Honda Civic: neunte Auflage im Fahrbericht

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Malaga (Spanien), 25. November 2011 – Es ist zu einem Standardsatz der Automobilbranche geworden: Bei nötigen, aber nicht spektakulären Änderungen einer Modelllinie heißt es "keine Revolution, sondern eine Evolution". Diesmal hat sich der Honda Civic weiterentwickelt. Wir testen die neue Generation, um herauszufinden, wie weit.

Eine neue Motorisierung

Der Marktstart des Civic Nummer neun ist für den 28. Januar 2012 geplant. Doch da bei den japanischen Zulieferern auch ein Dreivierteljahr nach dem verheerenden Erdbeben noch nicht wieder alles in Ordnung ist, kann sich dieser Termin verschieben. Für das neue Modell werden drei Motorisierungen angeboten. Vom alten Civic bekannt ist der 1,4-Liter-Benziner mit 100 PS. Beim ebenfalls bekannten 1,8-Liter-Benziner hat sich die Leistung um zwei auf 142 PS erhöht und er wurde etwas sparsamer. Bis Anfang 2011 wurde im alten Civic auch ein 2,2-Liter-Diesel mit 140 PS und Euro-4-Einstufung angeboten. Beim neuen Modell können Dieselfreunde eine Euro-5-konforme Version wählen, die nun auf 150 PS erstarkt ist.

Kleiner wird's nicht

Viel Neues gibt es also bei den Motoren nicht. Turbobenziner oder Benzin-Direkteinspritzung sind nicht in Sicht, und Downsizing ist ebenfalls kein Thema. Während die Konkurrenz von Fiat einen Zylinder nach dem anderen abrüstet und VW bei Teillast einzelne Töpfe stilllegt, gibt es bei Honda nichts dergleichen. Noch nicht, muss man sagen, denn für den Herbst 2013 wird ein kleinerer Diesel angekündigt, zu dem es derzeit keine weiteren Informationen gibt. Wir vermuten einen 1,6-Liter-Diesel mit etwa 110 PS, denn in diesem Bereich ist die Konkurrenz stark. Was die Getriebe angeht, ist nach wie vor eine Sechsgang-Schaltung Serie, optional gibt es für den 1,8-Liter-Benziner eine Fünfgang-Automatik. Von der Bühne verschwunden ist dagegen das automatisierte Schaltgetriebe i-Shift. Das von vielen Fahrern geliebte Doppelkupplungsgetriebe ist nicht verfügbar.

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1,8-Liter-Benziner: Nicht spannend, aber sparsam

Wir fuhren die Version mit 1,8-Liter-Benziner und Sechsgang-Schaltung, die auch den Löwenanteil der Verkäufe ausmachen soll. Der Motor wirkt für seinen Hubraum und seine Nennleistung zuweilen etwas schwachbrüstig. So müssen wir bei einer Steigung auf der Autobahn einmal vom sechsten in den vierten Gang zurückschalten, um die Tachonadel auf 130 km/h zu halten. Den Tempo-100-Sprint schafft das Aggregat laut Datenblatt in ordentlichen 8,7 Sekunden. Um den Civic zum Angriff zu treiben, muss man den Motor wie bei seinen Vorgängern ordentlich hoch drehen.

Den Verbrauch gibt Honda mit 5,8 Liter je 100 Kilometer an. Bewahrheitet sich diese herstellerinterne Zahl im offiziellen Verbrauchszyklus, wäre es ein guter Wert. In der Kompaktklasse schneiden nur zwei handgeschaltete Benziner über 130 PS besser ab: der 1,6-Liter-Turbo im BMW 116i mit 5,5 Liter und der 1,4-Liter-Turbobenziner des Fiat-Konzerns mit Multiair-Ventilsteuerung, der im Fiat Bravo nur 5,7 Liter braucht. Beim Spritsparen hilft die nun bei allen Schaltversionen serienmäßige Start-Stopp-Automatik. Außerdem gibt es einen grünen Öko-Knopf, mit dem der Fahrer die Reaktion des Motors auf Gasfuß-Impulse und die Klimaanlage so schaltet, dass der Wagen möglichst ökonomisch mit dem Treibstoff umgeht.

Verbundlenkerachse hinten bleibt, Platz auch

Das Fahrwerk macht einen guten Eindruck. Obwohl es komfortabler ist als bei der alten Version, wirkt es immer noch erfreulich straff. Die Hinterachse wurde überarbeitet, doch man setzt weiterhin auf eine Verbundlenkerachse. Die ist von den Fahreigenschaften her schlechter als eine Mehrlenkerachse, gleichzeitig aber günstiger in der Fertigung und sie braucht weniger Platz. So konnte die Besonderheit des Civic erhalten werden: das ungewöhnliche Sitzkonzept, das es sonst nur noch beim Honda Jazz gibt. Die Rücksitze lassen sich nicht nur um-, sondern auch hochklappen. Dabei schwingen die Sitzflächen in die Senkrechte und machen einen breiten Platz hinter den Vordersitzen frei. So lassen sich dort ein Fahrrad oder große Topfpflanzen transportieren - sehr praktisch.

Beim Umklappen der Sitze ergibt sich ein beinahe ebener Ladeboden. In Standardkonfiguration passen stolze 477 Liter in den Civic - über 100 Liter mehr als etwa in den VW Golf. Mitgezählt wird das Volumen des unter dem normalen Ladeboden liegenden Fachs. Nach dem Umklappen lassen sich 1378 Liter Gepäck in den Civic stapeln. Hier ist der Honda nicht viel besser als der Golf. Nachteilig ist die recht hohe Ladeschwelle: Schwere Getränkekisten muss man zum Ausladen 23 Zentimeter anheben.

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Weniger Kopffreiheit hinten

Weiterer Kritikpunkt: Im Fond stoßen manche Erwachsene mit dem Kopf beim Zurücklehnen eher an die Decke als an die Kopfstütze. Seitlich kann man vom Fond aus nun besser hinaussehen. Die Kniefreiheit reicht für die meisten Erwachsenen noch, ist aber gegenüber dem Vorgänger etwas geringer geworden. Das mag am minimal geschrumpften Radstand des neuen Civic liegen. Gleichzeitig stieg die Gesamtlänge des Fahrzeugs um fünf Zentimeter auf 4,30 Meter. Wie bisher gibt es das Auto ausschließlich als Fünftürer.

Das Karosseriedesign hat sich deutlich geändert, wobei das stringente Konzept des Vorgängers aus unserer Sicht eher verwässert wurde. So sind viele dreieckige Formen verschwunden, darunter die interessanten dreieckigen Querschnitte der Auspuffrohre. Im Inneren ist der Civic immer noch futuristisch gestylt. Die farbigen Anzeigen gefallen uns gut, genauso wie der Umstand, dass der Motorstartknopf nun rechts statt links liegt. Weniger schön finden wir das immer noch arg zerklüftete Armaturenbrett und die Aussicht nach hinten: Hier stört nach wie vor eine Querstrebe im Heckfenster.

Bei 16.950 Euro geht es los

Die vollständige Preisliste für den neuen Civic steht noch nicht zur Verfügung. Der Einstiegspreis wird jedoch bei 16.950 Euro liegen. Dafür erhält man den 100-PS-Benziner in der Grundausstattung S. Darüber liegen die altbekannten Ausstattungen Comfort und Sport. Den gefahrenen 1,8-Liter-Benziner gibt es ab 18.950 Euro. Zum Vergleich: Für einen fünftürigen VW Golf 1.4 TSI mit 122 PS werden mindestens 22.595 Euro fällig, einen Fiat Bravo 1.4 TB mit 140 PS aber bereits ab 19.190 Euro. Der Diesel-Aufpreis beim Civic wird mit 2.800 Euro gegenüber dem großen Benziner angegeben. Zu den neuen Extras gehören die in dieser Klasse sonst kaum verfügbaren Elemente Abstandstempomat und ein radargesteuertes Anti-Kollisionssystem namens CMBS (Collision Mitigation Brake System). Als Paket kosten beide Systeme zusammen straffe 1.990 Euro.