Studie: "Erhebliche Wettbewerbsdefizite" im deutschen Mobilfunkmarkt

Die drei großen Mobilfunknetzbetreiber blockieren den Zugang zu 5G für Herausforderer massiv, geht aus einer Marktanalyse hervor. Der Regulierer müsse handeln.

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(Bild: Shutterstock/Juan Aunion)

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"Der Endkundenmarkt für Mobilfunkdienstleistungen weist erhebliche Wettbewerbsdefizite auf." Zu diesem Schluss kommt die SBR-net Consulting in einer jetzt veröffentlichten Studie für den Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) und 1&1. Die drei etablierten Mobilfunknetzbetreiber Vodafone, Deutsche Telekom und Telefónica beherrschen demnach das Terrain und schotten sich gerade bei der neuen Mobilfunkgeneration 5G gegenüber Einsteigern wie 1&1 ab. Auch alternative Festnetzbetreiber hätten keine Chance, wettbewerbsfähige Bündelangebote zu schnüren.

Vertriebspartner der Platzhirsche wie "Aldi Talk" oder "Lidl Connect" erwecken laut der Untersuchung "lediglich den Eindruck unabhängigen Wettbewerbs". Im Prinzip vermittelten sie nur einen Vertragsschluss direkt zwischen Endkunden und den großen Netzbetreibern. Mit 1&1 und Freenet existierten derzeit nur zwei wesentliche Mobilfunkdiscounter, die in der Lage seien, "Dienste mit einer etwas größeren wirtschaftlichen Wertschöpfungstiefe zu erbringen". 1&1 schicke sich nun unter vielen Schwierigkeiten an, vierter Netzbetreiber zu werden und seine Wertschöpfungsstufe entsprechend weiterzuentwickeln.

Dies wäre ein guter Anlass für die Bundesnetzagentur, um die "Chancen für ein verbessertes Angebot von Mobilfunkvorleistungen" und damit auch die Zahl der Akteure im Markt zu vergrößern, schreiben die Autoren. Schon bei LTE-Produkten (4G) sei die Fähigkeit zur Tarifgestaltung alternativer Diensteanbieter durch entsprechende Vorleistungskonditionen begrenzt. Trotzdem habe hier die Konkurrenz Druck auf die Betreiber ausgeübt, ebenfalls Angebote im Niedrigpreis-Segment zu erstellen wie etwa die "Family"-Tarife der Telekom.

Im 5G-Bereich riegelten die drei Großen den Wettbewerb "besonders restriktiv ab", ist der Analyse zu entnehmen. Sie verzögerten hier das Angebot von 5G-Tarifen als Mobilfunkvorleistung stark und ließen den nachfragenden Unternehmen so kaum Möglichkeiten, Endkundenprodukte selbst zu gestalten. Der Anteil der drei Betreiber liege so bei der schnellen neuen Netztechnik oberhalb ihrer Quote im Gesamtmarkt. Alternative Anbieter würden so "am weiteren Erklimmen der Investitionsleiter" effektiv gehindert.

Regulatorische Hebel zum Überwinden dieser Hindernisse seien zudem "sehr schwach ausgeprägt". Das Beispiel der französischen Transatel zeige, dass bisher nicht einmal die Anrufung der Bundesnetzagentur als Schiedsstelle ausreichte, "um Zugang zu adäquaten 5G-basierten Vorleistungen durchzusetzen". Im Fall 1&1 prüft mittlerweile das Bundeskartellamt, ob der Funkturmausrüster Vantage Towers, der zu Vodafone gehört, das Unternehmen ungebührlich behindert hat.

Auch regionale Glasfaseranbieter bräuchten "angemessene Mobilfunkvorleistungen, um auf gleicher Augenhöhe im Wettbewerb bestehen und ihre eigenen Investitionen refinanzieren zu können", stellen die Berater fest. Ohne ein Mobilfunkprodukt auf dem Stand der Technik im Bündel mit den selbst errichteten Netzen und darauf angebotenen Diensten, werde "auch der Vertrieb von Festnetzdiensten erheblich erschwert". Mehr als die Hälfte der 132 für das Gutachten befragten Glasfasernetzbetreiber hätten Interesse am Zukauf von Mobilfunkvorleistungen. Die Verhandlungen mit den Platzhirschen bekämen aber schlechte Noten.

Das Auslaufen der aktuellen Frequenzzuteilungen in den Bereichen 800 MHz, 1800 MHz und 2,6 GHz Ende 2025 bietet laut den Verfassern aber noch eine Chance, "den Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt zu erhalten und zu beleben". Der Markteintritt eines vierten Mobilfunkbetreibers könnte hier auf allen Ebenen große Erfolge erzielen. 92 Prozent der an der Umfrage beteiligten Glasfaserakteure hofften daher auf einen Durchbruch für 1&1. Da ein Neueinsteiger aber erst ein flächendeckendes Netz aufbauen müsse, benötige er "neben einem fairen Anteil am Mobilfunkspektrum" auch ein diskriminierungsfreies nationales Roaming zumindest in der ersten Phase als Basis für eigene bundesweite Angebote und deren Weitervermarktung. 1&1 sollte daher bei der kommenden Frequenzvergabe die Option erhalten, sein Frequenzportfolio entsprechend zu ergänzen, heißt es in der Studie.

(axk)