Einfach anders

Das iPad hat hohe Erwartungen geweckt. Es will Spielkonsole, E-Book-Reader, mobiler Internetzugang und Multimediamaschine zugleich sein. Kann ein Computer ohne Tastatur und USB-Anschluss auch noch das Netbook ersetzen?

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Nun ist es also da, zumindest in den USA: Seit Anfang April gibt es das iPad zu kaufen, über 500 000 Geräte sind laut Apples Angaben in den ersten Wochen über die Ladentische gewandert. So viele, dass Apple den internationalen Start und damit auch den deutschen auf Ende Mai verschoben hat. Doch noch immer weiß keiner so recht, was es eigentlich ist, dieses iPad. Eine „Wunderflunder“ (Spiegel online) oder doch eher ein „goldener Käfig“ (FAZ.net)?

Dass das iPad sich ganz wesentlich von Notebooks oder anderen Tablets unterscheidet, merkt man jedenfalls schon bei der ersten Inbetriebnahme, in positiver wie in negativer Hinsicht. Hat man das iPad nicht schon beim Kauf im Laden aktiviert, muss man es erst an einen PC mit iTunes 9.1 (Windows, Mac) anschließen, ansonsten startet das Gerät nicht. Vermutlich wird dort nur die Ländereinstellung – das US-iPad stellt dann Menüs, Tastatur und Sprachausgabe gleich auf Deutsch um – abgefragt, eine Registrierung ist nicht zwingend notwendig.

Die Faszination iPad beginnt danach. Man wischt durch die Startbildschirme, navigiert durch die vorinstallierten Apps, blättert in einem E-Book. Ein ganz anderer Bezug als am Desktop-PC oder Notebook entsteht da zu den Inhalten, man hält sie unmittelbar in den Händen, ohne den Umweg über Maus oder Tastatur. Das funktioniert nur deshalb so gut, weil das iPad blitzschnell auf jede Eingabe und Bewegung des Anwenders reagiert.

Die Reduzierung auf einen schwarz umrahmten Bildschirm, nur 1,3 Zentimeter dick, in der Fläche etwas kleiner als eine c’t, macht das iPad mobil: Es bleibt bei einem, wenn man sich einen Kaffee aus der Küche holt oder wenn man sich im Bad die Zähne putzt. Dank des breiten Rahmens greift man das iPad im Hoch- und im Querformat komfortabel, ohne aus Versehen den Touchscreen auszulösen. Mit einem Gewicht von ungefähr 700 Gramm liegt es zwar schwerer in der Hand als ein Taschenbuch oder ein E-Book-Reader, ist aber im Rucksack leichter als ein Netbook.

Das iPad gibt es zunächst nur mit WLAN, ein Modell mit UMTS-Modul und GPS-Empfänger soll Anfang Mai in den USA auf den Markt kommen. Dieses verwendet als SIM-Kartenformat MicroSIM, der US-Provider AT&T bietet spezielle Datentarife für das iPad an. SMS versenden und telefonieren – abgesehen von VoIP über Apps wie Skype – geht damit nicht.

Apple hat dem iPad zwar einen 11n-kompatiblen, dualband-fähigen WLAN-Chip spendiert, aber dafür eine Schmalspurversion gewählt. Laut Datenblatt schafft der BCM4329 bestenfalls 150 MBit/s brutto, wurde aber offensichtlich durch Beschränken auf 20 MHz breite Funkkanäle noch gedrosselt. So lag der Nettodurchsatz im Downstream mit HTTP auf kurzer Distanz bei maximal 23 MBit/s (zum Vergleich: ein Centrino-2-Notebook erreicht um die 80 MBit/s). Für die meisten iPad-Anwendungen, zum Surfen und zum Streamen von SD-Videos reicht das aus. Über 20 Meter durch die Redaktionsräume erreichten wir bei günstiger Ausrichtung zwar noch halbwegs zufriedenstellende 21 MBit/s, aber bei ungünstiger Positionierung waren es nur noch 12 MBit/s. Die ungünstige Position der Antenne unter dem Apple-Logo scheint sich hier deutlich bemerkbar zu machen und dürfte auch die häufigen Verbindungsabbrüche beim Wechseln der Position in großer Entfernung zum Access Point erklären.

Am Rahmen sind die Lautstärkeregelung, die Sperre für die Bildschirmausrichtung und der Ein-/Ausschalter angebracht.

Das 9,7-Zoll-Display hat 1024 x 768 Bildpunkte und löst mit 132 dpi nicht so hoch auf wie ein iPhone (163 dpi), aber höher als die meisten 10-Zoll-Netbooks. Als Displaytechnik ist IPS im Einsatz, das mit weitgehender Blickwinkelunabhängigkeit und sattem Farbraum (ungefähr sRGB) glänzen kann. Der Kontrast ist außergewöhnlich gut (1:1193), mit mehr als 300 cd/m2 kann man das LED-Backlight-Display extrem hell einstellen. Das benötigt man vor allem draußen, weil auf dem verspiegelten Display bei Sonnenlicht sonst kaum etwas zu sehen ist, zumal das iPad schon nach kurzem Gebrauch mit Fingerabdrücken übersät ist.

Mit dem A4 genannten ARM-SoC mit 1 GHz erreichte das iPad in unserem Testlabor nach CoreMark in etwa die doppelte Performance wie das iPhone 3GS: Alle Standardanwendungen und die meisten von uns getesteten Dritthersteller-Apps liefen flüssig ab, Animationen und Filme ruckelten nicht. An die Grenze stößt allerdings bisweilen der Arbeitsspeicher von lediglich 256 MByte: Beim Starten grafiklastiger Spiele warnt das iPad hin und wieder vor mangelndem Speicher, megabytegroße Webseiten oder Dokumente kann der Safari-Browser nicht immer im Hintergrund offen halten.

Die Laufzeit ist für die Displaygröße überragend und schlägt selbst die der meisten Langläufer-Notebooks. Dreht man die Helligkeit herunter, läuft das iPad selbst bei intensivem Gebrauch über zehn Stunden; Videos laufen bei voller Helligkeit fast acht, bei im Wohnzimmer völlig ausreichenden 200 cd/m2 10,7 Stunden. Das mitgelieferte 2,1-Ampere-Netzteil benötigt etwas mehr als vier Stunden für eine volle Ladung, am Rechner lädt das iPad nur, wenn es ausgeschaltet ist. Mit dem PC lässt sich das iPad nur über ein proprietäres USB-Kabel verbinden, über Bluetooth kann man immerhin noch eine Tastatur anschließen, Drucker gehen nicht. Eine Speichererweiterung durch eine externe Festplatte oder Speicherkarte ist nicht vorgesehen. Der auf einer der iPad-Seiten eingebaute Lautsprecher tönt laut und liefert eine ordentliche Qualität.

An schattigen Plätzen wird das iPad kaum warm, obwohl ihm ein Lüfter fehlt. Auf ein Fenstersims in die pralle Mittagssonne gestellt erhitzte es sich in 30 Minuten allerdings auf über 40 °C und brach zehn Minuten später die laufende Anwendung mit einer Fehlermeldung ab; erst nach einigen Minuten im Schatten war es wieder einsatzbereit. Im Kölner Volksgarten arbeiteten wir dagegen rund zwei Stunden in der Nachmittagssonne ohne Probleme auf dem iPad. Mit Hilfe unserer Klimakammer konnten wir feststellen, dass das iPad bei etwa 44 °C die laufende Anwendung, nicht aber das Gerät abschaltet. Die Spezifikationen weisen eine maximale Betriebstemperatur von 35 °C und Gerätetemperatur von 45 °C aus.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 10/2010.

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(acb)