Deutschlandticket: Kündigung muss auch ohne Login gehen

Direkt und ohne Login muss das Deutschlandticket kündbar sein. So urteilt das Oberlandesgericht Nürnberg.​

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Doppelstockwaggons eines metronom-Zuges steht an einem Bahnsteig; der Fahrtzielanzeiger sagt "Göttingen"

Ein Zug des nichtbundeseigenen Eisenbahnunternehmens metronom hält im Bahnhof Alfeld (Leine). Auch hier gilt ein in Bayern erworbenes Deutschlandticket.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

"Unmittelbar und leicht zugänglich" muss der Kündigungsbutton sein, auch beim Deutschlandticket. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg in einem Prozess gegen einen bayrischen Nahverkehrsbetreiber entschieden (OLG Nürnberg, Endurteil vom 30.07.2024, Az. 3 U 2214/23). Der Verkehrsbetrieb bot zwar stets einen Kündigungsbutton an, allerdings war der zunächst erst nach dem Login in ein Nutzerkonto ersichtlich. So eine Schranke ist laut OLG in bestimmten Konstellationen vielleicht sogar zulässig, nicht aber beim Deutschlandticket.

Der Kündigungsbutton ist eine seit Mitte 2022 gesetzlich vorgeschriebene Schaltfläche auf Webseiten und in Apps zur einfachen Online-Kündigung von Dauerschuldverträgen. Wer darauf klickt, muss auf der folgenden Seite sowohl ordentliche als auch außerordentliche Kündigungen aussprechen können. "Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein", heißt es in Paragraph 312k Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Die Verbraucherzentrale Bayern hat im Vorjahr zwei bayrische Verkehrsbetriebe aufgrund fehlender Kündigungsbuttons abgemahnt. Ein Unternehmen hat den Kündigungsbutton eingefügt und eine Unterlassungserklärung abgegeben. Der zweite Verkehrsbetrieb hat zwar Nachbesserung angekündigt, aber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgelehnt. Daraufhin erhob die Verbraucherzentrale Bayern Klage.

Der Öffi-Betreiber argumentierte, dass der Online-Kauf des Deutschlandtickets bei ihm nur mit Kundenkonto möglich sei. Entsprechend reiche es aus, den Kündigungsbutton in diesem geschlossenen Bereich vorzuhalten. Das sei für Kunden auch praktischer, weil sie dann ihre relevanten Daten nicht neu eintippen müssten.

Das OLG Nürnberg lehnt diese Ansicht ab: "(…) vielmehr stellt sich das Erfordernis, sich zunächst in den eigenen geschützten Kundenbereich einzuloggen, als Hürde dar, die der Gesetzgeber dem Kunden nicht zumuten wollte", hält der Richtersenat fest. Einerseits sei ohne Login nicht zu erkennen, dass die Kündigung online überhaupt vorgesehen ist – dabei sei es dem Gesetzgeber gerade wichtig gewesen, dass Verbrauchern die niederschwellige Kündigungsmöglichkeit gezeigt wird.

Andererseits sei nach Kauf und Bezug des elektronischen Fahrausweises das Kundenkonto für die Inanspruchnahme der Leistung nicht mehr notwendig. Damit bestehe die Gefahr, dass der Kunde sein Passwort vergisst. Den Zugang wiederherzustellen "setzt Zeit und Mühe voraus", wissen die Richter. Und genau diese Mühewaltung soll der Kündigungsbutton reduzieren. (Gleichzeitig bleibt es dem Deutschlandtickethändler unbenommen, den Kündigungsbutton zusätzlich im Kundenkonto zu verankern.)

Allerdings lassen die Richter durchblicken, dass sie es in bestimmten Fällen wohl akzeptieren würden, dass ein Kündigungsbutton erst nach Login in ein Kundenkonto zu sehen ist: Nämlich dann, wenn die geschuldete Leistung der "Natur nach ohnehin ein Login erfordert". Das könnte beispielsweise bei Computerspiele-Abonnements der Fall sein, nicht aber bei Fahrkarten oder Fitnessstudios. Bezüglich eines Streamingdienstes hat das Landgericht München I das im Vorjahr anders entschieden (Az. 33 O 15098/22). Die Nürnberger OLG-Richter hingegen orten eine Gesetzeslücke und lassen erkennen, dass sie sie gerne schließen würden: "Muss der Nutzer sich ohnehin regelmäßig einloggen, kann bei typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass er die notwendigen Anmeldedaten stets parat hat", schreiben sie, um dann zu betonen, dass das auf den vorliegen Fall nicht zutrifft.

Im Fall Deutschlandticket drohen dem bayrischen Nahverkehrsbetreiber als Folge des Urteils für jeden weiteren Fall der Zuwiderhandlung bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld oder sechs Monate Ordnungshaft. Außerdem muss er für die ursprüngliche Abmahnung 270 Euro zuzüglich Zinsen zahlen und den überwiegenden Teil der Verfahrenskosten tragen. Die ordentliche Revision zum Bundesgerichtshof lässt das OLG nicht zu.

(ds)