Montreal wirft E-Tretroller raus

Kaum ein Tretroller-Fahrer hat sich an die Vorschriften gehalten. Daher dürfen Lime und Bird in Montreal nicht weitermachen.

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Tretroller der Firma Bird, abgestellt auf dem Gehsteig

Ein Tretroller der Firma Bird, abgestellt auf dem Trottoir.

(Bild: heise online / Daniel AJ Sokolov)

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Kanadas zweitgrößte Stadt Montréal wird dieses Jahr keine Genehmigungen für freistehend vermietete elektrische Tretroller ausstellen. Die Stadtverwaltung hat einen dreimonatigen Pilotversuch des letzten Sommers ausgewertet und hält ihn für gescheitert, obwohl mehr als 220.000 Fahrten registriert wurden. Denn über 80 Prozent der Fahrzeuge wurden außerhalb der dafür gekennzeichneten Bereiche abgestellt und so zu Hindernissen für Fußgänger und Radfahrende.

Außerdem sollen zahlreiche Benutzer die herrschende Helmpflicht ignoriert haben. 324 einschlägige Strafmandate hat die örtliche Polizei in den drei Monaten des Pilotversuchs ausgestellt, wie die Webseite La Presse berichtet. "Montreal möchte nicht zur Tretroller-Polizei werden", zitiert sie den zuständigen Stadtrat Eric Alan Caldwell. Die Betreiberfirmen des Pilotprojekts, Lime und Bird, zeigten sich enttäuscht.

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Caldwell ist zwar nicht grundsätzlich gegen einen neuen Anlauf, doch fordert er die Betreiber auf, mehr Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften zu übernehmen. Überhaupt dürften Fußgänger und Radfahrer nicht behelligt werden. Die von Montreal umgebene englischsprachige Kleinstadt Westmount hat ebenfalls mitgeteilt, sich die weitere Vermietung der E-Tretroller zu verbitten. Solche Fahrzeuge in Privatbesitz dürfen in beiden Städten weiter gefahren werden.

Die Uber-Tochter Jump, die elektrisch unterstützte Fahrräder vermietet, darf unterdessen weitermachen. Das meldet Radio Canada, der französischsprachige öffentliche Rundfunk Kanadas. Jump reagierte "mit Enthusiasmus" auf die Nachricht. Jump-Räder mussten schon bisher nach jeder Fahrt an einen Fahrradständer angeschlossen werden. Daher stellen sie seltener ein Hindernis dar.

Allerdings zieht Montreal die Zügel an. Es soll dieses Jahr höchstens drei Betreiber geben, die jeweils maximal 1.000 E-Fahrräder in Umlauf bringen dürfen. Die Gebühr für die Genehmigung wird angehoben; zusätzlich wird eine Abgabe von 75 Dollar (zirka 53 Euro) je Miet-Fahrrad fällig. Mit dem Geld möchte die Stadt zusätzliche Fahrradständer finanzieren.

E-Stehroller im öffentlichen Verkehr (76 Bilder)

Seit dem 15. Juni 2019 sind Elektro-Stehroller, auch E-Tretroller oder E-Scooter genannt, auf öffentlichen Straßen in Deutschland zugelassen. Schon wurden die ersten in deutschen Städten gesichtet.
(Bild: Lime)

Montreal hat seit 2009 ein Vermietsystem muskelgetriebener Fahrräder. 2013 ging der Betreiber bankrott, die Stadt kaufte die Konkursmasse auf. Seither vermietet sie selbst die Fahrräder unter dem Namen Bixi. Die hohen Abgaben für elektrisch unterstützte Fahrräder könnten deren Vermietern erschweren, in Preiswettbewerb mit dem städtischen Bixi zu treten.
(ds)