9-Euro-Ticket: Verbraucherschützer warnen vor falschem Zeitpunkt

Das günstige Monatsticket soll Menschen entlasten und Busse und Bahnen attraktiver machen. Insbesondere die Terminierung solle aber überdacht werden.

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(Bild: fotogru/Shutterstock.com)

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Aus Sicht der Verbraucherzentralen könnte das geplante, bundesweit gültige 9-Euro-Monatsticket ein "Booster für Busse und Bahn" werden. Damit aber nicht der gegenteilige Effekt eintritt, fordern sie grundlegende Verbesserungen.

Marion Jungbluth, Mobilitätsexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, erklärte gegenüber der dpa unter anderem, dass die momentane Ausgestaltung und Terminierung überarbeitet werden sollte.

Der frühe Start des Angebots könne zu Engpässen führen, warnte Jungbluth. Zum einen bleibe den Anbietern für öffentliche Verkehrsmittel nun nicht mehr genügend Zeit, um Kapazitäten auszubauen und bessere Taktungen anzubieten, dies sei frühestens zum Herbst möglich. Zum anderen könnten gerade im Sommer Ausflugsfahrten vom Auto auf Busse und Bahnen verlagert werden. "Das Schnupperangebot könnte also zum Abschreckungsangebot werden."

Der Zeitpunkt sei laut Jungbluth zudem deshalb schlecht gewählt, da ein Einfuhrstopp von Öl aus Russland wohl erst später im Jahr seine Wirkung entfalten könnte. Es bestehe also die Gefahr, "dass die Entlastungen durch das 9-Euro-Ticket und den Tankrabatt genau dann auslaufen, wenn die Kraftstoffpreise durch das Embargo durch die Decke schießen."

Die 9-Euro-Tickets sollen im Juni, Juli und August bundesweit Fahrten im Nah- und Regionalverkehr ermöglichen. Ein Ticket gilt für einen Monat und wäre damit viel günstiger als normale Monatskarten. Das 9-Euro-Ticket ist Teil des Entlastungspakets, mit dem die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf die hohen Energiepreise durch den Ukraine-Krieg reagieren möchte. Zugleich soll es ein Schnupperangebot sein, um mehr Kunden für Busse und Bahnen zu gewinnen.

Schon die bundesweite Vereinheitlichung auf 9 Euro wäre hierbei ein Meilenstein, da komplizierte Tarifgestaltungen – insbesondere zwischen verschiedenen Verkehrsverbünden – Menschen von Fahrten mit dem ÖPNV abschrecken können. Verbraucherschützer und Mobilitäts-Expertinnen und -Experten fordern schon lange, dass Ticket- und Beförderungsbedingungen grundsätzlich vereinfacht werden sollten.

Der Bund will das Vorhaben finanzieren, indem er den Ländern 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich der Einnahmeausfälle gibt. Das dafür notwendige Gesetz wurde am Donnerstagabend in den Bundestag eingebracht. Es soll kommende Woche verabschiedet werden. In der ersten Lesung äußerte die Opposition allerdings große Skepsis.

Der CDU-Abgeordnete Michael Donth bezweifelte laut dpa eine nachhaltige Lenkungswirkung. Statt den öffentlichen Personenverkehr durch verbesserte Angebote attraktiver zu machen, investiere der Bund 2,5 Milliarden in einen "Marketing-Gag". Der AfD-Abgeordnete Mike Moncsek sagte, aus betriebswirtschaftlicher Sicht handle es sich um eine "Irrfahrt". Berufspendler müssten künftig in überfüllten Bahnen um ihren Platz bangen.

Dagegen sprach der Linken-Abgeordnete Bernd Riexinger von einem Schritt in die richtige Richtung. Die Begrenzung auf drei Monate sei jedoch "mutlos und halbherzig". Die Linke forderte dementsprechend in einem eigenen Antrag die Verlängerung des 9-Euro-Tickets "bis mindestens Ende dieses Jahres".

Auch die Forderung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) von Donnerstag, dass auch in öffentlichen Transportmitteln die Maskenpflicht aufgehoben werden sollte, sorgte für Unruhe. Menschen, die auf den öffentlichen Verkehr angewiesen sind, sich aber weiterhin vor dem Coronavirus schützen wollen, könnten während der Zeit des 9-Euro-Tickets noch stärker in Bedrängnis geraten. Ein sehr voller ÖPNV ohne geregelte Schutzmaßnahmen könnte das Infektionsrisiko erhöhen.

Wissing hatte seine Forderung im Anschluss an die Ankündigung gestellt, dass EU-Behörden ihre Empfehlungen zu einer generellen Maskenpflicht in Flugzeugen gelockert haben.

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