Hoch verdient

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Barcelona, 11. Februar 2016 [–] Hin und wieder werfen wir einigen Herstellern eine überraschungsarme Designpolitik vor. Was Seat mit einem gänzlich neuen Modell zeigt, kommt allerdings einer Sensation gleich. Man muss in der Geschichte der Auto-Präsentationen schon etwas blättern, um ein ähnlich mutlos gestaltetes und gleichzeitig mit so vielen Hoffnungen beladenes Auto zu finden. Denn bei der Gestaltung des neuen Seat Ateca wurden den Designern enge Grenzen gesetzt. Sehr enge.

Träge hat man bei Volkswagen auf den sich abzeichnenden Boom bei kompakten SUVs reagiert. Ähnlich wie zuvor bei den Minivans hat es dem Konzern nicht geschadet. Mit der Kernmarke VW dominiert man in beiden Segmenten, und zwar deutlich. Erst in diesem Jahr bekommt der Tiguan interne Konkurrenz. Skoda und Seat werden auf der Messe in Genf die entsprechenden SUV-Ableger zeigen. Die Hoffnung ist, von noch immer wachsenden Segment zu profitieren.

Vertrautes Design

Erwartet worden war, dass sich die drei Modelle optisch wie von der Ausrichtung her voneinander abgrenzen werden. Golf, Octavia und Leon sind die gemeinsamen Gene beim Fahren zwar anzumerken – was kein Fehler ist – optisch gehen sie aber durchaus unterschiedliche Wege.

Das ist beim neuen Seat Ateca äußerlich auch mit viel Wohlwollen eigentlich nur an der Front gelungen. Dort hat Seat das Design des Leon mit nur geringen Veränderungen übernommen. Ein etwas anders geformter Stoßfänger – das war es dann auch schon. Seitenansicht und Heck wirken für ein brandneues Auto ebenfalls sehr vertraut. Die Fensterlinie, Rückleuchten, die Kante über dem hinteren Nummernschild – all das findet sich so oder so ähnlich in zahlreichen Modellen des Volkswagen-Konzerns.

Leon-Interieur

Auch im Innenraum ist die eigentliche Überraschung, dass es keine gibt. Fast das komplette Interieur stammt aus dem Leon. Nicht einmal ein eigenes Lenkrad wurde dieser als so wichtig erachteten Neuvorstellung gegönnt. Die kleinen Unterschiede dürften das Facelift des Leon, was spätestens im nächsten Jahr zu erwarten ist, vorwegnehmen. Dazu gehören der Startknopf vor dem Schalthebel, die elektrisch betätigte Handbremse und die Verdopplung der USB-Anschlüsse. Eine gute Idee ist die Connectivity Box, in der das kabellose Laden eines entsprechend vorgesehenen Smartphones möglich ist.

Der Ateca ist ein gutes Stück kürzer als der VW Tiguan. Mit 4,36 m ist er nur rund 11 cm länger als ein VW Golf. Trotzdem hat es für einen großen Kofferraum gereicht: Wer sich mit Frontantrieb begnügt, kann bis zu 510 Liter Gepäck mitnehmen, im Allradmodell sind es noch 485 Liter. Damit liegt das SUV ungefähr dort, wo Kombis à la Audi A4 Avant und Mercedes C-Klasse T-Modell auch liegen – die allerdings rund 4,7 m lang sind.

Alternative Antriebe?

Wie zu erwarten, bietet Seat auch bei den Motoren nur bekanntes Material an. Zum Verkaufsstart im Sommer 2016 wird es zwei Benziner, drei Dieselmotoren und drei Ausstattungslinien geben. Die Basisversion Reference ist nur mit dem Dreizylinder-Benziner und dem 1.6 TDI zu haben. Beide leisten 115 PS. Der 150-PS-Benziner ist ebenfalls aus dem Leon bekannt und wird auch hier nur mit Zylinderabschaltung angeboten. Im Octavia gibt es ihn derzeit noch ohne diese. Die beiden Zweiliter-Diesel leisten 150 und 190 PS. Letzterer ist zwangsverheiratet mit dem Allrandantrieb und einem Doppelkupplungsgetriebe. Die anfänglichen Modellversionen haben wir in einer Übersicht zusammengefasst. Im Laufe des Jahres könnten noch die beiden Zweiliter-Benziner mit 180 und 220 PS hinzukommen. Noch ungeklärt ist, ob der Ateca auch mit alternativen Antrieben angeboten wird, sei es nun Hybrid (wahrscheinlich) oder Gas (eher unwahrscheinlich).

Zu Preisen und Ausstattungsumfängen gibt es noch keine detaillierten Informationen. Fest versprochen hat Seat bisher nur, dass der Ateca ein breites Angebot an Assistenten mit auf den Weg bekommt. Dazu gehören unter anderem ein Stauassistent, der im Stop-and-go allein bremsen und wieder anfahren kann, Abstandstempomat, Ausparkassistent und ein Übersicht, die das Auto beim Parken von oben zeigt. Neu ist ein Notfallassistent: Bleibt der Fahrer eine bestimmte Zeit inaktiv, wird er optisch, akustisch und schließlich über einen Bremsruck gewarnt. Zeigt er dann keine Reaktion, bremst der Ateca bis zum Stillstand, bleibt dabei in der Spur, aktiviert das Warnblinklicht zieht die Handbremse an.

Seats Kernaufgabe: Image

Die Chancen für einen Erfolg des Seat Ateca schätzen wir trotz der innovationsarmen Gestaltung als nicht gering. Denn Volkswagen wird der Marke für ihr erstes SUV sicher eine Preisgestaltung mitgeben, die deutlich unterhalb des Tiguan liegen wird. Luca de Meo, Vorstandsvorsitzender von Seat, rechnet in den kommenden Jahren mit bis zu 25 Prozent Wachstum im SUV-Segment. Zudem sei, so Luca de Meo, der „Start des SUV ein wesentlicher Beitrag zur Steigerung unseres Markenimages. Und das ist unsere Kernaufgabe.“ Zumindest das überrascht dann doch, ging man doch bisher eher davon aus, die Kernaufgabe sei der Verkauf von möglichst vielen Autos.