Rechnungshof: Scharfe Kritik am E-Government-Management der EU-Kommission

Viele neue digitale Behördendienste sind nicht EU-weit verfügbar, moniert der Europäische Rechnungshof. Einige Mitgliedsstaaten hätten die Umsetzung verzögert.

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(Bild: Stokkete/Shutterstock.com)

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Der von der EU-Kommission 2016 aufgelegte Aktionsplan fürs E-Government hat die daran geknüpften Erwartungen nicht vollständig erfüllt. Dies rügt der Europäische Rechnungshof in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Hauptkritikpunkt: Die Mitgliedsstaaten seien mit der Initiative nicht verpflichtet worden, die von der Brüsseler Regierungsinstitution vorangetriebenen Lösungen für digitale Behördendienste auch umzusetzen und zu nutzen.

Mit dem Aktionsplan, der nicht mit einem eigenen Budget ausgestattet war, sollten eigentlich bis 2020 überall in der EU für alle offene und effiziente öffentliche Verwaltungen und Einrichtungen geschaffen werden. Die Kommission selbst wollte in diesem Rahmen unter anderem ein elektronisches Justizportal und eine zentrale digitale Schnittstelle in Form eines einheitlichen "digitalen Zugangstors" einrichten, um Nutzern bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu helfen. Die elektronische Auftragsvergabe und digitale Signaturen standen dabei mit im Vordergrund.

Insgesamt umriss die Kommission in dem Papier 25 Maßnahmen. Einige richteten sich speziell an Unternehmen wie ein Vorhaben zur Erleichterung der Nutzung digitaler Lösungen während des gesamten Lebenszyklus einer Firma, verknüpfte Unternehmensregister oder ein Pilotprojekt zur Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung von Daten auf die Wirtschaft ("Once-Only-Prinzip"). Die Bürger sollten diesen Ansatz zudem im grenzüberschreitenden Kontext anwenden können und etwa mehr Verbraucherinformationen erhalten.

Anhand der Analyse relevanter Dokumente aus einer Stichprobe der vier Mitgliedstaaten Dänemark, Deutschland, Polen und Rumänien sowie von Fragebögen, die Mitarbeiter der entsprechenden öffentlichen Dienste in diesen Ländern ausgefüllt haben, haben die Prüfer nun herausgefunden, dass der Plan nicht die gewünschte Wirkung entfaltete.

Die Kommission habe primär nur Schritte aufgezählt, die sie selbst gehen wollte, beanstandet der Rechnungshof. Sie habe zugleich zwar auch den Mitgliedstaaten durch EU-finanzierte Projekte sowie durch technische Unterstützung für nationale Behörden und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen ihnen geholfen, nationale E-Government-Lösungen zu realisieren. Dies habe aber auf Freiwilligkeit beruht. Dabei habe es schon bei einer früheren E-Government-Initiative Kritik gegeben, dass dieser Ansatz mangelhaft sei.

Im Rahmen der Studie haben die Prüfer die E-Government-Benchmark-Gesamtbewertung der einzelnen EU-Länder zu Beginn und am Ende der Umsetzung des Aktionsplans verglichen. Dabei stellten sie fest, dass der Durchschnittswert für alle 27 Mitgliedstaaten von 58,5 zu Beginn auf 71,9 Prozent am Ende der Umsetzung des Aktionsplans gestiegen ist. Alle EU-Länder hätten Fortschritte bei der Erbringung von elektronischen Behördendiensten gemacht. Allerdings seien diese bei einigen Staaten wie Ungarn und Luxemburg deutlich größer ausgefallen als bei anderen wie Schweden und Deutschland.

Die Bundesrepublik liegt in dem Vergleich zumindest knapp über dem EU-Durchschnitt. Die Verfügbarkeit von digitalen Behördendiensten stieg dabei aber im Untersuchungszeitraum zwischen 2017 und 2020 nur von 60,8 auf 67,6 Prozent. An der Spitze steht – noch vor Estland – Malta schon mit einer Startquote von 89,9 Prozent, die der Inselstaat noch auf 96,8 Prozent steigerte

Laut dem E-Government-Monitor 2022 der Initiative D21 stagniert die E-Government-Nutzung hierzulande. Bis August hat es demnach nur 49 Verwaltungsleistungen gegeben, die vollständig digital abgewickelt werden können. Etwa nach der Online-Beantragung von Ausbildungsförderung (BAföG) müssen bei den Ämtern trotzdem im zweiten Schritt oft die Ausdrucke noch ran.

Sie hätten auch nicht erkennen können, ob Fortschritte auf den Aktionsplan oder auf andere Faktoren zurückzuführen seien, beklagen die Kassenwächter. Dies liege daran, dass die von der Kommission zur Überwachung der Ergebnisse verwendeten Indikatoren nicht direkt an die im Rahmen des Aktionsplans durchgeführten Maßnahmen gekoppelt gewesen seien. Zumindest mit ihrer Initiative für den "Weg in die digitale Dekade" von 2021 habe die Brüsseler Exekutivinstanz nun die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, zeitnah über die aktuellen Fortschritte Bericht zu erstatten.

Die Analyse hat zudem ergeben, dass das Angebot digitaler öffentlicher Dienste für Unternehmen ausgereifter ist als das für Bürger. Diese Entwicklung habe sich durch die Corona-Pandemie noch verstärkt. Um den Bekanntheitsgrad der EU-weit verfügbaren elektronischen Behördendienste zu erhöhen, legen die Prüfer der Kommission die Entwicklung einer umfassenden Förderstrategie ans Herz. Dabei sollten bereits existierende Maßnahmen der EU-Länder berücksichtigt werden.

(bme)