Klage wirft Google Irreführung bei Datenschutzeinstellungen vor

Selbst wenn User die Aufzeichnung von App-Aktivitäten ausschalten, sammelt Google weiter Daten - über Firebase-Code in den Apps. Das bekrittelt eine US-Klage.

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Tablet, das "Google" anzeigt

Weil in so vielen Apps Google-Code steckt, sollen auch User betroffen sein, die ein Apple-Handy ohne Google-Apps verwenden.

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"Google verspricht Nutzern Kontrolle und Datenschutz. In der Praxis ist Google ein Voyeur extraordinaire." Diesen Vorwurf erhebt eine Sammelklage, die am Dienstag beim Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien eingelangt ist. Moniert wird, dass Google die User in die Irre führe. Der Datenkonzern verspreche den Nutzern Kontrolle über ihre Daten und biete konkret die Möglichkeit, die Aufzeichnung der Web- und App-Aktivitäten zu unterbinden. Dann aber würden doch Daten gesammelt.

Was genau bewirken diese Einstellungen und was nicht?

(Bild: Screenshot)

Hebel für die unerbetene Datensammlung sei das für Millionen Apps verwendete Software Development Kit (SDK) Firebase. Apps mit Firebase-Code würde jeden Aufruf einer App-Seite registrieren und dabei zumindest die URL der Seite, die verweisende Seite (Referrer) und die Bezeichnung der Seite (Title) an Google-Server melden. Google zwinge die App-Programmierer quasi zum Einsatz von Firebase, denn ohne Firebase gäbe es weder Zugriff auf Google Analytics noch Googles Werbevermittlung. Auch für die Vermarktung der App in Googles Play Store herrsche Firebase-Zwang.

"Damit werden alle Anforderungen von Inhalten der App für Google zugänglich, sammelbar und nutzbar – unabhängig davon, ob der User ausdrücklich die Zustimmung zur Sammlung und Auswertung dieser Informationen zurückgezogen hat", führt die Klageschrift aus. Google verwende die Daten, um durch individuelle Zuweisung von Werbeschaltungen Milliarden einzunehmen. Betroffen seien nicht nur Android, sondern auch zahlreiche iPhone-Apps.

Unwahr sei, dass Google die via Firebase gesammelten Daten ausschließlich für die App-Betreiber, aber nicht für eigene Zwecke speichere. Denn die Betreiber würden zunächst nur oberflächliche Informationen bekommen. Für detaillierte Informationen über die Nutzung ihrer Apps müssten sie Dienste wie Googles Display & Video 360 nutzen. Ein Jahresabo kostet große App-Betreiber in den USA sechsstellige Beträge.

"Dass Google solch detaillierte Daten besitzt und als Geisel hält, ist Beweis, dass Google die Verbraucherdaten vorwiegend für die eigene Nutzung und finanziellen Gewinn abfängt und sammelt", meinen die beiden Kläger, eine Kalifornierin und ein Mann aus Florida. Sie beantragen die Anerkennung als Sammelklage für Millionen Betroffene sowie ein Geschworenenverfahren. Eine Reaktion von Google liegt noch nicht vor.

Die Klageschrift erwähnt auch Vorwürfe, die dieselbe Anwaltskanzlei in einer im Juni erhobenen Sammelklage (Brown v. Google, US District Court Northern California, Az. 5:2020-cv-03664) vorbringt. Dort geht es um Datensammelei trotz Inkognito-Modus des Google-Browsers Chrome. Außerdem wird auf eine im Mai vom US-Staat Arizona erhobene Klage gegen Google (Arizona v. Google, Arizona Sup. Ct., Az. 2020-006219) verwiesen. Demnach soll Google laufend versuchen, die Aufenthaltsorte von Nutzern zu eruieren, selbst wenn sie Location Tracking ausdrücklich deaktiviert haben.

Das neue Verfahren heißt Anibal Rodriguez et al v. Google et al und ist am US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien unter dem Az. 5:20-cv-04688 anhängig.

(ds)