Windenergie: Zuwachs "reicht nicht" für die EEG-Ziele

Die hiesige Windenergiebranche sieht sich leicht im Aufschwung: Im ersten Halbjahr wurden 240 Anlagen installiert. In Deutschland herrscht ein Nord-Süd-Gefälle.

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(Bild: TebNad/Shutterstock.com)

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Die deutsche Windenergie-Industrie verspürt wieder etwas mehr Auftrieb. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 240 Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von 971 Megawatt (MW) in Deutschland installiert. Dieser Zubau übertrifft bereits die Menge, die im Gesamtjahr 2019 installiert wurde. Das vorvergangene Jahr war mit einem Plus von 958 MW aber auch der Tiefpunkt beim Ausbau der Windenergieleistung seit dem Jahr 2000. Der bislang erreichte Höchststand lag 2017 bei einem Bruttozubau von 5498 MW.

Immerhin liegt die Zahl für die ersten sechs Monate auch 62 Prozent über der Leistung, die im ersten Halbjahr 2020 in Betrieb genommen wurde. Im vorigen Jahr landete die Branche insgesamt bei einem Plus von 1412 MW. 135 Windräder mit einer Leistung von 140 MW haben die Betreiber während der vergangenen sechs Monate aber auch stillgelegt. Der Nettozubau betrug so 831 MW. Der gesamte Anlagenbestand stieg bis Ende Juni um 1,5 Prozent auf 55.772 MW. Für diese Kapazität sorgen aktuell in der ganzen Republik 29.715 Windenergieanlagen an Land.

Die Angaben stammen aus einem für die Branchenverbände VDMA Power Systems und Bundesverband Windenergie (BWE) erstellten Statusbericht der Deutschen WindGuard. Die regionale Verteilung der Anlagen zeigt demnach ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Die Küstenländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie Bremen und Hamburg stellen etwa 41 Prozent der kumulierten installierten Leistung. Den Bundesländern in der Mitte Deutschlands sind rund 44 Prozent zuzuordnen, wobei Brandenburg hier knapp vor Nordrhein-Westfalen liegt.

"Das erneute Marktwachstum reicht nicht aus, um die Zielvorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2021 von knapp 4000 MW pro Jahr zu erfüllen", mahnt Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems, die Politik zur Eile. Mit dem verschärften Klimaschutzgesetz und der erhöhten Stromverbrauchsprognose werde eine weitere Erhöhung der jährlichen Brutto-Ausbauziele auf mindestens 5000 MW in Deutschland erforderlich. Zudem müsse mit dem EU-Maßnahmenpaket "Fit for 55" der Ausbau der Windenergie in Europa von jährlich 15.000 auf 30.000 MW verdoppelt werden.

Die nächste Bundesregierung sehen die Verbände daher in der Pflicht, noch vor dem Jahresende gesetzgeberisch tätig zu werden. Sie müsse in den ersten 60 Tagen "die Weichen für Genehmigungen in einer Größenordnung von 6000 MW pro Jahr stellen". Damit ließe sich die Delle im Zubau zwischen 2018 und 2021 auffangen sowie "die Erneuerung des Anlagenparks" auch mit dem sogenannten Repowering gestalten.

Der Bundestag hatte im Juni einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem er die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen implementieren will, sowie eine Verordnung zur EEG-Umsetzung. Dadurch soll das Zulassungsverfahren für Windräder effizienter und weniger kompliziert werden. Das Repowering hat die Koalition erleichtert: Dabei ist künftig im Genehmigungsverfahren nur noch maßgeblich, ob zusätzliche Belastungen entstehen.

Die beiden Verbände beklagen generell eine "schlechte Regulierung". "Mangelnde verbindliche Flächenausweisungen, unsäglich verkomplizierte Genehmigungsprozesse" und der ungeklärte Artenschutzkonflikt bremsten die Branche nach wie vor aus. Derzeit sei es aufgrund der Verfahrensdauer und Kleinteiligkeit bei der Planung teils kaum möglich, Transportkosten und Genehmigungszeiträume für Projekte mit ausreichend Vorlauf verlässlich zu kalkulieren. Zuvor war bekannt geworden, dass Windkraftwerke in der Nordsee im ersten Halbjahr wetterbedingt deutlich weniger Strom lieferten als im Vorjahreszeitraum.

(vbr)