Produkthaftung und KI: EU-Kommission fragt nach Ihrer Meinung

Seit 1985 gilt die Produkthaftungsrichtlinie. Seitdem hat sich viel geändert. Nun bittet die Kommission um Stellungnahmen, insbesondere von Softwareentwicklern.

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Europa im digitalen Zeitalter, Symbolbild.

(Bild: EU-Kommission)

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Reicht die mehr als 30 Jahre alte Produkthaftungsrichtlinie der EU für moderne Ansprüche aus? Das ist eine Frage, die die EU-Kommission an die EU-Bürgerinnen und -Bürger und an Interessenträger in einer nun angestoßenen Konsultation richtet. Dabei liege ein besonderer Schwerpunkt auf dem Einsatz künstlicher Intelligenz in Produktion und Dienstleistungen. Die Konsultation läuft bis zum 10. Januar 2022. Gefragt sind besonders Beiträge auch von Softwareentwicklern.

Allgemein geht es in der Konsultation zur Produkthaftung um die Frage, ob Rechts- und Verwaltungsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte im Zeitalter intelligenter und KI-basierter Produkte und Dienstleistungen noch genügend Rechtssicherheit und Verbraucherschutz bieten. Die Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen hänge nicht nur von ihrem Design und ihrer Produktion ab, sondern auch von Software-Updates, Datenflüssen und Algorithmen, erläutert die EU-Kommission.

Ihr gehe es unter anderem darum, die Relevanz von Problemen abzuklopfen, die sie in der 2018 durchgeführten Bewertung der Produkthaftungsrichtlinie festgestellt hatte. Diese Richtlinie sehe seit 1985 ein harmonisiertes System zur Wiedergutmachung von Schäden vor, die Verbrauchern durch fehlerhafte Produkte entstanden sind. Dabei gilt sie für alle beweglichen und somit auch für KI-gestützte Produkte. Allerdings habe die Bewertung ergeben, dass es wegen veralteter Konzepte schwierig sei, die Richtlinie auf Produkte in der Digital- und Kreislaufwirtschaft anzuwenden. Auch sei es für Verbraucherinnen und Verbraucher insbesondere dann schwierig, eine Wiedergutmachung zu erhalten, wenn es nachzuweisen galt, dass komplexe Produkte mangelhaft waren.

Für die Entwicklung und die Verwendung bestimmter KI-Systeme hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, um Risiken für die Sicherheit und die Grundrechte zu begegnen. Dafür müssen unter Umständen auch die Produkthaftungsrichtlinie und die nationalen Haftungsvorschriften angepasst werden.

Im zweiten Teil der Konsultation werden die Probleme mit bestimmten Arten von KI eingehender behandelt, die es erschweren, die potenziell haftbare Person zu identifizieren, ihr Verschulden nachzuweisen oder den Fehler an einem Produkt und den ursächlichen Zusammenhang mit dem Schaden nachzuweisen.

Ein Problem der Produkthaftungsrichtlinie wurde beispielsweise auf politischer Ebene Ende 2020 aufgegriffen, als es im EU-Parlament um die Haftung von Plattformbetreibern wie Amazon und Ebay für schädliche oder gefährliche Produkte ging. Die Richtlinie stamme aus einer Zeit, als Produkte nur von Importeuren, Großhändlern und Händlern auf den europäischen Markt gebracht wurden, erklärte Wirtschaftsrechtler Christoph Bush seinerzeit gegenüber c't. Mittlerweile hätten Fulfillment-Dienstleister und Onlinemarktplätze neue Lieferketten etabliert und müssten ebenfalls in die Pflicht genommen werden.

In einer Konsultation der EU-Kommission für ein KI-Konzept hatten 2020 gut 60 Prozent der 1200 Teilnehmer befürwortet, dass die Produkthaftungsrichtlinie überarbeitet wird. 47 Prozent waren dafür, dass auch die nationalen Haftungsregeln für alle KI-Anwendungen reformiert werden.

(anw)