt von 16,6 kWh auf 100 km. Der interne Nettowert zu diesem Bruttowert muss entfallen, weil ihn das Auto zu diesem Trip-Zähler mit 16,8 kWh angab, eine physikalische Unmöglichkeit. Einem Wert musste ich vertrauen, und meine Wahl fiel auf die Ladesäulen, weil die dem Eichrecht entsprechen müssen. Meine Theorie bis jetzt: Die Schnelllader verwirren die Messung im Auto, denn am AC-Lader passierte so etwas nicht. Ziehen wir die bisher üblichen 10 Prozent Verlust ab, liegt der Nettoverbrauch bei nur 14,9 kWh. [Update:] Ich habe eine neue Messung nur an ganz neuen Schnelladern gemacht, die nur noch den Schluss zulässt: Die alten Lader zählen zu Gunsten des Kunden zu niedrig. Die korrekten Werte lauten daher: 16,6 kWh netto und 18,3 kWh brutto (extrapoliert). [/Update]

Bei leerer Strecke (höherer Schnitt!) und gutem Wetter stieg der Verbrauch auf 18,3 kWh / 100 km brutto. Hier gab Kias Anzeige wieder einen höheren Wert an: 18,7 kWh. Wenn wir vom Brutto-Messwert (18,3) ausgehend wieder 10 Prozent Verlust annehmen, kommen wir auf 16,8 kWh netto. [Update:] Hier liegen die korrekten Werte bei 18,3 kWh netto und 20,1 kWh brutto (extrapoliert). [/Update] Beides sind gute Werte, mit denen der Reisende im e-Soul ruhig im Frühling eine Erstetappe von über 300 km planen kann. Auch hier vermissen wir jedoch ein sinnvolles Reichweitenschätzeisen. Kia verrät nicht genau, wie das Ding schätzt, aber es lag bei mir noch nie richtig. Es fehlen auch Hilfestellungen aus dem System. Teslas Software sagt dir zum Beispiel: „Wenn du am eingegebenen Ziel ohne Laden ankommen willst, musst du jetzt 110 km/h fahren.“ Solche Energie-Infos fehlen bei Kia leider komplett, sodass solche Berechnungen am Fahrer hängenbleiben.

Fast Lane

Da Kia keine klaren Angaben zur Ladeleistung macht, lud ich probeweise an einem Ionity-Lader mit flüssig gekühltem Kabel. Der e-Soul zog daran bei SoC 53 % 75 kW. Maximum sind 77 kW. Dieser Wert kommt zustande, weil Kias Batteriemanagement bei 200 Ampere autoseitig Schluss sein lässt, wahrscheinlich für ein längeres Batterieleben. Am Ionity-Lader sprang auch das erste Mal der Ladelüfter an, der am 50-kW-Lader nie lief. Sie finden die komplette Ladekurve des 64-kWh-Antriebs beim niederländischen Anbieter Fastned.