Neu gerahmt

KTM 1290 Super Duke R

KTM hat sein „Biest“ wieder losgelassen. Die 1290 Super Duke R wurde für 2020 gründlich überarbeitet und bietet jetzt mehr Leistung als je zuvor. Rahmen und Fahrwerk sind komplett neu und sie ist sogar noch leichter geworden. Das bedeutet 180 PS treffen auf 189 Kilogramm Trockengewicht.

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1290 Super Duke R 15 Bilder
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  • iga
Inhaltsverzeichnis

Man muss schon sehr viel Vertrauen in sein Produkt haben, wenn man es ganz offiziell als „Biest“ bezeichnet. Im Falle der 1290 Super Duke R meint KTM das natürlich liebevoll, denn das Naked Bike hat mächtig viel Power bei wenig Gewicht. Die Absicht des Designers war, ihr einen respekteinflößenden Auftritt zu verschaffen und das ist ihm zweifellos gelungen.

Völlig neuer Rahmen

Zwar hatten die Österreicher ihr Top-Naked-Bike erst 2017 überarbeitet, doch diesmal passierte deutlich mehr. So erhält die Super Duke R einen völlig neuen Rahmen die in der Werksfarbe Orange lackierte Gitterrohrstruktur aus Stahl verlor einige Streben, die Rohre bekamen eine dünnere Wandstärke bei größerem Durchmesser, was das Gewicht um zwei Kilogramm reduziert. Beim angeschraubten Heckrahmen verzichtet KTM auf Gitterrohr und ersetzt ihn durch einen aus Aluminiumguss. Natürlich geriet das Heck wieder sehr kurz und schmal – auf die Leiden des Sozius nehmen die Super Duke R-Entwickler keine sonderliche Rücksicht.

Der neue Rahmen bietet eine dreifach höhere Torsionssteifigkeit, da der Motor als tragendes Element integriert wurde. Der Motor sitzt nun 38 Millimeter weiter oben, ganz nebenbei wurde auch sein Gewicht reduziert. KTM verkündet stolz, bei der neuen 1290 Super Duke R sechs Kilogramm eingespart zu haben und beziffert das Trockengewicht auf 189 Kilogramm. Allerdings wog die Vorgängerin mit vollem Tank 218 Kilogramm, was die Gewichtsangabe für das Modelljahr 2020 ein wenig unrealistisch erscheinen lässt.

Feinjustierung des Fahrwerks

Die mächtige Einarmschwinge wurde überarbeitet, sie ist jetzt mit 1497 Millimeter um 15 Millimeter länger, rückte noch näher an das Ritzel und verlagerte die Schwingenachse um fünf Millimeter nach oben. So sollen störende Einflüsse der Lastwechsel auf das Fahrverhalten minimiert werden. Zum ersten Mal arbeitet das hintere Federbein mit einer Umlenkung, KTM verspricht sich davon ein sensibleres Ansprechverhalten, außerdem besitzt das hintere Federbein separate Gas- und Ölreservoirs, wodurch es an Gewicht verlor.

Es ist sowohl im Highspeed- als auch im Lowspeed-Bereich einstellbar und die Vorspannung lässt sich ohne Werkzeug ändern. Die leichtere WP-Cartridge-Gabel mit 48 Millimeter Durchmesser soll ihren Teil zum verbesserten Fahrwerk beitragen. An der Hinterachse rotiert jetzt eine fette 200er-Walze, die Bridgestone extra für die neue 1290 Super Duke R entwickelt hat. Außerdem kommen leichtere Felgen mit neuem Design zum Einsatz. An der Fahrwerksgeometrie nahm KTM feine Regulierungen vor, der Lenkkopfwinkel schrumpfte leicht von 65,1 auf 64,8 Grad. Ein Ausbund an Handlichkeit war die 1290 Super Duke R noch nie und das dürfte sich trotz der Maßnahmen kaum geändert haben.

Für den Motor blieb es zwar bei 1301 Kubikzentimetern Hubraum, aber die Höchstleistung schraubte KTM um drei auf 180 PS hoch, die nun schon 250 Touren früher bei 9500/min anliegen. Der Motor wurde für die Euro-5-Norm fit gemacht und so verlor er zwar ein Nm beim maximalen Drehmoment und muss dafür tausend Touren höher drehen, aber 140 Nm bei 8000/min sind immer noch eine sehr ernsthafte Ansage. Die 1290 Super Duke R dürfte weiterhin für rund 270 km/h gut sein – wer auch immer das ohne Verkleidung aushalten will.

Insektenhaft

Am Design wurde natürlich auch gefeilt. Der insektenhafte Look, den KTM mit einer Gottesanbeterin vergleicht, blieb aber erhalten. Der Doppelscheinwerfer hat immer noch LED-Tagfahrlicht, aber nun befindet sich zwischen den Lampen der Ansaugschnorchel zum vergrößerten Luftfilterkasten. Auch die Kunststoff-Seitencover erhielten eine leichte Retusche und das Tankvolumen schrumpfte um zwei auf 16 Liter.

Knieschluss verbessert

Dass sich dadurch die Reichweite reduziert, dürfte den Biest-Bändiger weniger interessieren als der bessere Knieschluss, denn so wurde der Tank noch kompakter und an den Flanken schmaler. Den Fahrer informiert ein fünf Zoll großes TFT-Display, das sich in der Neigung einstellen lässt. Bleibt zu hoffen, dass es endlich wasserdicht ist, denn in der Vergangenheit krankten die Displays der meisten KTM-Modelle unter beschlagendem Glas, wenn sich Feuchtigkeit im Inneren sammelte.

Alle erdenklichen Assistenzsysteme

KTM gibt der 1290 Super Duke R so ziemlich alle erdenklichen elektronischen Assistenzsysteme mit auf den Weg, die es im Motorradbau zurzeit gibt: Kurven-ABS, drei Fahrmodi (Rain, Street und Sport), eine neunfach einstellbare und abschaltbare Schlupfregelung, Wheelie-Kontrolle, ein Tempomat, Reifenluftdruck-Kontrolle, adaptives Bremslicht und ein schlüsselloses Start-System per Transponder.

Wem das noch nicht reicht, kann optional ein Quick-Shifter und eine Motorschleppmoment-Regelung, die zusammen mit der Anti-Hopping-Kupplung ein stempelndes Hinterrad beim Verzögern verhindert, sowie ein Track Pack bestellen. Letzteres ist für den Einsatz auf der Rennstrecke gedacht und wird vom KTM-Händler elektronisch aufgespielt. Unter anderem beinhaltet das Track Pack eine anwählbare Supermoto-Funktion bei der das ABS am Hinterrad für gewagte Drifts abgeschaltet ist, eine Launch-Control, die Option zum Ausschalten der Wheelie-Kontrolle und eine Anpassung der Gasannahme.

Smartphone-Verbindung

Wer auf sein Smartphone die App „KTM MY RIDE“ lädt, kann es per Bluetooth mit dem Motorrad koppeln. So lässt sich im Cockpit eine Pfeil-Navigation darstellen, Musik hören und Telefonate annehmen, vorausgesetzt der Helm ist mit Lautsprechern und Mikrofon bestückt. Im Zubehör kann sich der 1290 Super Duke R-Kunde so richtig austoben.

Besonders beliebt dürften wieder der Akrapovic-Endschalldämpfer oder die nicht-straßenzugelassene Akrapovic-Komplett-Auspuffanlage sein, die auf dem Rundkurs nochmal ein paar Extra-PS liefern soll. Außerdem finden sich in den „Power Parts“ unter anderem Fußrasten-Anlagen, Wave-Bremsscheiben, Karbon-Teile und sogar Seitentaschen, Hecktasche und Tankrucksack, denn nicht wenige nutzen ihre 1290 Super Duke R auch für die Wochenendtour.

Begründung der Preiserhöhung wohl unnötig

Ganz im Gegensatz zur Bezeichnung „Biest“ verhielt sich der 1290 Super Duke R-Motor bislang immer vorbildlich. Man konnte mit dem Naked Bike völlig entspannt im hohen Gang durch die Stadt cruisen, erst wenn der Gasgriff weiter aufgezogen wurde, zeigte sich das andere Gesicht der KTM. Dann stürmte sie so vehement vorwärts, als wollte sie mit ihrem mächtigen Punch den Asphalt aufreißen. Daran wird sich auch bei der neuen 1290 Super Duke R-Ausgabe nichts geändert haben.

Die Überarbeitung für das Modelljahr 2020 lässt sich KTM üppig entlohnen, denn sie schraubten den Preis um 1700 Euro auf 18.295 Euro hoch, ohne Begründung für die saftige Preiserhöhung. Dennoch dürfte auch die jüngste Ausgabe des Biests wieder viele Käufer finden.